Duisburg-Dellviertel. .
Im Regal von Walter Marciniak stapeln sich Koffer, moderne zum Ziehen oder alte, verbeulte Schätzchen aus Leder. Daneben Rucksäcke und allerlei Taschen. In einem Hinterhof an der Dellstraße repariert Marciniak mit seinen Mitarbeitern, was zu reparieren ist.
Seit 1923 gibt es den Familienbetrieb, früher wurden hier noch Taschen made in Duisburg gefertigt. Heute übernimmt Marciniak nur noch Spezialanfertigungen bei Kunden, die nicht aufs Geld schauen. So wie ein Russe, der sich neulich einen doppelten Boden in einen Koffer einziehen ließ. Aber das soll ja eigentlich ein Geheimnis bleiben ...
Doppelter Boden bleibt geheim
„Ich weiß nicht, was er damit will, er hat es mir nicht verraten“, sagt Walter Marciniak. Manchmal fragt der gelernte Feintäschner lieber nicht nach. Er führt den Betrieb bereits in dritter Generation. In den 1920er Jahren lieferten die Marciniaks ihre Aktenkoffer, Handtaschen und andere Lederwaren an die Fachgeschäfte in der Region.
Reparatur kann sich lohnen
Doch die Zeiten sind längst vorbei. „Selbst die großen Hersteller lassen heute überwiegend in China arbeiten.“ Bevor die Ware in den Handel kommt, werden einige Chargen noch einmal nach Duisburg geschickt. Marciniaks Aufgabe ist es dann, die Ware zu kontrollieren und auszubessern, wenn etwa schlampig genäht wurde. Außerdem erledigen er und seine Kollegen die Garantiearbeiten für Hersteller wie Mandarina Duck, Bree oder Samsonite. „Wenn man mehrere hundert Euro ausgegeben hat, dann lohnt sich oft die Reparatur“, weiß Marciniak.
Maria Bartual sucht gerade das passende Garn aus. Die Feintäschnergesellin hat die Wahl zwischen Rostrot, Rubinrot, Bordeaux... Teilweise stellen die Hersteller das Garn zur Verfügung, damit die Reparaturen Ton in Ton ausgeführt werden. „Frauen leisten sich schonmal eher eine Tasche in verschiedenen Farben, Männer mögen sportive Collegemodelle für die Arbeit. Die sind meistens schwarz.“
Ausbildung zur Feintäschnerin
Die Ausbildung zur Feintäschnerin hat sie eher durch Zufall gemacht. Für ein Archäologiestudium brauchte sie eine handwerkliche Ausbildung. Das Arbeitsamt schlug ihr vor, eine Zahntechnikerlehre zu machen, aber das Täschnern schien ihr doch näher an ihrem Wunschstudium. „Und wie das Leben so spielt: Der Job hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich dabei geblieben bin.“
Maria Bartual hat sich auf die italienischen Fabrikate spezialisiert. „Die Krise merken wir, weil verstärkt alte Schätzchen hervor gekramt werden“, weiß die 44-Jährige. Sie macht sich aus Taschen übrigens wenig. Ihre Habseligkeiten trägt sie in einem geflochtenen Einkaufskorb herum.
Taschenladen auf dem Sonnenwall
Bei Marciniak kann man seine Koffer nicht nur reparieren lassen, sondern bekommt auch Ersatzteile. Dutzende Regalmeter voller Druckknöpfe, Schnallen, Verschlüsse und Lederriemen lagern hier. Profis decken sich hier mit ihrem Arbeitsmaterial ein, aber auch Bastler, die etwa für Weihnachtsmärkte Material brauchen, werden hier fündig.
„Nicht alle Hersteller bieten Ersatzteile an. Wenn es eine Schnalle nicht gibt, finden wir aber bestimmt eine Alternative.“ In den 90er Jahren hat Marciniak ein gutes Geschäft in den neuen Bundesländern gemacht, dort gab es viele Schneider und Schuster, die Ersatzteile brauchten.
Auf dem Sonnenwall betreibt Marciniak noch einen Taschenladen mit Markenware. Und, obwohl es gut fürs Geschäft ist, versteht der Mann bis heute nicht, warum manche Frau mehr als 20 Taschen besitzt.