Duisburg. .
Wenn sich Edith und Andreas Wiencek aus Walsum derzeit im Fernsehen die Spiele des deutschen Handball-Nationalteams bei der Europameisterschaft in Serbien anschauen, fiebern sie mit einer Mischung aus Begeisterung und Nervosität mit. Kein Wunder, ihr Sohn Patrick Wiencek gehört zum Aufgebot von Bundestrainer Martin Heuberger. Das feierte beim 24:23 am Dienstagabend in Nis gegen Mazedonien den ersten Turniersieg. Dabei erzielte Wiencek zwei ganz wichtige Tore zum 21:21-und zum 23:23-Ausgleich kurz vor Schluss. Das kollektive Daumendrücken der Familie in der Heimat hat also geholfen.
„Es ist schon komisch, wenn plötzlich der eigene Sohn im Fernsehen zu sehen ist“, gesteht Edith Wiencek. Aber inzwischen haben sie und Ehemann Andreas sich daran gewöhnt. Ihr 22-jähriger Sohn spielt ja nicht nur als Kreisläufer und Deckungs-Spezialist in der 1. Bundesliga beim Traditionsklub VfL Gummersbach, sondern er hat sich nun sogar im elitären Kreis der Nationalmannschaft etabliert. Und bei solch großem sportlichen Erfolg ist der nächste Karriereschritt fast logische Konsequenz. Es wird aber ein gewaltiger sein: Denn ab Sommer wechselt der baumlange Blonde in den hohen Norden, zum großen THW Kiel. Das ist seit Jahren einer der besten und erfolgreichsten Handballvereine der Welt. „Für Patrick geht damit ein Traum in Erfüllung“, weiß die Mutter.
Im Erstliga-Alltag in Gummersbach am Ball
Doch das alles ist Zukunftsmusik. Jetzt zählt erst einmal nur die EM. Und alle Familienmitglieder zittern und bangen mit. Neben den Eltern sind das natürlich Patricks jüngere Brüder Dennis und David. Letzterer spielt übrigens auch Handball. Wie der große Bruder in Gummersbach. Jedoch nicht im Herrenteam, sondern in der A-Jugend. Auch alle Omas, Onkel und Tanten fiebern mit ihrem Patrick. Und damit auch der Beistand von oben garantiert ist, hat Wienceks in einem polnischen Dorf lebende Ur-Oma Lidia (94) sogar ein Stoßgebet gen Himmel geschickt. Hoffentlich hilft’s.
Und wie ist der Sohn zum Handballer geworden? „Als Kind hatte Patrick sooo viel Energie. Er konnte keine fünf Minuten still am Tisch sitzen. Da haben wir ihn erst ein Jahr zum Taekwondo geschickt. Und dann zum Handball“, erzählt Mutter Edith. Vater Andreas ergänzt: „Mein Bruder hat damals eine Jugendmannschaft beim MSV Duisburg trainiert. Da hat Patrick angefangen.“ Dass er einmal ein so erfolgreicher Profi-Sportler würde, sei nie geplant gewesen. „Er war aber schon immer ehrgeizig und diszipliniert, hat für seinen Sport gelebt“, sagt der Vater, der als Maurer bei Thyssen Krupp Steel arbeitet. „Wenn die Kumpels in der Disco waren, hat Patrick sich aufs nächste Spiel vorbereitet.“
Doch neben der professionellen Einstellung ist für den 2,01-m-Hünen die familiäre Bindung und Unterstützung mindestens ebenso wichtig. „Wenn es der Spielplan irgendwie zulässt, kommt er regelmäßig die 117 Kilometer aus Gummersbach nach Hause. Die Familie ist für ihn die Nummer eins“, sagt die Mutter, die im WAZ-Druckhaus in Essen beschäftigt ist. Und wenn er daheim in Walsum ist, soll der Handball möglichst gar kein großes Gesprächsthema sein. „Es ist wichtig, dass er hier zur Ruhe und mal auf andere Gedanken kommt. Auf die Abstiegssorgen mit Gummersbach sprechen ihn schon genug Leute an.“
DHB-Team gewinnt Krimi
„Die Familie ist fürihn die Nummer eins“
In der Nachbarschaft der Wienceks weiß auch jeder von dem bekannten Handballspieler. „Als Patrick 2009 mit dem deutschen Junioren-Nationalteam Weltmeister geworden ist, da haben wir mit den Leuten aus der ganzen Straße bei seiner Rückkehr zur Begrüßung Plakate über die Fahrbahn gespannt“, erinnert sich Mutter Edith. Und genau wie Vater Andreas hofft sie nun, dass der Sohnemann bei dieser EM den nächsten Schritt auf dem Weg in den Handball-Olymp schafft. Das wäre die Qualifikation für Olympischen Sommerspiele in London. Ein Traum, den Patrick vorerst weiterträumen darf.