Duisburg. Zu Besuch im Hobbyraum von Alfred Mundt in Rheinhausen. Dort, wo ein Fahnenmast im Garten einfach dazugehört.

Alfred Mundt empfängt mich in seinem Garten. Ein schöner Garten. Nur der Fahnenmast mittendrin ist ein bischen irritierend. Die gehisste Fahne sagt mir auch nichts. Ich verkneife mir die Frage danach. Schließlich will mir Alfred Mundt einen seiner liebsten Orte in Duisburg zeigen, seinen „Hobbyraum“.

Fünf Minuten später weiß ich, dass mein Gastgeber ein sehr bescheidener Mann ist. Denn das, was der 84-Jährige mit jahrelanger, detailverliebter, minuziöser Arbeit und einer offenbar nimmermüden Sammelleidenschaft zusammengetragen hat, ist weniger ein „Hobbyraum“ als ein kleines Schifffahrtsmuseum.

Handschriftlich katalogisierte Sammlung

Imposant ist seine Sammlung gleich auf den ersten Blick. Es gibt kaum einen Fleck an den Wänden der schmalen Holzhütte, der nicht mit einem Sammlerstück behangen ist. Der zweite Blick lässt einen aber noch mehr erstaunen. Denn man erkennt: das Meiste ist Handarbeit. Die unzähligen Bilder, der Großteil zeigt Schiffe, sind ausgeschnitten aus Zeitungen und Zeitschriften. Schiffsmodelle sind mit kleinen Schnitzarbeiten verziert.

Etliche aus Holz nachgebaute Schiffskamine, liebevoll in Farben verschiedenster Reedereien lackiert. Farben, die sich auch auf vielen kleinen Tischfähnchen wiederfinden. Alles ist handschriftlich katalogisiert und dokumentiert. „Internet oder einen Drucker habe ich nicht“, sagt Alfred Mundt. Ehefrau Irmgard sieht meinen erstaunten Blick und scherzt: „Ich weiß auch nicht, wann er das alles gemacht hat.“

Ferien auf dem Schiff

In unzähligen Stunden, so viel steht fest. Stöbern in Literatur, Werkeln in der (überaus gut ausgestatteten) Heimwerkstatt, (Um-)Dekorieren. Immer und immer wieder. Übel scheint sie ihm seine Leidenschaft nicht zu nehmen. Wahrscheinlich, weil sie nur zu genau sein jungenhaftes Grinsen kennt, wenn er sagt: „Die Schifferei habe ich im Blut.“

Sein Vater war Schiffer, erzählt Mundt weiter, als Kind sei er oft mitgefahren, habe seine Ferien auf Schiffen verbracht. Seine Mutter war erst einmal dagegen, dass Mundt seinem Vater nacheiferte. „Für die Familie ist das nicht einfach. Man führt eine Art Zigeunerleben.“ Nach einer Ausbildung zum Chemielaboranten und einer Umschulung zum Tischler wurde Mundt dann aber doch Matrose.

Durch Schiffskamine aus Milchkonserven wurde die Sammelleidenschaft geweckt 

Die Weser ging’s hoch, eine Weile machte er Station in Hamburg. Nachdem Frau und Sohn aus seinem Geburtsort in Sachsen-Anhalt nach Duisburg nachkamen, fuhr er zwischen Rotterdam und Ruhrpott. Alles in allem waren das nur vier Jahre, bevor er sich für die Familie und einen Job als Lagerverwalter bei Krupp entschied. „Losgelassen hat mich diese Zeit aber nie“, sagt Mundt, der seitdem Mitglied im Schifferverein Homberg ist.

„So mancher Sonntag“ sei draufgegangen für seine Sammelleidenschaft, sagt Alfred Mundt, und redet dabei von einem Zeitraum von gut 50 Jahren. Kleine Holzarbeiten habe er immer schon gemacht, zum Beispiel Pferdegespanne für seinen Sohn. Seit den 1970-er Jahren widmete er sich dann vermehrt Schiffen. „Zu dieser Zeit habe ich jemanden kennengelernt, der die Schiffskamine aus Milchkonserven gebaut hat. Da habe ich mir gedacht: Das kannst du besser.“

Weitermachen so lange es geht

Das Resultat: Über 150 nachgebaute Kamine, über 300 Reederei-Fahnen in groß und klein, über 4000 Schiffsbilder, säuberlich eingerahmt oder in Ordnern abgeheftet. Letztere stehen in einem Kellerraum, der ähnlich aussieht wie seine (natürlich selbst erbaute) Gartenhütte. Sie füllen sämtliche Regale. „Damit muss ein bischen langsamer machen“, meint Mundt mit einem Lächeln, „eigentlich weiß ich nicht mehr, wohin damit“.

Jeden Tag ginge er in den Raum. Jeden Tag gucke er, wo man in seiner Gartenhütte vielleicht was anders, was Neues machen könne. „Ideen habe ich immer“, sagt Mundt. Im Sommer mache er hier außerdem seinen Mittagsschlaf. „Manchmal kommen dann auch Vögel hier rein zu Besuch.“ Was ihm das alle gebe, frage ich ihn. „Das ist einfach ein richtiger Spaß.“ Mehr das Bauen oder mehr das Sammeln? „Beides.“ Wie lange wolle er das noch machen? „So lange es geht.“ Und wieder dieses jungenhafte Grinsen. Ich habe verstanden.

Wir verabschieden uns wieder im Garten. Ein schöner Garten. Und wie passend er doch ist, dieser Mast mit Reedereifahne.