Duisburg-Neumühl. . Enzo Lus ist Eiswagenfahrer, Freund der Kinder und gute Seele in Neumühl. Der Klang seiner Glocke lässt seit 1974 Augen leuchten

„Mein Regenbogeneis, das ist wie so ein Traum den ich als kleiner Junge hatte“, sagt Enzo Lus voller Inbrunst, „das ist eine Eis-Kombination, schön wie diese bunten Regenbogen, die am Himmel erscheinen: Mit Erdbeere, Banane, . . .“

Leidenschaft für sein Handwerk, für italienische Eis-Tradition aus der Grenzregion zwischen Friaul und Julisch-Venezien. Und für die Menschen in Neumühl: Enzo Lus will beides nicht verbergen, kann beides nicht trennen. Seit fast 40 Jahren. Für die Sommerreportage begleitete die Redaktion den in Udine geborenen Italiener einen Tag lang in seinem Eiswagen auf seiner Tour durch Neumühl.

Leidenschaft für Menschen

„Jubiläum haben wir“, sagt Enzo Lus zur Begrüßung im Eiscafé auf der Holtener Straße, „seit 10 Jahren gibt es jetzt unser Eiscafé hier“. Der Eiswagen auf dem Hinterhof des freundlich-hellen Familienbetriebs ist erstaunlich gepflegt dafür, dass er vermutlich doppelt so viele Jahre auf dem Buckel hat, wie das Lokal. Neben dem Fahrersitz: Die Glocke. Deren Klang lässt seit 1974 die Herzen der Neumühler Kinder höher schlagen? „Nein“, sagt der stolze zweifache Großvater augenzwinkernd, „es gab viele Glocken. Aber diese hier, aus Bronze, die klingt besonders gut.“

Gerade mal um zwei Ecken gebogen, fährt Enzo Lus rechts ran und erbringt den Beweis. Die Glocke klingt tief, fein und melancholisch. Als wenn Giuseppe Verdi persönlich sie erschaffen hätte. „Hier wohnt so ein kleines Mädchen, das wartet auf mich. Und auf Schokoladeneis“, sagt der „Gelatiere“ und gelernte „Pasticciere“ – vor dem Eishandwerk hatte Enzo in der schönen Heimat im Friaul Konditor gelernt. Das Mädchen hat die Glocke gehört, kommt aus dem Haus gelaufen, bestellt – natürlich Schokoladeneis. Enzo zuckt mit den Schultern, zieht die Augenbrauen hoch: „Kenne doch meine Kundschaft, eh . . .“

Einen Großteil der Kunden sogar von Kindesbeinen an. Wie Marko, der auf die Kombination Wassermelone und Vanille schwört: „Als kleines Kind bin ich schon da gestanden, wenn der Enzo kam.“ Heute, mit schätzungsweise 40 Lenzen, steht er immer noch da. Trotz Regen: „Enzo ist ein Stück Neumühl.“ So geht es weiter: An fast jedem Stopp stehen Enzos Kunden, die eigentlich Freunde, „schon fast Familie“ sind.

Zum süßen Handwerk gekommen ist Enzo in den sechziger Jahren über seinen Schwager. Der stammt aus dem berühmten Dorf Longarone. Berühmt wegen seiner Eismacher-Tradition und berühmt wegen der katastrophalen Überflutung 1963, bei der 2000 Menschen starben. Der Schwager, jedenfalls, führte Enzo ins Eismacher-Handwerk ein. In Oberhausen-Lirich.

„Und weil ich als Konditor ein Gespür dafür hatte, entwickelte ich schnell selbst neue Eissorten.“ Das Talent, kreativ köstliche Eiscreme-Variationen zu erschaffen, hat Enzo Lus an seinen Sohn weiter gegeben. Ein süßer Job, aber kein Zuckerschlecken: „Früher, in Lirich, da bin ich um 3 Uhr früh in den Laden und habe die Eismaschine angeworfen.“ Heute beginnt Enzos Tag zwischen sieben und halb acht.

Aufhören? Daran denkt Enzo Lus nicht, will er nicht denken: „Ich wollte schon mal aufhören. Da kamen alle diese netten Leute ind Geschäft und waren besorgt: Was ist, Enzo, bist du krank? Da muss man doch weiter machen . . .“

Er macht sie weiter glücklich, die Kinder von Neumühl. Kinder wie den kleinen Jessie Oliver, der begeistert auf Vanilleeis und liebe Worte von Enzo wartet. Eben zwei Kugeln Eis mit Herz und Seele.