Duisburg. . Roger Sevenheck, der als Investor das Outlet Center in Duisburg-Hamborn plant, erwartet durch das neue Einkaufsangebot eine Aufwertung von Hamborn/ Marxloh. Im Interview spricht er auch über die Proteste gegen den drohenden Abriss der Zinkhüttensiedlung.

Millionen an Investition, Millionen von erwarteten Besuchern auf der einen Seite, Bürgerproteste gegen den drohenden Abriss einer Wohnsiedlung – das in Hamborn geplante Outlet Center ist nicht unumstritten. Investor Roger Sevenheck stellte sich beim Besuch der WAZ-Redaktion den Fragen von Lesern und Journalisten.

Was genau ist ein Outlet Center?

Roger Sevenheck: Man kann dort preiswerte, hochwertige Sachen kaufen, es ist Freizeit-Shopping. Man geht da rein, um zu schauen: Gibt’s hier Schnäppchen. Und wenn’s keine gibt, geht man wieder weg.

Was ist der Unterschied zu einer normalen Einkaufs-Mall wie Forum oder Königsgalerie?

Sevenheck: Ein Outlet ist kein Nahversorger, der Kunde kommt nicht jede Woche dahin. Und die Läden sehen von innen viel einfacher aus. Da wird richtig gespart, die Kunden erwarten, dass es wie ein Lager aussieht. Und wir haben keine überdachten Straßen. Man ist draußen.

Gibt es bereits ein Outlet Center wie das in Duisburg geplante, das man sich als Muster ansehen könnte?

So soll das Outlet-Center aussehen

Ein neues Modell des „Duisburger Outlet Village“ hat jetzt der Investor Roger Sevenheck vorgelegt. Die Grafik erlaubt erstmals einen dreidimensionalen Gesamteindruck des 125 Millionen Euro teuren Bauvorhabens in Hamborn. Wie mehrfach berichtet soll auf der Fläche rund um die alte Rhein-Ruhr-Halle und das Hamborner Stadtbad (oben in der Bildmitte) ein Shopping-Dorf entstehen, das durch die verbilligte Markenware bis zu zwei Millionen Besucher im Jahr nach Duisburg locken soll. Umstritten ist das Vorhaben, weil für die Dimension des Outlets die Zinkhüttensiedler weichen und bis zum Jahresende ihre Immeo-Mietwohnungen aufgeben müssen. Nennenswerten Widerstand gebe es nur noch von einer kleinen Gruppe, sagte Sevenheck. Ein kleiner dimensioniertes Outlet für den Erhalt der Wohnhäuser sei nicht möglich: „Das Problem ist nur, dass ein Outlet am besten funktioniert, wenn es erdgeschossig ist und die Parkplätze nah genug sind. Dafür brauchen wir viel Platz.“ Eröffnung soll im November 2013 sein.

Sevenheck: Wir haben eines in Lissabon und eines in Bratislava vom Betreiber Freeport. Vom Prinzip her wird’s auch ähnlich wie in Roermond. Das Outlet Center in Duisburg ist auch wie ein Dorf aufgebaut. Jedes Outlet Center wählt für sich ein Thema, und wir greifen die umliegende Architektur mit dem Schwimmbad, der Robert-Bosch-Schule und der Grillo-Siedlung auf. In diesem Kontext bauen wir.

Was macht Hamborn/ Marxloh so geeignet für ein Outlet Center?

Sevenheck: Das ist die hervorragende Infrastruktur. In 90 Minuten Entfernung leben 24 Millionen Menschen – das ist natürlich gigantisch. Und man beschädigt nicht den Einzelhandel, der in der Umgebung ist.

Gab’s in Duisburg einen Alternativ-Standort?

Sevenheck: Nein.

Hätte es an diesem Standort keinen Alternative zum Abriss von 400 Wohnungen gegeben? Hätte man nicht mit den Gebäuden in die Höhe gehen können?

Sevenheck: Das waren auch unsere Überlegungen, das hätte auch eine Ersparnis bei unseren Investition bedeutet. Das Problem ist nur, dass ein Outlet am besten funktioniert, wenn es erdgeschossig ist und die Parkplätze nah genug sind. Dafür brauchen wir viel Platz. Wir möchten ein erfolgreiches Center haben, wir bauen nicht für den Leerstand.

Überzeugungsarbeit bei den Mietern 

Wie weit sind Sie bei der Überzeugungsarbeit bei den Mieter, die weichen müssen?

Sevenheck: Wir sind erstaunt, wie viele Leute jetzt schon aus der Siedlung ausgezogen sind. Bis Ende Mai sind das rund 150 Mieteinheiten. Plus 70 Wohnungen, die schon leer waren.

Bis wann müssten die Wohnungen leer gezogen sein?

Sevenheck: Ende des Jahres. Aber es geht zur Zeit so schnell, der Umzugsunternehmer fährt ab und wieder an.

Gibt’s noch nennenswerten Widerstand unter den Mietern?

Sevenheck: Nein, bis auf eine kleinere Gruppe.

