Duisburg. . Seit 2011 ist durch eine Änderung der Gemeindeordnung die Abwahl eines Oberbürgermeisters durch die Wähler möglich. Das Abwahlverfahren um Duisburgs OB Adolf Sauerland ist das erste Verfahren dieser Art. Alexander Slonka, Geschäftsführer des Landesverbandes Mehr Demokratie, kritisiert die Regeln.

Erstmals steht in NRW ein Oberbürgermeister vor einer Direktabwahl. Alexander Slonka, Geschäftsführer des Landesverbandes „Mehr Demokratie e.V.“ begrüßt die Änderung der Gemeindeordnung, die es seit 2011 möglich macht, dass Bürger ihren OB abwählen können.

Warum brauchen wir die Abwahlmöglichkeit?

Alexander Slonka: Wir finden diese Änderung logisch. Wer direkt gewählt wird, muss auch wieder abgewählt werden können. Die Staatsgewalt geht in unserem Land jederzeit vom Volke aus - somit muss sie gewählten Vertretern auch wieder entziehbar sein. Und ob die Bürger Zweifel am gewählten Bürgermeister haben, können oft nur die Bürger selbst entscheiden. Das bisherige Verfahren, eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Rat zur Einleitung einer Abwahl, war da einfach nicht ausreichend. Gut, dass das jetzt auch per Bürgerbegehren geht.

In NRW hat es zuvor drei – durch die Stadträte eingebrachte – Abwahlverfahren gegeben. . .

Slonka: Die bisherigen Abwahlverfahren in Ennigerlohe, Meckenheim und Nideggen sind im Vergleich zu Duisburg nahezu geräuschlos abgelaufen. Natürlich hat es innerhalb der Stadtgrenzen heiße Debatten gegeben, die zweimal zur Abwahl des amtierenden Bürgermeisters geführt haben. Überregional hat das aber kaum jemand mitbekommen. Im Fall Duisburg ist das völlig anders. Die schrecklichen Ereignisse bei der Loveparade haben dafür gesorgt, dass dieses Abwahlverfahren bundesweit in den Medien ist.

Die Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen liegt meist unter 50 Prozent. „Politikverdrossenheit“ ist dann häufig das diskutierte Schlagwort. Gilt für direkte Abwahlverfahren eine andere Ausgangssituation?

Slonka: Es gibt viele Gründe, nicht zu einer Wahl zu gehen. Politiker- und Parteienverdrossenheit ist einer davon. Letztlich ist die Wahlbeteiligung bei einer Wahl ins Amt aber egal – die Gewählten sind gewählt, die geringe Wahlbeteiligung meist schnell vergessen. Die Ausgangssituation bei der Abwahl ist eine andere, weil ein Zustimmungsquorum von 25 Prozent gilt. Das heißt: 25 Prozent der Wahlberechtigten müssen hingehen und mit Ja für die Abwahl stimmen; sonst ist der Abwahlentscheid ungültig. Wir sehen dieses hohe Quorum sehr kritisch, weil es dazu führt, dass die Gegner einer Abwahl nicht mit voller Kraft in den Abstimmungskampf einsteigen müssen. Wahlenthaltung wird als Nein gewertet; dabei sollten in einer Demokratie doch diejenigen entscheiden, die sich beteiligen und nicht die, die auf der Couch sitzen bleiben.

In Duisburg spielen viele Emotionen mit, wenn es um Adolf Sauerland geht. Spielt das eine Rolle, was die Wahlbeteiligung angeht?

Slonka: Bei Bürgerentscheiden ist es häufig schwierig, Menschen zur Abstimmung zu bewegen, weil das Thema der Abstimmung nicht ihren Stadtteil betrifft und damit die emotionale Betroffenheit fehlt. Dies wird bei der Abwahl in Duisburg nicht der Fall sein. Der Abwahlkampf wird, das zeigen die Vorwürfe, sehr emotional geführt und ich erwarte eine hohe Wahlbeteiligung.

Was passiert mit Bürgerinitiativen wie der in Duisburg, wenn die Wahl für sie am Ende negativ ausgeht?

Slonka: Bei früheren Abstimmungen in Nordrhein-Westfalen wurde es eigentlich immer akzeptiert, wenn sich die Mehrheit der Bürger gegen ein Begehren ausgesprochen hat. Ich bin mir sicher, dass das auch in Duisburg der Fall sein würde. Problematisch wird es nur, wenn sich beim Entscheid eine deutliche Mehrheit für die Abwahl von Herrn Sauerland ausspricht, die Abwahl aber am Quorum scheitert. Die Gräben wären dann wohl noch tiefer als zuvor. Deshalb wünsche ich Duisburg vor allen Dingen eins: ein klares und unmissverständliches Ergebnis beim Abwahlentscheid im Februar.