Duisburg.
Schiedlich und friedlich hat der Rat der Stadt schon in seiner Dezember-Sitzung einen Schlussstrich unter den jahrelangen Streit zwischen Verwaltung und Bezirksvertretungen um die Bauvorlagen gezogen.
Einstimmig entzog er ihnen die erst 2004 eingeführte Zuständigkeit für die Mehrzahl der Baugenehmigungen wieder. Im Gegenzug verankerte er ein besonderes Informationsrecht der Bezirksvertreter darüber.
Bauskandal als Auslöser
Baugenehmigungen sind gewöhnlich Aufgabe der Experten in der Verwaltung. Aber die hatten sich 1995/96 beim Bauskandal an der Grazer Straße in Buchholz derart viele Pannen geleistet, dass der Rat nach dem Ende jahrelanger Prozesse die Entscheidung 2004 kurzerhand auf die Bezirksvertretungen übertrug.
Das Baudezernat unter Leitung von Jürgen Dressler revanchierte sich dafür mit einer Vorlagenflut. Tonnenweise Papier wurde jedes Jahr gedruckt. Auch für Balkon-Anbauten, Umwandlungen von Ladenlokalen in Büros oder den Einbau von Dachgauben wurden mehrseitige Vorlagen erstellt. Bezirksvertreter im Norden der Stadt brachte vor allem auf die Palme, dass es sich in der Mehrzahl der Fälle um Bauprojekte auf Industriegelände handelte, die sie eh nur durchwinken konnten.
Klage scheiterte
Im Kern ging es stets um die Frage, ob städtebauliche Gründe gegen einen Wunsch, irgendwo zu bauen oder anzubauen, sprechen. Ob also die Stadt eine andere als die beantragte Nutzung für eine Fläche anpeilt. Nur aus diesem Grund kann eine Veränderungssperre verhängt werden. Die Bezirksvertreter selbst können das aber nur anregen. Beschließen muss es der Rat der Stadt. Die Verwaltung legte den Bezirksvertretern ihre Vorlagen aber meist so spät vor, dass dieses Anregungsrecht oft ins Leere lief. Denn einfache Bauanträge müssen binnen drei Monaten beschieden werden. Ein Versuch der Bezirksvertretung Rheinhausen, dagegen zu klagen, scheiterte 2010.
Schon vorher war die Idee geboren worden, den Bezirksvertretern per Internet Zugang zu allen eingehenden Bauanträgen und ihrem Bearbeitungsstand zu verschaffen. 91 Prozent der Bezirksvertreter lassen sich mittlerweile per E-Mail darüber informieren. Zusätzlich soll es, beschloss der Rat jetzt, tabellarische Übersichten für die Sitzungen geben, bei Bedarf auch weitergehende Informationen. Nach Angaben von Meiderichs Bezirksamtsleiter Ralph Cervik wird am Prozedere noch gefeilt. Und Ratsfrau Claudia Leiße (Grüne) aus Rheinhausen sagt: „Wir arbeiten noch daran, dass das Anregungsrecht nicht mehr ins Leere läuft.“
Verwaltungsrechtler sieht Bezirksvertretungen künftig ganz außen vor
Für nicht geglückt hält der Essener Verwaltungsrechtler Eberhard Dischke die Neuregelung bei Baugenehmigungen: „Die Neuregelung bietet wieder reichlich Zündstoff für Streit“, sagt er. Wer entscheide denn, dass, weil noch Unklarheiten bestehen, ein Bauprojekt doch wieder in die Bezirksvertretung getragen wird? Alleine dafür gehe womöglich eine Sitzung verloren.
Damit sei keine Zeit gewonnen. „Das hätte klarer gefasst werden müssen“, sagt der Anwalt. Außerdem würden zwei Kategorien von Bezirksvertretern geschaffen: die via Internet informierten und die übrigen. „Eine Ungleichbehandlung, die sehr kritisch zu sehen ist.“ Schließlich wundert den Juristen, dass der Rat sich zwar dagegen gesperrt hat, die Festlegung von Denkmälern wieder auf die Verwaltung zu übertragen, nicht aber bei den Baugenehmigungen. Ob ein Haus Baudenkmal sei, dafür seien sogar Gutachten maßgebend. Und eine Notbremse wie die Veränderungssperre gebe es dabei ja gar nicht.