Duisburg. Smart Home: Vernetzten Häusern gehört die Zukunft. Intelligente Haustechnik und Assistenzsysteme sollen das Leben einfacher, bequemer und sicherer machen. Für eine Immobilie mit rund 130 Quadratmetern muss je nach Anzahl der Zimmer für die Installation mit 8000 bis 9000 Euro gerechnet werden.

Das Auto ist gepackt und vollgetankt und die ersten Kilometer der Urlaubsreise werden beschwingt runtergespult. Und dann kommt der Klassiker: „Schatz, hast Du eigentlich die Kaffeemaschine ausgeschaltet?“ Bei der Beantwortung der Frage müssen aber längst keine Schweißtropfen mehr über die Stirn perlen. Moderne Technik macht es möglich, mit einem Fingerwisch auf dem Handy den Gerätestatus in der heimischen Küche zu überprüfen. Als Smart Home werden diese vernetzten und mit einer speziellen Steuerungstechnik ausgestatteten Häuser bezeichnet, die ihren Bewohnern das Leben einfacher, sicherer, bequemer machen – und sogar noch Energie und damit Geld sparen können.

Das erste Smart Home Deutschlands steht seit 2001 in Duisburg am Fraunhofer-inHaus-Zentrum im Schlagschatten der Universität. Hier forschen und tüfteln seit über einer Dekade Experten an Konzepten und Techniken, die unser Wohnen verbessern. Klaus Scherer ist einer der Männer der ersten Stunde. Als sich die elektronische Verriegelung an der Eingangstüre löst und automatisch das Licht angeht, zeigt der Diplom-Ingenieur auf einen Schalter aus den Kindertagen des ersten Smart Homes. Wird er betätigt, informiert eine blecherne Computerstimme über den Gebäudestatus, über Temperatur oder Raumklima. Der Schalter bekam ein paar Jahre später Konkurrenz von einem in die Wand eingelassenen Display.

Das Haus der Zukunft

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    Haus vom Tablet-PC steuern

    Aber auch das ist inzwischen von gestern. Das inHaus wird heute allein von einem Tablet-PC gesteuert: die Fenster, die Heizung, das Licht, die Werte für das Raumklima und alle elektrischen Geräte. Ein schlaues Haus. Doch dieses Attribut hört Klaus Scherer gar nicht gern. „Der Begriff intelligentes Haus ist nicht ganz richtig, denn es kann nicht klüger sein als seine Bewohner. Ich spreche lieber von ‚smarter Wohnen’ mit Assistenzsystemen.“

    Energie

    Fast 30 Prozent der Gesamtenergie werden in Deutschland von privaten Haushalten verbraucht. Mit der Energiewende soll dieser Wert gesenkt werden. Etwa durch Gebäudeisolierung. „Der Fokus liegt aber immer noch zu stark auf der Dämmung“, sagt Scherer, „dabei gibt es aktive Systeme zum Energiesparen, die auch noch viel preiswerter sind.“ Entdeckt das Smart Home etwa ein angekipptes Fenster, kann die Heizung so programmiert werden, dass die Temperatur sogleich gedrosselt wird. Ist niemand im Hause, fährt die Heizung runter. „Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass mit vernetzten Systemen und effizienterem Nutzungsverhalten bis zu 27 Prozent Energie gespart werden können“, sagt Enrico Löhrke von der inHaus GmbH.

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    Noch ein Beispiel: Glasflächen sind im Sommer problematisch, wird der Wohnraum bei Sonneneinstrahlung doch rasch aufgeheizt. Sensoren sorgen dafür, dass sich die Rolladen automatisch schließen und es im Raum kühl bleibt. Es geht aber auch ohne Automatismus. Bei einem offen stehenden Fenster an einem Wintertag informiert der Tablet-PC, wie viel Energie verschleudert wird. Die Meldung „Das kostet Sie 3,80 Euro mehr“ überlässt dem Bewohner die Entscheidung, was nun zu tun ist. „Wir vergleichen unsere Assistenzsysteme gern mit der Autotechnik. Ein Navigationsgerät macht auch nur Vorschläge. Es liegt am Nutzer, welchen Weg er wählt“, sagt Klaus Scherer.

    Sicherheit

    Beim vernetzten Haus ist die Alarmanlage inklusive. Durch Sensoren und Bewegungsmelder werden alle Zugänge überwacht. Falls ein Spitzbube eindringt, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, wie das System zuvor programmiert wurde: entweder das ganze Licht an, eine SMS aufs Handy oder eine Alarmsirene. Rauchmelder gehören ebenso zum System wie CO2-Sensoren, die sich um die gute Luft kümmern.

    Das Smart Home ist auch auf das Wohnen im Alter vorbereitet: Aufgrund der Nutzungsprofile der Bewohner kann das System dank verschiedener Sensoren einen Alarm auslösen, sobald das Verhalten vom normalen Schema abweicht. Wenn ein Bewohner sich beispielsweise zu lange und unbeweglich im Bad aufhält, wird der Notruf gestartet, falls das System so programmiert ist.

    Komfort

    Die Beleuchtung des vernetzten Hauses setzt auf LED-Technik, die nicht nur sparsam ist und eine lange Lebensdauer hat, sondern auch sehr flexibel auf die Bedürfnisse der Bewohner abgestimmt werden kann. Beispiel: Abends könnte das Licht im Wohnzimmer mit einem dezenten orange-warmen Farbton leuchten. Damit wird im menschlichen Körper die Produktion des Hormons Melatonin angekurbelt, das für einen erholsamen Schlaf sorgt. Ein weiterer Nebeneffekt: „Das orange Licht beeinflusst auch das Wärmeempfinden: Man meint, es sei 22 Grad warm, dabei sind es nur 20“, sagt Klaus Scherer.

    Morgens hingegen wird man beim Betreten des Bades von kalt-weißem LED-Licht empfangen, das den Organismus auf Touren bringt.

    Plant man einen gemütlichen DVD-Abend, genügen ein paar Wischer auf dem Tablet-PC, um die Multimedia-Anlage anzuwerfen. Das Licht wird automatisch gedimmt, der Fernseher und der DVD-Spieler gehen an – und schon folgt das Spielfilmvergnügen. Mit nur einer Fernbedienung: dem Tablet.

    Die Kosten

    Als Schnäppchen ist die intelligente Haustechnik zwar nicht zu haben, in den vergangenen Jahren sind die Preise jedoch kräftig gepurzelt dank zahlreicher Innovationen und immer mehr Anbietern. Für eine Immobilie in der Größe des inHauses mit rund 130 Quadratmetern müsse je nach Anzahl der Zimmer für die Installation mit 8000 bis 9000 Euro gerechnet werden, erklärt Enrico Löhrke. Doch gerade im Bereich des Wohnens sind die Bedürfnisse recht verschieden – und so variieren auch die Preise erheblich.

    Preiswerte Einsteigersysteme sind bei einigen Anbietern bereits ab 1000 Euro zu haben. Will man die Technik zunächst nur in einem Raum ausprobieren, etwa mit Heizungs- und Raumthermostat, Fenstersensor, Steckdose und Schaltzentrale, müssen rund 450 Euro veranschlagt werden.

    Eines gibt es übrigens nicht: Den schlauen Kühlschrank, der automatisch Bestellungen an den Lebensmittelhändler des Vertrauens schickt, sobald mehrere Nahrungsmittel zur Neige gegangen sind. „Diese Geschichte hält sich leider seit ein paar Jahren. Sie stimmt aber nicht“, sagt Klaus Scherer, „wer will schon, dass sein Kühlschrank plötzlich Kaviar bestellt.“