Duisburg. Im Duisburger Lehmbruck-Museum fand erstmals ein „Art Dating“ statt: Bei der aktuellen Ausstellung des deutschen Expressionisten Otto Mueller können die Besucher miteinander flirten. Das Speed-Dating soll junge Leute ins Museum bringen.
Der Beginn ist etwas zäh. Scheu blickt Adelheid Bongers den Mann neben ihr an. Dann versucht es die 50-Jährige mit einer Interpretation des Kunstwerks, das vor ihnen an der Wand hängt: „Sie ist diejenige, die ermordet wird. Und er ist ganz erschöpft.“ Thorsten Kasel ist nicht einverstanden mit der These. „Ich finde die beiden wenden sich einander zu“, sagt der 38-Jährige und lächelt seine Begleiterin an. Die Stimmung ist jetzt entspannt, und ungefragt erzählt die Duisburgerin, dass ihr ehemaliger Freund Künstler ist.
„Art Dating“ nennt sich das, was da passiert, und es ist die erste Veranstaltung dieser Art im Lehmbruck Museum in Duisburg. Jeder Besucher erhält eine Nummer, dann werden Pärchen gelost und jeweils ein Kunstwerk aus der Ausstellung des deutschen Expressionisten Otto Mueller dazu. Gerade einmal sieben Minuten haben die Zufallsbekanntschaften dann Zeit, um ins Gespräch zu kommen und sich ein wenig kennenzulernen - und vielleicht sogar miteinander zu flirten.
Die Veranstaltung soll junge Leute ansprechen
Ähnliche Abende finden in Museen in Oldenburg und Nürnberg statt. Die Idee ist eine lockere Atmosphäre zu schaffen, um junge Leute ins Museum zu bringen. In Duisburg sind 18 Männer und Frauen zwischen 15 und 65 Jahren ins Museum gekommen. Und alle wollen sie mithilfe der Kunst andere Kunstliebhaber kennenlernen.
Die Otto-Mueller-Ausstellung eignet sich hervorragend für dieses Speed-Dating: „Das ist explizit erotisch.“ Viele Besucher fühlen sich von den aufreizenden Frauenkörpern provoziert - ein durchaus erwünschter Effekt. „Darüber kann man sehr gut diskutieren, egal mit wem“, sagt Blaschke. Bei Aloys Cremers und Alexandra Bottenbruch klappt es von Anfang an mit der Kommunikation.
Der Mann mit Hut und Trenchcoat und die Frau mit den langen schwarzen Locken stehen vor einem Bild, darauf ist eine nackte Frau auf einem Bett zu sehen. „Das hat was“, meint die 44-Jährige. Der 62-jährige Niederländer nickt, will aber von ihr wissen, ob ihr das Bild auch gefallen würde, wenn sie es auf einem Trödelmarkt sähe. Es entwickelt sich ein angeregtes Gespräch darüber, was es bedeutet, Künstler zu sein. Am Ende drückt Cremers seiner Gesprächspartnerin die Einladung für einen Weihnachtsmarkt in die Hand.
Überraschende Gemeinsamkeiten
Das Los hat auch Schülerin Maxi Remy und Rentnerin Ilse Klinge zusammengebracht. Sie stehen vor dem Ganzkörperporträt, das beide überragt, die Arme vor der Brust verschränkt, und betrachten es still. Dann fängt die 65-Jährige vorsichtig an, von sich zu erzählen. Sie führt Besucher durch die Ausstellung „Hey, Alter ...!“ im Lehmbruck Museum. Und es stellt sich heraus, dass die 15-jährige Maxi bei dem Projekt „Jugend trifft Kunst“ mitmacht.
„Wir haben entdeckt, dass wir ähnliche Interessen haben“, sagt Klinge, als die Zeit abgelaufen ist, und lächelt das Mädchen an: „Da haben wir doch ein gutes Gespräch gehabt“, meint sie zufrieden.
Ein neues Liebespaar hat sich wohl nicht gefunden an diesem Abend, nur ein Pärchen geht gemeinsam nach Hause. Kein Wunder: Die Beiden kannten sich schon vorher. Enttäuscht ist aber niemand: „Ich hatte gar nicht erwartet, dass es ein Flirten wie in der Disco wird“, sagt Thorsten Kasel und lächelt.