Hat Sie die Härte der Kritik erschreckt?

Sevenheck: Nein, das sind Emotionen, das gehört dazu. Beim Friseur muss man auch still sitzen, wenn man rasiert wird. Es ist nie so, dass 100 Prozent der Leute für so ein Projekt sind. Wir versuchen, die bestmögliche Lösung für jeden zu finden.

Haben Sie ähnliche Proteste in Lissabon oder Bratislava erlebt?

Sevenheck: Nein, die Leute da waren schon glücklich, dass da einer groß investiert.

Was passiert mit den Mietern, die Ende des Jahres noch nicht draußen sind?

Sevenheck: Wir sind fest davon überzeugt, dass dann alle ausgezogen sein werden. Es gibt jetzt schon so viel Leerstand, und der wird mehr und mehr.

Was ist da eigentlich schief gelaufen mit den Mietern, war das ein reiner Kommunikationsfehler?

Sevenheck: Es ist damals ein Kommunikationsfehler gewesen. Aber wenn man die Mieter schon früher informiert hätte, und es wäre dann nicht zur Unterschrift gekommen, hätte man all die Menschen unnötig beunruhigt.

Als die Pläne durch die politischen Gremien gingen, war da schon klar, dass die Siedlung weg muss?

Zur Person

Roger Sevenheck, Geschäftsführer der German Development Group, geboren in Landgraaf auf der niederländischen Seite des Dreiländerecks bei Aachen, ist 47 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Kinder, 11 und 15 Jahre alt.

Er hat in Amsterdam Facility Management studiert und vor dem Schritt in die Selbstständigkeit bei einem großen Maklerunternehmen gearbeitet.

Sevenheck ist einer von sechs Gesellschaftern der vor sechs Jahren gegründeten German Development Group.

Seine Hobbys sind Feldhockey, Skifahren – und der Karneval. Zweimal in der Woche trainiert er die erste Mannschaft des Hockeyvereins in Venray. Auch im Vorstand des Clubs ist Sevenheck aktiv.

Seit vier Jahren ist der Outlet-Entwickler in seinem Heimatort auch in einer besonderen Rolle unterwegs: als Sinterclaas, vergleichbar dem deutschen Nikolaus. Gefeiert wird der Heilige in Holland am 5. Dezember.

Sevenheck: Nein. Die Stadt hat über ihre eigenen Grundstücke eine europaweite Ausschreibung gemacht. Wir haben dann gesehen: Das Grundstück ist zu klein. Dann sind wir zu Immeo gegangen, um die Wohnsiedlung zu kaufen. Das ist eine private, kaufmännische Sache.

Ihr Zeitplan ist nicht in Gefahr?

Sevenheck: Nein.

Und Ihre Finanzierung?

Sevenheck: Da arbeiten wir dran, aber das ist das normale Procedere. Man muss erst einen gewissen Planungsstand haben, dann kann man auf die Banken zugehen.

125 Millionen sind eine Menge...

Sevenheck: Ja, aber es ist immer die Frage: Was steht dem gegenüber? Wie hoch sind die Mieteinnahmen, die man erwartet? So wie wir die Kalkulation aufstellen, passt das hervorragend.

Die üblichen Verdächtigen 

Wie viel Prozent der Fläche haben sie schon vermietet?

Sevenheck: Wenn man vermietet, muss man zuerst eine Planung haben. Und diese Vorplanungen haben wir jetzt abgeschlossen einschließlich aller Gutachten. Wir haben auf einer Konferenz in Troyes Ende März die Vermietung gestartet, und wir haben schon einen großen Rücklauf. Für 6000 Quadratmeter haben wir bereits Interessenten, und die Verhandlungen laufen jetzt erst an.

Was die meisten unserer Leser Sie fragen wollen: Kann man schon ein paar Markennamen erfahren?

Sevenheck: Es gibt die üblichen Verdächtigen, und da gibt’s dann Variationen.

Was sind denn die üblichen Verdächtigen?

Sevenheck: Schauen Sie mal nach Roermond, schauen Sie nach Wertheim. Wir streben aber immer etwas Höherwertiges an.

Eignet sich Duisburg denn dafür?

Sevenheck: Das hat nichts mit Duisburg zu tun. Wir brauchen nicht unbedingt die Besucher aus Duisburg. Der Einzugsbereich geht bis nach Bielefeld, und es ist schon toll, dass Düsseldorf jetzt eine Zufahrt zu unserem Outlet ausbaut, die B 8 (lacht).

Mit wie vielen Besuchern rechnen Sie?

Sevenheck: Im ersten Jahr erwarten wir 1,5 bis 2 Millionen Besucher.

Die kommen überwiegend mit dem Auto – wird die Verkehrsinfrastruktur bis zur Eröffnung so weit ausgebaut sein, dass Hamborn und Marxloh nicht im Verkehr ersticken?

