Duisburg. .
Innenminister Ralf Jäger hat am Mittwoch einen Orientierungsrahmen vorgestellt, der künftig Kommunen bei der Durchführung von Großveranstaltungen helfen soll – eine Konsequenz aus der Loveparade-Katastrophe.
Ebenfalls wohl eine Konsequenz: Der „Hauptverwaltungsbeamte“ (in Duisburg der Oberbürgermeister) trägt demnach die Verantwortung über eine mögliche Absage der Veranstaltung, auch am Tag selbst, oder er delegiert sie im Falle seiner Abwesenheit. Duisburgs damaliger OB befand sich in der Woche vor der Loveparade im Urlaub, war aber am Tag selbst dabei.
Keine Kameras an der Rampe
Der Orientierungsrahmen dient auch der Regelung, wie sich die Mitglieder eines zu bildenden Koordinierungsgremiums zusammensetzen und vor allem: wie sie miteinander kommunizieren müssen und wie das Einvernehmen hergestellt werden kann, um eine Veranstaltung zu genehmigen.
In einem Teil des Orientierungsrahmens bezieht sich das Innenministerium auf die Untersuchung von Dr. Dirk Oberhagemann: „Statische und dynamische Personenverdichtung auf Großveranstaltung“. Er nimmt dabei auch die Geschehnisse während der Loveparade unter die Lupe. Der Wissenschaftler war damals vor Ort und wollte ursprünglich auch vor der Rampe Kameras aufbauen, was ihm vom Veranstalter aber untersagt worden sei. „Man hielt es bereits vorher für einen sensiblen Bereich und wollte keinen Dritten dabei haben“, sagte Dirk Oberhagemann der WAZ.
Unterschiedliche Interessen
Zwar ist man hinterher immer schlauer, aber nach seiner Meinung war vorhersehbar, dass es allein durch den Zustrom der Menschenmassen zu einem Unglück hätte kommen können: „Wenn man weiß, dass rund 500 bis 600 Menschen pro Minute zu einer Veranstaltung laufen, aber nur 175 pro Minute eingelassen werden, hätte man wissen müssen, dass es rein physikalisch nicht passt.“
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Oberhagemann durfte seine Kameras und Messstrecken der Besucherströme am 24. Juli 2010 im Zuge der westlichen Laufstrecke (vom Hauptausgang des Bahnhofs bis zur Karl-Lehr-Straße/Ecke Düsseldorfer Straße) aufbauen. Deshalb liegen ihm konkrete Zahlen vor, die er in seinen Bericht einfließen ließ. „Ein Problem in Duisburg war, dass es drei unterschiedliche Steuerungsgruppen gab, die auch unterschiedliche Ziele verfolgten“, kritisiert Oberhagemann.
Sensible Menschenmassen
Die Bahn wollte danach den Bahnhof so schnell wie möglich wieder leer haben, die Stadt die Besucher so schnell wie möglich aufs Gelände bekommen, und der Veranstalter wollte die Menschen wiederum nicht so schnell auf dem Gelände haben. Oberhagemann stellt fest, dass „für den gesamten Veranstaltungsraum – also Bahnhof, Stadt, Gelände – nie ein abgestimmtes Crowd-Management...“ existiert habe.
Wie sensibel Menschenmassen reagieren, zeigt er an einem Beispiel auf: Um 14.47 Uhr fuhr ein Polizeiwagen auf das Gelände. Die Durchfahrt im Tunnel führte nicht zu Problemen, bedeutete aber, dass in dieser Zeit 400 Besucher weniger den Tunnel passieren konnten. „400 Besucher weniger bedeuten gleichzeitig einen höheren Rückstau vor den Schleusen in einer Größenordnung von circa 200 Quadratmetern“, heißt es in der Untersuchung.