Duisburg. . Für 43 Millionen Euro bauen die Bau- und Liegenschaftsbetriebe NRW am Campus Duisburg das neue NETZ-Zentrum des Center for Nanointegration (Cenide). Ab November sollen hier 120 Physiker, Chemiker und Ingenieure forschen, noch wird geflext und geflucht.

In riesigen Lettern steht „NETZ“ auf der Fassade des neuen Forschungsgebäudes an der Carl-Benz-Straße. 36 Labore, 66 Büros und ein Mikroskopiezentrum sollen in diesem Nano-Energie-Technik-Zentrum ab November einziehen, am 28. September ist die Übergabe geplant. Die Zeit rennt und mit ihr aktuell rund 150 Bauarbeiter aller denkbaren Gewerke, die hier flexen, fliesen und fluchen. Die Treppen sind noch aus rauem Beton, der Fliesenkleber liegt neben Fischermen’s Friends, Leitern neben Eimern, Kabel schlängeln sich dazwischen, allein der raumgroße Installationsschacht längs durchs ganze Gebäude macht Staunen.

Hans-Jürgen Pfaar vom ausführenden Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW ist entspannt bis begeistert. Denn der Bau hat es in sich. Die Labore produzieren so viel Abwärme, dass damit das ganze Gebäude geheizt oder gekühlt werden kann - nur für die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr liegt ein Fernwärmeanschluss. Statt Konvektoren an den Wänden wurden Heiz-Kühl-Decken verbaut. Die dazugehörige Hightech-Anlage sieht mit ihren Bullaugen wie ein riesiger Waschsalon aus. Sie muss präzise arbeiten, denn manche Räume vertragen nur geringste Temperaturabweichungen. Statt Steckdosen hängen an manchen Wänden koffergroße rote Gehäuse.

„Oben auf dem Dach ist eine Bewitterungsfläche geplant, nicht zu verwechseln mit einer Bewirtungsfläche“, lacht Franke. Hier sollen sich aber nicht die Forscher in die Sonne setzen, sondern einzelne Zellen von Photovoltaikanlagen, um sie unter realen Bedingungen zu testen - also auch im Dauerregen.

Das Herz von Dr. Marion Franke, der Geschäftsführerin von Cenide, schlägt eher im Keller schneller. Er wird liebevoll „Mize“ genannt und beherbergt künftig das Mikroskopie-Zentrum. Darüber liegen die Chemielabore, die unter der Decke zwei Meter Technik hängen haben mit Edelstahlrohren für hochreine Gase, mit dicken Rohren für große Luftmengen. „Qualität und Dimension sind ziemlich aufwändig“, betont die Chemikerin, die bei Cenide eher Wissenschaftsmanagerin denn Forscherin ist.

Teeküchen als Kommunikations-Zentren

Auf allen Etagen sind offene Teeküchen als Kommunikations-Zentren geplant, erzählt Franke, die Forscher sollen sich hier austauschen können. Einziehen werden rund 120 Physiker, Chemiker, Ingenieure. Nicht nur von der UDE, sondern auch von externen Kooperationspartnern - nicht zeitlebens, sondern immer nur für konkrete Projekte, nicht nur für einen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn, sondern anwendungsorientiert. „Wir lösen Probleme“, beschreibt Franke.

Sie spielte gemeinsam mit Prof. Dr. Christof Schulz beim bundesweiten Wettbewerb Hochschulbau die Mittel ein und koordiniert künftig die dynamische Nutzung. 33 Mio. Euro reine Baukosten und zwei Mio. Euro für die Ersteinrichtung sind für NETZ veranschlagt, getragen je halbe halbe von Bund und Land. Das Gebäude ähnelt zwei Twix-Riegeln, der eine hat fünf Etagen für Büros, der andere vier für Labore. Allein im Keller landen Geräte zum Mikroskopieren für acht Millionen Euro. Hier sind mehrere fünf Meter tiefe, je 100 Tonnen schwere Fundamente verbaut, damit kein Hauch von Schwingung durch die nahe Straßenbahn oder den hauseigenen Aufzug die Arbeiten stört. Die äußere Fassade aus Alucubond lenkt mit ihrer vertikalen Struktur und den vor- und zurückspringenden Ebenen sehr elegant davon ab, dass die Fenster auf unterschiedlichen Geschossebenen liegen.

Jedes Labor hat einen eigenen Fluchtweg

Wer draußen vor dem Gebäude steht, kann deutsche Sicherheitstechnik bestaunen: Jedes Labor hat einen eigenen Fluchtweg. Das Gebäude ist außerdem elektromagnetisch abgeschirmt und akustisch so, dass es drinnen „mucksmäuschenstill ist“, wie Franke betont. Der Handyempfang ist eher mäßig. „Damit ein Feuerwehrmann auch noch im letzten Keller angefunkt werden kann, ist eine spezielle Anlage eingebaut worden“, erzählt Pfaar. Selbst der Aufzug ist entmagnetisiert worden, weil er sonst das Rastermikroskop stören würde. Dass auf dem Display „Außer Betrieb“ steht, ist für die Einbauer grad aber eher ein gutes Zeichen

Grundsteinlegung für das neue Hörsaalzentrum im Oktober

Insgesamt 1060 Plätze bietet das neue Hörsaalzentrum, das demnächst am Duisburger Campus der Universität Duisburg-Essen gebaut wird. Kurz darauf beginnen auch die Bauarbeiten für das Hörsaalzentrum im Essener Univiertel, das mit seinen 1250 Plätzen sogar noch etwas größer ausfallen wird. Die Zeit drängt, denn schon im kommenden Jahr wird der doppelte Abiturjahrgang erwartet. Beide Neubauprojekte realisiert die Duisburger Niederlassung des Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW. „Wir sind froh, dass es jetzt richtig los geht“, freut sich Niederlassungsleiter Dr. Armin Lövenich.

Weil hier die Grundstücksfragen und der Genehmigungsvorlauf schneller abgeschlossen werden konnten, wird in den nächsten Wochen zunächst die Baugrube vor der Duisburger Unibibliothek an der Lotharstraße ausgehoben. Voraussichtlich kann dann schon Ende Oktober zur feierlichen Grundsteinlegung eingeladen werden.

Attraktiver Neubau

Mit der repräsentativen Lage im historisch gewachsenen Gebäude-Ensemble des Duisburger Campus wird der attraktive Neubau Signalwirkung für die öffentliche Wahrnehmung der Universität entwickeln. Das Hörsaalzentrum schmiegt sich in die Landschaft ein, die erlaubte Geschosshöhe wird deutlich unterschritten. Der Clou: Vertikal gereihte Massivholzstäbe bestimmen die Fassadenstruktur der Hörsäle. Je nach Blickwinkel reagiert der versenkte Baukörper unterschiedlich auf das Auge des Betrachters. Das natürliche Material hat eine angenehme, warme Ausstrahlung und nimmt gleichzeitig Bezug auf die Lage in einer Grünfläche.

Großflächige Verglasungen im Eingangsbereich sowie in der südlichen und nördlichen Fassade des Foyers versorgen den Baukörper mit Tageslicht. Garten- und landschaftsbaulich neu gestaltet wird auch der gemeinsame Vorplatzbereich von Bibliothek, Audimax und neuem Hörsaalzentrum. Oberflächen werden neu befestigt, Bäume gepflanzt sowie Sitzgelegenheiten und Beleuchtung angebracht.