Duisburg. . In Duisburg beklagen sich Einwohner seit zwei Jahren immer wieder über ominöse Lackflecken auf ihren PKW. Nicht einmal mit einer Spezialreinigung lassen sich die Schmierereien entfernen. Zunächst hatten die Betroffenen den Konzern Arcelor-Mittal im Verdacht - der wiederum ein entlastendes Gutachten vorgelegt hat.
Manfred Both ist stocksauer. Auf dem Lack seines grünen Skoda machen sich seit einigen Wochen ominöse Flecken breit. Die einen schimmern bläulich und sehen aus, als hätte jemand mit Billardkreide den Pkw beschmiert. Andere erinnern eher an Putzschlieren bzw. ein Haut-Ekzem. Was sie alle vereint, ist die Tatsache, dass sie sich nicht mehr entfernen lassen. „Ich war sogar bei einer Spezialreinigung und habe 150 Euro ausgegeben. Es ging aber nichts davon herunter“, erzählt der auf der Mühlenstraße lebende Meidericher voller Frust.
Der 68-Jährige ist aber nicht allein mit diesem Problem, zahlreiche Menschen aus diesem Stadtteil und aus Teilen Ruhrorts sind Opfer der ominösen Lackschäden geworden. Wer der Verursacher ist, weiß bislang niemand. Auch das städtische Amt für Umwelt und Grün tappt nach wie vor im Dunkeln – und das, obwohl die ersten Fälle bereits vor zwei Jahren aufgetaucht sind. Das bestätigte Susanne Stölting, Referentin im Umweltdezernat, auf WAZ-Anfrage: „Die erste Beschwerde gab es im März 2010. Bis heute sind uns etwa 60 Fälle bekannt.“
Erste Fälle traten in 2010 auf
In Zusammenarbeit mit Experten der Bezirksregierung Düsseldorf und des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz machte sich das Umweltamt auf der Suche nach dem Verursacher. Dabei wurden alle kleineren und größeren Betriebe der Umgebung untersucht. „Es war aber niemandem nachzuweisen“, so Stölting.
Und was schimmert da nun so blau auf den betroffenen Pkw? „Nach unseren Erkenntnissen handelt es sich um Metallstäube, die sich auf den Lack legen. Gemischt mit Schwefeldioxid und morgendlichem Tau entsteht eine chemische Reaktion, die besagte Flecken hinterlässt“, erklärt Stölting. Und – eine Frage die sich viele besorgte Anwohner stellen – welche gesundheitlichen Risiken birgt dieser Metallstaub? „Ein Risiko für die Menschen besteht nach unseren bisherigen Erkenntnissen nicht“, so die Referentin.
Einer der als Verursacher verdächtigten Industriebetriebe war das auf der Grenze zwischen Ruhrort und Meiderich liegende Werk von Arcelor-Mittal. „Wir kennen das Problem. Die Behörden sind damals auf uns zugekommen, sagte Ulrich Guzinski, Sprecher des Unternehmensstandortes in Ruhrort. Der Stahlproduzent habe dann selbst auf seinem gesamten Firmenareal Autobleche verteilt, sie wochenlang dort stehen lassen und anschließend den Umweltbehörden zur Analyse übergeben. Dort sei nachweislich herausgekommen, dass Arcelor-Mittal nicht der Verursacher sein könne.
Unternehmen bezahlte Reinigung
Die WAZ erfuhr aus Anwohnerkreisen jedoch, dass das der Stahlhersteller über Monate die Säuberung bzw. Reinigungsversuche der verschmutzten Pkw finanzierte. Ein Autoreinigungsunternehmen in Beeck hätte diese Arbeiten übernommen. Aber warum sollte ein Unternehmen diese Kosten übernehmen, wenn es als Verursacher doch angeblich nicht in Frage kommt? „Wir haben nur in der Phase bezahlt, bis die Testergebnisse vorlagen. Das haben wir aus Kulanz übernommen – quasi als Zeichen von guter Nachbarschaft“, sagte Guzinski. Mit dem Tag, als Arcelor-Mittal als möglicher Verursacher ausschied, habe man diese Aktion beendet.
Um die eigene Unschuld nochmals zu beweisen, habe Arcelor-Mittal Anfang 2012 ein weiteres Gutachten erstellen lassen – in einem neutralen Labor. Das kam zu dem Ergebnis, dass Salz und Natrium die Auslöser der Lackschäden seien. „Und dieser Materialien kommen in unserem Produktionsprozess nicht vor“, so Guzinski. Ein zweites Gutachten zur nochmaligen Bestätigung sei bereits auf dem Weg.
Alles das hilft Manfred Both vorerst nicht weiter. Der Lack seines Skoda ist hin. Er will ihn jetzt sogar verkaufen.