Huckingen.

Eyxhan, Anfang 20, gebürtiger Albaner, zerrt am Arm von Angelika Lange. „Wasser!“, sagt er und bittet um ein Getränk. Aber Angelika Lange ist in dem Moment klar, dass es ihrem Schützling nicht so sehr ums Trinken, sondern viel mehr um die Aufmerksamkeit geht. Gerade hatte sie mit ihm einen Spaziergang draußen für den Besuch der Redaktion abbrechen müssen. Die Mittfünfzigerin aus Stadtmitte ist die erste und bislang einzige ehrenamtliche Helferin im Wohnheim für Menschen mit Behinderungen, das zur Jahreswende 2011/12 am Thomas-von-Aquin-Weg seine Pforten öffnete.

Herzlich begrüßt Pamela (40) die ehrenamtliche Betreuerin im Aufenthaltsraum. Pamela weiß, wenn Angelika Lange da ist, wird gemalt. Und so setzt sie sich an den Tisch und greift nach einem Bleistift. Marion, um die 50 Jahre, begrüßt den wöchentlichen Gast mit Schmusen, jammert aber dabei, irgendwer habe sie geschlagen. „Sie möchte immer bedauert werden“, weiß Angelika Lange.

Schließlich hilft Lange schon seit fast einem Jahr aus und kennt ihre „Pappenheimer“. Damals las sie in der WAZ den Aufruf des Wohnheims, freiwillige Helfer würden gesucht. „Ich hab’ den Artikel ausgeschnitten und an die Pinnwand gesteckt“, erzählt sie. „Wenn die Zeit reif ist, ruf’ ich da an“, habe sie damals gedacht. Zu diesem Zeitpunkt war es erst etwa ein Jahr her, dass ihr jüngerer Sohn, ebenfalls geistig behindert, mit 23 Jahren an Leukämie gestorben war. Angelika Lange hat also keine Berührungsängste ge­genüber Menschen mit Handicap. „Ich musste nur“, sagt sie, „die Hemmschwelle überwinden, mich zu engagieren.“

Nach ein paar Wochen war es soweit. Lange meldete sich bei Teamleiterin Hilde van Bebber. Ein Termin wurde vereinbart. Sie konnte gleich dableiben. „Es war alles ganz unkompliziert“, erinnert sie sich. „Menschen mit Behinderungen können einem viel geben“, weiß sie. „Sie sind sehr anhänglich und sehr ehrlich.“

Eyxhan hat sich etwas Neues ausgedacht, um die Aufmerksamkeit von Angelika Lange zu gewinnen. „Pipi“, sagt er, deutet einen Toilettengang an. Aber auch das erklären sich Lange und die hauptamtlichen Betreuerinnen als weiteren Versuch, den Spaziergang fortsetzen zu können.

Angelika Lange malt mit den Bewohnern oder geht spazieren. Eyxhan, weiß sie, beobachtet gerne Autos.

Heinrich, schon um die Sechzig, arbeitet beim Malen wie ein Kind mit der Zunge, so sehr beschäftigt ihn die Tätigkeit. Aber nicht alle wollen malen. „Man muss sich nur frei machen von eigenen Ansprüchen und sich auf die Bedürfnisse der Bewohner einstellen“, rät Angelika Lange künftigen dringend benötigten Mitstreitern und erfüllt endlich Eyxhans Wunsch, den Spaziergang fortzusetzen.