Sevenheck: Deshalb lassen wir ja die Gutachten erstellen: Wir persönlich wollen ja auch nicht, dass die Leute im Stau stehen, wenn sie zu uns kommen. Aber es ist schon kompliziert, weil die Ampelanlage sehr veraltet ist. Diese muss auf jeden Fall modernisiert werden, wie es auch im Gutachten steht. Jedenfalls wird die A 59-Ausfahrt ausgebaut, und die Walter-Rathenau-Straße wird, wenn es sehr viel Verkehr gibt, einspurig. Das geht wie an der Düsseldorfer Messe mit Ampeln. Außerdem kommen nicht alle Besucher auf einmal. Unsere Stoßzeiten beginnen Freitagmittag und dann natürlich Samstags, dann gibt’s aber die Lastwagen nicht mehr auf den Straßen.

Die Öffnungszeiten sind von 10 bis 20 Uhr?

Sevenheck: Ja.

Welche Zielgruppe erwarten Sie als Besucher?

Sevenheck: Alle, die ein Schnäppchen machen oder sich etwas Schönes kaufen wollen.

Wann ist Eröffnung?

Sevenheck: Unser Ziel ist der 1. November 2013.

Das wäre der erste Bauabschnitt, wann folgt der zweite?

Sevenheck: Direkt danach.

In Ihren Plänen sind noch weitere Gebäude in Richtung Hamborn und Marxloh vorgesehen – wann werden die eröffnet?

Sevenheck: Das kommt in der Phase 2.

Boulevard ohne Outlet-Angebote 

Soll dieser „Boulevard“ auch Outlet-Angebote umfassen?

Sevenheck: Im Grunde nicht, hier wird es Einzelhandelsgeschäfte geben.

Was schwebt Ihnen denn da vor?

Sevenheck: Wir wissen, dass Brautmode-Händler Interesse haben. Unter denen gibt es sehr hochwertige, die nach vorne wollen. Wir machen uns jedenfalls keine Sorgen.

Wenn wir in zehn Jahren wieder zusammensitzen – welchen Nutzen wird Duisburg durch das Outlet Center haben?

Sevenheck: Den gleichen wie damals in Roermond, nur schneller. Roermond hat zehn Jahre gebraucht. Ich hoffe, dass Hamborn und Marxloh dieses Wiederaufleben in fünf, sechs Jahren erreichen.

Wie war das denn in Roermond?

Sevenheck: Wie sprechen ganz intensiv mit den Einzelhändlern in Hamborn und Marxloh und erzählen denen, was alles abgelaufen ist in Roermond. Wenn sie dort vom Outlet ins Zentrum gehen, dann sehen Sie eine sehr schöne Stadt – die war vorher nicht so. Die Stadt war total heruntergekommen. Die Outlet-Besucher hatten das Gefühl: Jetzt bin ich in Roermond, jetzt gehe ich auch mal in die Innenstadt. Und die Unternehmen vor Ort haben festgestellt, dass sie zusätzliche Restaurants eröffnen können und das hat auch der Stadt gut getan. Der Marktplatz ist beispielsweise komplett neu gemacht worden. Dadurch sind noch mehr Besucher in die Stadt gekommen - über den Marktplatz in die Einkaufsstraße, die auch heruntergekommen war. So ist die ganze Innenstadt aufgewertet worden. Darüber hinaus wird es Einnahmen für die Stadt Duisburg geben und Arbeitsplätze.

Wie viele werden es durch das Outlet sein?

Sevenheck: Zwischen 600 und 800. Was dann im Umfeld noch dazukommt, kann ich nicht abschätzen.

Und wie groß wird der Schaden durchs Outlet sein, etwa für die Innenstadt?

Sevenheck: Kaum. Wenn Duisburg kein Outlet Center baut, bauen es andere. Und wir schädigen die Innenstadt nicht, weil wir kein Nahversorger sind. Unsere Besucher kommen nicht täglich. Und sie wären sonst nie nach Duisburg gefahren. Ein Händler aus Marxloh hat mir gesagt: Wenn wir von den anderthalb Millionen Besuchern nicht ein Prozent gewinnen können, dann liegt es an uns selbst.

Brautmoden wird es nicht geben?

Sevenheck: Nein, das ist eine Verabredung mit der Stadt.

Gastronomie?

Sevenheck: In dem Schwimmbad wird es Gastronomie geben, Erlebnisgastronomie mit Atmosphäre. Und auch die Kindererlebniswelt im anderen Teil des Bades stößt auf großes Interesse.

Erlebnisgastronomie? Heißt das Fast Food?

Sevenheck: Nein, da muss man mehr in Richtung Brauhaus denken.

Ist das denkmalgeschützte Bad eine Last beim Outlet-Bau?

Sevenheck: Man braucht für ein Outlet Center eine Landmarke. Dieses Gebäude ist eine Landmarke. Deshalb greifen wir mit unserem Center bewusst diese Architektur auf. Wir möchten das Gebäude erhalten. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass wir Niederländer sind. Wir lieben denkmalgeschützte Gebäude. Diese Ausstrahlung wird man nie neu erbauen können.