Duisburg. . Karl Janssen, Duisburgs Dezernent für Schule, Jugend und Kultur war zu Gast bei der WAZ. Er sprach mit den Redakteuren Anne Horstmeier, Willi Mohrs und Alfons Winterseel.
Karl Janssen, Duisburgs Dezernent für Schule, Jugend und Kultur war zu Gast bei der WAZ. Er sprach mit den Redakteuren Anne Horstmeier, Willi Mohrs und Alfons Winterseel .
Herr Janssen, wenn man sie gehörig drängt, stehen Sie als Oberbürgermeisterkandidat für die CDU zur Verfügung?
Karl Janssen: Ich glaube durchaus, dass ich die Kompetenzen dazu habe, aber für Duisburg der falsche Mann bin.
Warum?
Janssen: Ich glaube nicht, dass ich eine ausreichende Akzeptanz habe. Ich würde mit dem jetzigen System in Verbindung gebracht. Ich hätte außerdem kein Interesse an einer parteipolitischen Auseinandersetzung. Die halte ich für die Stadt im Moment falsch. Ich bin auch kein Freund der Abschaffung der Doppelspitze gewesen. Das war in meinen Augen ein Fehler. Diese Kombination Volkstribun zu sein und gleichzeitig das Management einer Stadt zu führen ist nur schwer in einer Person zu vereinen.
Wie ist denn zurzeit die Arbeit in der Verwaltungsspitze ohne Oberbürgermeister? Klappt das?
Janssen: Ja, es klappt. Peter Greulich führt gut. Es ist eigentlich ein Beleg dafür, dass die Doppelspitze funktioniert. Bürgermeister Benno Lensdorf macht die repräsentativen Termine. Peter Greulich ist entscheidungsorientiert. Das ist sehr hilf-reich.
Ihr Verhältnis zum Kämmerer Peter Langner ist angespannt. Woran liegt das?
Janssen: Angespannt stimmt so nicht. Außerhalb des Tagesgeschäfts harmonisieren wir. Ich habe nur eine grundsätzlich andere Haltung wie man Finanzen steuert. Hinzu kommt, dass ich in der Stadt klassischer Weise fürs Geldausgeben zuständig bin. Insofern bin ich für jeden Kämmerer ein Dorn im Auge. Ich halte nichts davon, wenn man Haushaltspositionen zur Hälfte streicht oder man meint, man könnte mit Personalkosten einen Haushalt steuern. Ich bin der Meinung, wir müssten mehr lernen über Ziele zu steuern. Wenn man heute sparen will, muss man die Ehrlichkeit haben sich von bestimmten Leistungen zu verabschieden. Sparen von oben herunter mit hälftigen Beträgen und nicht verbunden mit Zielen funktioniert nicht. Es macht mir große Sorgen, dass der Haushaltssanierungsplan spitz auf Knopf erarbeitet wird und die Politik keine Chance hat, über Priori-täten zu entscheiden.
Es sind also sachliche Auseinandersetzungen mit dem Kämmerer?
Janssen: Ja. Er denkt so, dass er ausschließlich fürs Geld und fürs duil verantwortlich ist. Ich führe ein Dezernat mit 2200 Mitarbeitern und einem Budget von über 380 Millionen Euro. Ein Kämmerer in einem neueren Management müsste sich als Finanz- und Personalservice begreifen, und nicht als Herr über Finanzen und Personal. An der Stelle gibt es Spannungen.
Wie würden Sie es denn angehen?
Janssen: Ich würde mir eine Debatte in den Ausschüssen darüber wünschen, was tatsächlich die Leistungen der Stadt sein sollen und was nicht. Es muss einen gesunden Mix zwischen freiwilligen Leistungen und hoheitlichen Aufgaben geben. Eindeutig hat für mich die Daseinsfürsorge Vorrang. Auch bei aller Wertschätzung zur Kultur bin ich dafür, dass man zuerst die Versorgung von Familien, Kindern und Jugendlichen sichern muss. Wir müssen uns auch von Sachen verabschieden, für die wir nicht zuständig sind. So geben wir 1,5 Millionen für Sprachförderung aus, was aber Aufgabe des Landes ist.
Würden Sie der Politik eine breitere Auswahl an Sparvorschlägen machen, damit eine Auswahl getroffen werden kann?
Janssen: Wir sind verpflichtet der Politik alles aufzuzeigen, was geht. Dazu brauchen wir den Dialog. Ich glaube aber nicht, dass man im Rahmen normaler Haushaltsberatungen ein solches Sparpaket geschultert kriegt. Ich würde mir wünschen, dass sich nach den ganzen Abwahl- und Wahlverfahren die großen Parteien an einen Tisch setzen und einen Minimalkonsens aushandeln.
Beispielsweise?
Janssen: Die Deutsche Oper am Rhein. Es muss eine Haltung dazu geben ob man sie haben will oder andere Schwerpunkte in einer Stadt setzt. Was nicht geht sind halbherzige Lösungen oder Finanzierungen. Die machen eine Stadt kaputt. Ich habe die Hoffnung, dass das Land noch einmal über eine Staatsoper oder ein Staatsballett einsteigt. Darüber verhandeln wir.
Wie geht es weiter mit den Akzenten und dem Traumzeitfestival?
