Duisburg. . Erhebliche Teile des Duisburger Stadtgebietes sind mehr oder weniger stark mit Blei und Cadmium belastet. Daher will die Stadtverwaltung jetzt ein Bodenschutzgebiet festlegen. Damit könnten den betroffenen Grundstückseigentümer Nutzungsbeschränkungen auferlegt werden oder sogar ein Bodenaustausch – letzteres wäre teuer, ist aber eher unwahrscheinlich.
Seit 1999, dem Jahr des massiven Störfalls bei BUS in Wanheim-Angerhausen wird Duisburgs Boden intensiv auf diverse Schadstoffe untersucht, es gab Anbauempfehlungen für Gemüsegärtner und Sanierungen von Kinderspielplätzen. Im Zusammenhang mit dem geplanten Bodenschutzgebiet geht es vor allem um Blei- und Cadmiumbelastungen.
Metallhütte Duisburg mögliche Ursache
Die haben ihre Schwerpunkt im südlichen Stadtgebiet, als Verursacher nannte Umweltdezernent Dr. Peter Greulich gestern die Metallhütte Duisburg (MHD), die inzwischen komplett angerissen und entsorgt wurde. Die Trümmer bilden die Grundlage des Berges, auf dem das spektakuläre Kunstwerk „Tiger & Turtle“ inzwischen zum beliebten Ausflugsziel geworden ist. Da die Belastungen auf Staub zurückgehen, zieht sich eine „Fahne“ von Wanheim-Angerhausen über große Teile des Stadtgebiets.
Ursprünglich waren Experten von einer betroffenen Fläche von 67 Quadratkilometern ausgegangen, für zwei Drittel davon konnte inzwischen Entwarnung gegeben werden.
Noch 14 Belastungsgebiete
Geblieben sind 14 „Belastungsgebiete“ mit Schwerpunkt südliches Stadtgebiet, aber auch Teile des Westens, der Mitte und des Nordens umfassend (die Karte, die die Belastungen im Stadtgebiet zeigen, finden Sie weiter rechts als pdf-Download). Dietmar Barkowski vom Institut für Umwelt-Analyse in Bielefeld unterschied am Dienstag im Umweltausschuss zwischen zwei Gebieten, in den „harte Maßnahmen“ erforderlich seien, und zwölf weiteren, in denen „weiche Maßnahmen“ wohl ausreichend wären.
„Am kritischsten“ sei die Belastung rund um den ehemaligen MHD-Standort, wo in zwei der „Belastungsgebiete“ erhöhte Werte für Cadmium und Blei, teilweise auch für Arsen „flächenhaft“ festgestellt wurden. Es handelt sich dabei um 1,6 Quadratkilometer in Wanheim-Angerhausen. Nun soll jedes „sensibel genutzte“ Grundstück, etwa mit Wohnbebauung oder Garten, in diesem Bereich per Bodenproben genauer erkundet werden. Danach folgen eine Gefahrenbeurteilung und gegebenenfalls ein Sanierungsvorschlag. Die Kosten der Untersuchungen belaufen sich auf 191.000 Euro, die zu 80 % vom Land NRW getragen werden.
Untersuchungsergebnisse werden im Sommer 2012 erwartet
„Die Untersuchungen werden mehrere Monate in Anspruch nehmen“, wurden gestern die Ausschussmitglieder informiert: „Die Ergebnisse werden voraussichtlich im Frühjahr/ Sommer 2013 vorliegen.“ Aussagen über Art und Umfang von möglichen Sanierungsmaßnahmen könnten erst gemacht werden, wenn alle Ergebnisse und deren Einschätzungen vorliegen.
Wenn es soweit ist, könnten außer Bodenaustausch auch Sanierung, Versiegelung oder eine Nutzungsänderung des Grundstücks angeordnet werden.
Rasen statt Rosen
Zwölf Gebiete mit insgesamt 22 Quadratkilometer Fläche werden mit „weichen Maßnahmen“ auskommen, so Barkowski. Man könne beispielsweise die Vegetation verdichten: „Offener Boden ist immer schlecht“, rät der Experte bei den festgestellten Cadmium-Belastungen. Also: Rasen statt Rosen. Und auf den Anbau von Gemüse im eigenen Garten verzichten. Bis aber weitere Ergebnisse vorliegen, sollte man sich an die bisherigen Anbau- und Verzehrempfehlungen halten.
„Die Geschichte einer Stadt findet man im Boden“, verwies Greulich auf die lange und intensive industrielle Nutzung des Duisburger Stadtgebietes. Im Stadtgebiet sei daher ein „weites Portfolio von Schadstoffen“ zu finden. Ziel der jetzt vorgestellten Maßnahmen sei es, die „Gesundheit der Bürger präventiv zu schützen“.
Grundstückbesitzer müssen mit Kosten rechnen
Die Ausweisung eines Bodenschutzgebietes ist für Duisburg völlig neu und bisher erst in wenigen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen erprobt. Ähnlich wie bei der Bauplanung ist zuvor ein umfangreiches Verfahren notwendig samt Bürgerbeteiligung und Einbindung der unterschiedlichsten Interessengruppen, die ihre Anregungen und Kritiken einbringen können. Bei der Einleitung dieses Verfahrens und beim förmlichen Beschluss hat die Politik, also der Rat das entscheidende Wort. Greulich rechnet bei einem „Ja“ des Stadtparlaments mit einer Verfahrensdauer von mindestens einem Jahr.
„Es gibt dazu keine Alternative“, erläuterte gestern Andreas von der Heydt, Leiter des städtischen Amtes für Umwelt und Grün: „Die Behörde muss tätig werden.“ Und auf einige Grundstücksbesitzer dürften als Folge Kosten zukommen. Für viele Maßnahmen werde es aber auch Förderungen geben, so Greulich.