Duisburg. Das formelle Verfahren zum möglichen Erhalt des Duisburger Stadtwerketurms läuft, unabhängige Experten haben die Anlage kürzlich besichtigt. Aber was bedeutet der Denkmalschutz für den Erhalt des Wahrzeichens?

Der Stadtwerketurm wird 2014 abgerissen. Diese Aussage schien in Stein gemeißelt. Doch jetzt lässt ein Gutachten die mit viel Emotionen geführte Diskussion über den Erhalt des Wahrzeichens wieder neu aufflammen. Denn die nachts erleuchtete Landmarke könnte schon bald zum Denkmal deklariert werden. Die zuständige Behörde hat das formelle „Unterschutzstellungsverfahren“ bereits eingeleitet.

Vor rund zwei Wochen haben sich die Experten bereits im Hochfelder Heizkraftwerk umgesehen. Dr. Claudia Euskirchen, Leiterin der Unteren Denkmalbehörde, und Professor Walter Buschmann vom unabhängigen Fachamt für Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) haben bei der Besichtigung ausgelotet, ob die Anlage samt Kamin die entsprechenden Kriterien erfüllt. Das entscheidende Gutachten erstellt der LVR-Experte Buschmann, der auch an der Technischen Hochschule in Aachen über die Industriedenkmäler im Ruhrgebiet doziert und zahlreiche Studien zur Zeche Zollverein verfasst hat.

Urteil wird auf dem „Erfahrungsschatz“ beruhen

Dass ein alter Kohlemeiler als Denkmal taugt, sei laut Buschmann so ungewöhnlich nicht: Das sei schon vorgekommen, zum Beispiel bei Heizkraftwerken im Raum Köln und Aachen. Und so bestehe auch für das Ende der 1950-er Jahre entstandene Duisburger Kraftwerk und seinem 200 Meter hohen Schornstein durchaus die Möglichkeit, dass es als Bau- oder Industriedenkmal bewertet wird. Buschmanns abschließendes Urteil, das übrigens auf dem „Erfahrungsschatz“ des LVR-Fachamtes beruhen wird, steht noch aus. Ende Oktober soll das Gutachten vorliegen.

Und dann? Ist der Abriss vom Tisch, wenn der Turm als Denkmal unter Schutz gestellt wird? Schließlich gebe es keinen Ermessungsspielraum, bestätigt die Stadt Duisburg: Handelt es sich laut Gutachten um ein Denkmal, muss auch eine Eintragung erfolgen. „Individuelle Belange“ der Eigentümer wie Nutzungsinteressen und Vermögensverhältnisse seien „rechtlich unerheblich“, heißt es.

