Duisburg. . In den deutschen Ausgaben der türkischen Zeitungen ruft OB Adolf Sauerland die türkischen Migranten dazu auf, beim Bürgerentscheid mit „Nein“ – also gegen seine Abwahl – zu stimmen. Die „Hürriyet“ titelt: „Sein Schicksal ist an die türkischen Wähler gebunden.“

Oberbürgermeister Adolf Sauerland ruft in den deutschen Ausgaben der türkischen Zeitungen zur Unterstützung im Abwahlverfahren auf. „Sauerland: Er hofft auf ein ,Nein’ der Türken“, titelte die „Sabah“ in der vergangenen Woche. Mit den Worten „Türken sollen mit Nein stimmen“ wird der OB in dem Blatt zitiert, das zu den größten türkischen Tageszeitungen zählt.

In dem Interview sagte OB Sauerland, dass die Türken in Duisburg ihre Sympathien ihm gegenüber bei der Wahl zum Ausdruck bringen sollen, indem sie für ihn stimmen. Auch auf die Initiative geht Sauerland ein: „Wer glaubt, hinter dieser Initiative stecke keine politische Kraft, der läuft mit Scheuklappen durch das Land“. Noch am Dienstag hatte Sauerland wiederholt erklärt: „Ich werde keinen Wahlkampf machen“.

Sauerland ist "den Türken freundlich gesinnt"

Die „Hürriyet“, eine der auflagenstärksten Tageszeitungen in der Türkei, widmete Sauerland ebenfalls einen großen Bericht in der hier erscheinenden Ausgabe. Schlagzeile: „Sein Schicksal ist an die türkischen Wähler gebunden“. Wie die Hürriyet schreibt, stehe Sauerland, der bei der letzten Kommunalwahl mit 44,6 Prozent der Stimmen gewählt wurde, jetzt einer „Kampagne von SPD, Linkspartei und Grünen“ gegenüber.

Das Blatt hat zu dem Abwahlverfahren sechs Personen, darunter CDU-Ratsherr Gürsel Dogan und Linken-Vorstand Kenan Ilhan, befragt. Alle seien sich einig, dass Sauerland „den Türken freundlich gesinnt“ sei, auch wenn die Meinungen über ihn geteilt seien, schreibt die Zeitung.

In der „Hürriyet“ hatte Adolf Sauerland wenige Monate nach der Loveparade-Katastrophe auch erklärt, dass er „nach schlimmen Ereignissen ... Zuflucht und Trost bei den Türken, beim Fastenbrechen“ gefunden habe.