Janssen: Es ist eine Idiotie, dass im Konsolidierungskonzept steht: Wir stehen zu den Festivals, es gibt aber ab 2013 dafür kein Geld und die Stadt soll das mit Sponsoren regeln. Das war nicht meine Idee und ich halte das auch für Blödsinn. Man hat nur eine Chance auf Sponsoren, wenn die Öffentliche Hand auch etwas leistet. Ich bin der Überzeugung, das müssen 50- 70 Prozent sein, um solche Festivals zu fahren. Weil es das nicht gibt, musste ganz aktuell das Traumzeitfestival abgesagt werden. Ich fände es gut, wenn wir in der Stadtverwaltung eine Stabsstelle hätten, die sich mit Drittmittel-Akquise befasst. Nicht nur für Sponsorengelder, sondern auch für die Suche nach Fördermitteln.
Man hat den Eindruck, dass bei baulichen Dingen in der Stadt immer Geld da ist, für andere Dinge aber nicht, siehe aktuell das Lehmbruck-Museum...
Janssen: Ich habe mich sehr darüber geärgert, dass das Museum nicht ins Konjunkturpaket II aufgenommen wurde. Aber wir können froh sein, dass es eine Stiftung gibt. Dadurch ist die Stadt vertraglich verpflichtet, jetzt etwas zu tun.
Vermissen Sie klare Prioritäten seitens der Kulturpolitik?
Janssen: Es gibt hoch engagierte Kulturpolitiker. Doch ich vermisse trotzdem eindeutige Haltungen der Parteien. Das wird zum Beispiel deutlich bei der Präsenz bei der Verleihung des Duisburger Musikpreises. Das ist meiner Meinung nach ein Pflichttermin für alle Fraktionsvorsitzenden und nicht nur für die Kulturpolitiker.
Themenwechsel: Wie sehr sind die Jugendzentren in ihrem Bestand bedroht?
Janssen: Ich habe die Befürchtung, dass Jugendeinrichtungen geschlossen werden. Wenn das so ist, müssen wir sehr genau hinsehen, wo wir das in der Stadt verkraften können. Auch hierbei gab es im HSK Luftbuchungen, indem man die Leistungen einfach um 50 % reduziert hat. So was funktioniert nicht. Man muss schon Einrichtungsscharf hinsehen. Schwierig ist es im Jugendetat insgesamt: 40 % Tagesbetreuung, nächstes Drittel sind Hilfen zu Erziehung. Am Ende hängt die Jugendarbeit. Man muss sie machen, aber keiner legt die Höhe fest. Ohne Jugendarbeit wirken wir aber nicht mehr präventiv. Nehmen wir die Angebote weg, kann man die These vertreten, dass sich Jugendliche nicht mehr gut entwickeln. Eigentlich ist sie also eine Investition, nur kann man sie leider nicht betriebswirtschaftlich nachweisen.
Über wie viel Geld reden dabei?
Janssen: Rund sieben Mio. Euro. Das sind die Einrichtungen und die Jugendarbeit.
Die erste Sekundarschule soll es in Duisburg 2014 geben. Warum erst in 2 Jahren?
Janssen: Das liegt an der besonderen Situation Duisburgs: Hier gibt es 50 % Gesamtschulen. Der Handlungsdruck ist hier nicht so hoch.
Sie waren Koordinator für die Erstellung eines Handlungskonzepts für die Zuwanderer aus Osteuropa. Wo sehen Sie die dringendsten Probleme?
Janssen: Es müssen sechs Kindergartengruppen eingerichtet werden, die Beschulung der Kinder und Jugendlichen muss sichergestellt werden. Dazu brauchen wir eine Genehmigung fürs Schokoticket vom Land für die Kinder, die nicht alle in Hochfelder oder Marxloher Schulen untergebracht werden können. Wir brauchen eine Lösung, damit die Menschen so niederschwellig wie Hartz-IV-Empfänger wohnen können. Generell ist zu sagen: Europa ist im Sozialbereich nicht konsequent durchdacht worden. Ich weiß nicht, was passiert, wenn 2014 der Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen durchgesetzt wird. Da brauchen wir einen anderen Finanzausgleich.
Haben Sie eine Idee fürs Theater am Marientor?
Janssen: Da habe ich einen großen Fehler gemacht. Ich hätte für das Haus kämpfen sollen. Es gab eine Menge guter Angebote. Aber sie werden keinen finden, der das Gebäude hätte stemmen können. Leerstand und Fehlnutzung des Gebäudes sind gleichermaßen furchtbar.
Wie ist der Stand beim Stadtfenster?
Janssen: Die Gemüter haben sich beruhigt Es gibt zwar weniger Fläche, aber durch neue Technik werden auch Quadratmeter gewonnen. Wir freuen uns, dass Stadtbibliothek, VHS und das NS-Dokumentationszentrum hier untergebracht werden.
Das Dokumentationszentrum kommt?
Janssen: Es ist räumlich geplant. Aber es ist noch nicht entschieden, ob die Betriebskosten geschultert werden können. Das sind nach Berechnungen etwa 260 000 Euro, vor allem Personalkosten. Hinzu kommen 500 000 Euro Investitionen, um das Thema medial aufzuarbeiten. Das wird geklärt werden müssen.
Können nicht Stadtbibliothek, VHS und Stadtarchiv hierfür zusammenarbeiten?
Janssen: Jetzt lehne ich mich mal weit aus dem Fenster, aber das wäre zu prüfen, inwieweit solche Alternativen in Frage kommen. Vielleicht bieten sich auch Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit dem Landesarchiv. Das alles ist aber ein typisches Konsensthema. Es darf nicht am Ende zu einer Schuld-Debatte führen, die jemand, der sagt, dass man das nicht hinkriegen kann, in die rechte Ecke gestellt wird.