Der Stadtwerke-Turm in Duisburg

Er ist das weithin sichtbare  Wahrzeichen Duisburgs schlechthin...
Er ist das weithin sichtbare Wahrzeichen Duisburgs schlechthin... © WAZ FotoPool
Der 200 Meter in den Himmel ragende Stadtwerketurm in Hochfeld.
Der 200 Meter in den Himmel ragende Stadtwerketurm in Hochfeld. © WAZ FotoPool
...vor allem nachts, wenn er grün angestrahlt ist, weist er den Weg.
...vor allem nachts, wenn er grün angestrahlt ist, weist er den Weg. © WAZ FotoPool
Doch die Tage des „Langen“ sind gezählt.
Doch die Tage des „Langen“ sind gezählt. © NRZ
Mit dem Abschalten eines Kraftwerksblocks Ende 2012...
Mit dem Abschalten eines Kraftwerksblocks Ende 2012... © WAZ
...steht nach langer Diskussion nun fest...
...steht nach langer Diskussion nun fest... © NRZ
...dass der Turm fallen soll.
...dass der Turm fallen soll. © WAZ
Dies Entscheidung traf der Vorstand. Es war eine Kostenfrage.
Dies Entscheidung traf der Vorstand. Es war eine Kostenfrage. © WAZ
Mehr als acht Millionen Euro hätte es gekostet, den Turm zu erhalten.
Mehr als acht Millionen Euro hätte es gekostet, den Turm zu erhalten. © NRZ
Seit 1967...
Seit 1967... © NRZ
...bläst der Stadtwerketurm aus drei Röhren die Abgase in die Luft...
...bläst der Stadtwerketurm aus drei Röhren die Abgase in die Luft... © NRZ
...die knapp 200 Meter tiefer in den Heizkraftwerken beim Verbrennen vornehmlich der Kohle aber auch von Klärschlamm oder Hozplettels entstehen.
...die knapp 200 Meter tiefer in den Heizkraftwerken beim Verbrennen vornehmlich der Kohle aber auch von Klärschlamm oder Hozplettels entstehen. © WAZ FotoPool
Der Heizkraftwerksblock IIb schafft als „Kind“ der 60er Jahre nicht mehr die ab 2013 geltenden strengeren Emissionsgrenzen.
Der Heizkraftwerksblock IIb schafft als „Kind“ der 60er Jahre nicht mehr die ab 2013 geltenden strengeren Emissionsgrenzen. © WAZ
Eine Nachrüstung ist zu teuer, so dass der Block abgeschaltet wird. Dann wird auch der Turm aus technischer Sicht nicht mehr benötigt.
Eine Nachrüstung ist zu teuer, so dass der Block abgeschaltet wird. Dann wird auch der Turm aus technischer Sicht nicht mehr benötigt. © WAZ FotoPool
Seit November 1999 wird der Turm bei Dunkelheit ...
Seit November 1999 wird der Turm bei Dunkelheit ... © Hans Blossey
...aus 50 je 250 Watt starken Lichtquellen angestrahlt.
...aus 50 je 250 Watt starken Lichtquellen angestrahlt. © Hans Blossey
Normalerweise begrüßt er Besucher mit einem satten Grün...
Normalerweise begrüßt er Besucher mit einem satten Grün... © WAZ
...der Farbe, in der sich die Stadtwerke präsentieren. Hier in Komination mit dem weihnachtlich geschmückten Theater am Marientor.
...der Farbe, in der sich die Stadtwerke präsentieren. Hier in Komination mit dem weihnachtlich geschmückten Theater am Marientor. © A.Mangen / waz
Zu besonderen Anlässen erstrahlt die 700 Tonnen schwerer Fachwerk-Konstruktion aber auch in anderen Farben.
Zu besonderen Anlässen erstrahlt die 700 Tonnen schwerer Fachwerk-Konstruktion aber auch in anderen Farben. © NRZ
Etwa während der Worldgames...
Etwa während der Worldgames... © WAZ
...als diese im Sommer 2005 in Duisburg ausgetragen wurden.
...als diese im Sommer 2005 in Duisburg ausgetragen wurden. © WAZ
Mit einem Aufzug konnte auch Besucher auf eine der Aussichtsplattformen fahren, wie hier bei einer Leseraktion.
Mit einem Aufzug konnte auch Besucher auf eine der Aussichtsplattformen fahren, wie hier bei einer Leseraktion. © NRZ
Denn die Aussicht über die Stadt war einfach herrlich...
Denn die Aussicht über die Stadt war einfach herrlich... © NRZ
...etwa auf den Norden Duisburg und mit dem neuen Kraftwerk Walsum (links), dem Kraftwerk Voerde (dahinter) und dem Werk von ThyssenKrupp Steel (Mitte)....
...etwa auf den Norden Duisburg und mit dem neuen Kraftwerk Walsum (links), dem Kraftwerk Voerde (dahinter) und dem Werk von ThyssenKrupp Steel (Mitte).... © NRZ
...oder in Richtung Innenhafen:vorne quert die Plessingstrasse, links die Zentrale der Polizeitechnischen Dienste (die grauen Kästchen am Wasser ) dann Lehnkering (in weiß) und die Schwanentorbrücke.
...oder in Richtung Innenhafen:vorne quert die Plessingstrasse, links die Zentrale der Polizeitechnischen Dienste (die grauen Kästchen am Wasser ) dann Lehnkering (in weiß) und die Schwanentorbrücke. © NRZ
...weiter zu den Five Boats im Innenhafen, die Treppenpromenade, dahinter die alltours Verwaltung und  (links davon) der
...weiter zu den Five Boats im Innenhafen, die Treppenpromenade, dahinter die alltours Verwaltung und (links davon) der "Looper". Vorne links ist der Yachthafen zu sehen, rechts der Garten der Erinnerung. © NRZ
...die Salvatorkirche und das Rathaus am Burgplatz.
...die Salvatorkirche und das Rathaus am Burgplatz. © NRZ
...die Schwanentorbrücke mit der Weißen Flotte.
...die Schwanentorbrücke mit der Weißen Flotte. © NRZ
...Siemens in Hochfeld...
...Siemens in Hochfeld... © NRZ
...der Brückenzug der Karl-Lehr-Brücke nach Ruhrort...
...der Brückenzug der Karl-Lehr-Brücke nach Ruhrort... © WAZ
und die Innenstadt.
und die Innenstadt. © NRZ
Weil aber ein Fluchtweg fehlte, durften später keine Besucher mehr auf die Aussichts-Plattformen. Fotos: Stephan Eickershoff, Andreas Mangen, Rudolf Holtappel, Matthias Düngelhoff, Hans Blossey
Weil aber ein Fluchtweg fehlte, durften später keine Besucher mehr auf die Aussichts-Plattformen. Fotos: Stephan Eickershoff, Andreas Mangen, Rudolf Holtappel, Matthias Düngelhoff, Hans Blossey © NRZ
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Stadtwerke bleiben gelassen 

Dennoch: Der Turm kann zwar zum Denkmal werden, muss aber nicht zwangsläufig stehen bleiben. Denn in der zweiten Stufe des Denkmalschutzgesetzes spielen auch wirtschaftliche Interessen eine Rolle. Die Behörde wird abwägen. „Sie kann letztlich auch die Beseitigung eines Denkmals verlangen, wenn andere öffentliche Belange die des Denkmalschutzes überwiegen“, so eine Stadtsprecherin. Beispiele: Die Mercatorhalle war ein Denkmal und wurde für den Neubau abgerissen, gleiches steht aktuell dem Tausendfüßler in Düsseldorf bevor, für den eigens der NRW-Minister Voigtsberger im Juni den Abriss genehmigte.

Ob der Duisburger Fall bis zur Landesregierung gelangt, ist fraglich. Die Stadtwerke jedenfalls bleiben gelassen. „Wir halten an dem Abriss fest und sehen dazu auch keine Alternative“, sagte Sprecher Torsten Hiermann. Acht Millionen Euro würde der Erhalt in den kommenden 15 Jahren kosten.

Den Anstoß, dass der „lange Lulatsch“ zum Denkmal werden soll, hatte übrigens ein Bürgerantrag gegeben. Die Initiative geht vermutlich auf eine Facebook-Gruppe zurück, die sich für die Rettung des Turms stark macht. Zwar ist die Diskussion in dem Internet-Forum zunehmend eingeschlafen, allerdings zählt die Gruppe immer noch mehr als 2760 Mitglieder.