Über das Abwahlverfahren

Klaus Becker:
Klaus Becker: "Es ist nicht leicht zu beurteilen, ob das Abwahlverfahren falsch oder richtig ist. Das wäre zu einfach gedacht, da viele Initiatoren die Loveparade möglich gemacht haben. Es ist richtig, dass OB Sauerland im entscheidenden Augenblick viele Fehler gemacht hat, aber gilt nicht für den OB das gleiche Recht, wie für alle, „im Zweifelsfalle für den Angeklagten“? Ich habe kein Verständnis für die „Treibjagd auf den OB“. Man hat den Eindruck, dass eine kleine Anzahl Bürger ihren Willen durchsetzen will. Ich glaube nicht, dass das Abwahlverfahren Erfolg haben wird. Sauerland wurde mit großer Mehrheit gewählt." © WAZ FotoPool
Bärbel Trippelsdorf:
Bärbel Trippelsdorf: "Das Abwahlverfahren des Oberbürgermeisters sehe ich ambivalent: Natürlich hat er sich durch Missachtung der Vorsichtsmaßnahmen schuldig gemacht, aber nicht nur er alleine. Daher bin ich der Meinung, dass bei einem Abwahlverfahren nicht nur er, sondern alle für die Loveparade Verantwortlichen abgewählt und belangt werden müssten. Insofern brächte für mich persönlich eine Abwahl des OB keine Klarheit. Die kann nur das Ergebnis des langatmigen Strafverfahrens bringen. „Jetzt muss es mal gut sein“ ist eine verdrängende Devise, die im Interesse der vom Unglück betroffenen Opfer niemals greifen darf." © WAZ FotoPool
Serdar Bozkurt:
Serdar Bozkurt: "Man möchte, dass in der Stadt, in der man lebt, eine funktionierende Stadtverwaltung tätig ist. Der Eindruck zur Zeit hingegen ist Stagnation. Ich bin gewohnt, dass sowohl in der Wirtschaft, am Arbeitsplatz usw. nicht nur Pflichten, sondern auch Verantwortung übernommen werden muss. Deshalb bin ich der Meinung, dass der Oberbürgermeister keine Respektperson mehr ist. Nicht nur die einheimische, sondern auch die ausländische Presse sieht unsere Stadt kopflos. In einer Stadt mit fast einer halben Millionen Einwohner müssten 55.000 Unterschriften erreichbar sein. Für die zukünftige Generation, ist es auch wichtig, dass sie lernen, dass Verantwortung getragen werden muss." © WAZ FotoPool
Dirk R. Schuchardt:
Dirk R. Schuchardt: "Ich bin froh darüber, dass das Bürgerbegehren in Gang kommt. Es bietet dieser Stadt endlich die Chance auf Heilung, die wir alle dringend brauchen. Sicherlich trifft Sauerland keine persönliche Schuld. Als oberster Repräsentant der Stadt trägt er aber eine moralische Verantwortung für das Versagen des Apparates. Das Abwahlverfahren wird, nein muss (!) gelingen, ist es doch Ausdruck einer lebendigen Demokratie in Zeiten einer allseits propagierten Politikverdrossenheit. Auch die Mitarbeiter in der Stadtverwaltung warten darauf, dass es einen Neuanfang gibt und die Stadt aus ihrer Erstarrung gelöst wird." © WAZ FotoPool
Siegfried Schmidt:
Siegfried Schmidt: "Ich halte das Verfahren für unbedingt erforderlich, um den Duisburger Bürgern eine Plattform zu geben, sich zu dem unsäglichen Verhalten der Politik rund um den OB und der Verwaltungsspitze zu artikulieren und ein – möglichst nachhaltiges – Zeichen zu setzen. Ob das gewünschte Ergebnis zustande kommt, scheint mir indes im Moment zweifelhaft. 55.000 Bürger zu mobilisieren, wird nicht einfach sein. Wird die Stimmenzahl erreicht, ist das ein Signal an alle politischen Kräfte. Wird die Zahl verfehlt, wird das bürgerliche Lager mit Häme daher kommen. So gesehen könnte das OB-Abwahlverfahren tatsächlich eher schaden. Dieses Risiko muss aber um der Sache willen eingegangen werden." © WAZ FotoPool
Doris Stegemann:
Doris Stegemann: "Ich halte das Abwahlverhalten für richtig, da es den Bürgern dieser Stadt eine Möglichkeit bietet demokratisch ihre Meinung zu äußern und ihr Recht einzufordern! Die Initiative, die dies in Bewegung setzt , hat meinen Respekt und meine Solidarität. Ich bin optimistisch und glaube, dass es genug Unterschriften geben wird und dann auch mehr Klarheit und es hoffentlich endlich etwas bewegen wird! Persönlich ist Oberbürgermeister Adolf Sauerland nicht der „Schuldige“ für mich, aber in seiner Funktion als Chef unserer Stadtverwaltung, hat er die Verantwortung zu übernehmen und die daraus resultierenden Konsequenzen zu tragen!" © WAZ FotoPool
Elsa Cremers:
Elsa Cremers: "Der Mann muss seinen „Hut“ nehmen. Er trägt die politische und moralische Verantwortung. Auch wenn man ihm keine direkte Schuld zuweisen kann. In jedem Betrieb ist das so, wenn ein Mitarbeiter „Mist“ gebaut hat , trägt der Chef die Verantwortung. Da gibt es viele, viele Beispiele. Ich werde auf jeden Fall unterschreiben. Entschuldigen Sie Herr Sauerland, aber die Stadt braucht wieder Ruhe. Die Toten dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Aber was ist mit den Verletzten und den Traumatisierten und deren Angehörige? Auch Adolf Sauerland und die Familie hat Wunden davon getragen, oder? Das hätte so nicht sein müssen, wenn sofort reagiert worden wäre." © WAZ FotoPool
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