14 Jahre war Heiner Brand Bundestrainer der deutschen Handball-Nationalmannschaft. Nach der verpatzten WM in Schweden, bei der die deutsche Mannschaft als Titelfavorit ins Rennen ging, das Turnier aber nur auf Platz 11 beendete, trat Brand in diesem Jahr als Nationaltrainer zurück.

Den Schnauzbart hat sich Heiner Brand mal abrasiert, als er eine Wette verloren hatte. Da hatte die deutsche Handball-Nationalmannschaft unter Trainer Brand einen internationalen Titel gewonnen. Brand sah ungewohnt nackt im Gesicht aus, aber das tat der Lebensfreude der rheinischen Frohnatur keinen Abbruch.

Anfang 2011 freilich bleibt der Bart dran. Grau hängt er auf Halbmast, als Heiner Brand am 27. Januar einen der schlimmsten Abende seiner Trainerkarriere erlebt.

Da spielt nämlich sein Team bei der Weltmeisterschaft im schwedischen Kristianstad um den elften Platz. Gegner ist Argentinien. Gerade mal tausend Zuschauer langweilen sich auf den Rängen.

Nach Hause fliegen - und dann von vorne anfangen

Das muss sich einer mal vorstellen! Die Deutschen - vor dem Turnier zum erweiterten Kreis der Titelfavoriten gezählt - balgen sich mit den Gauchos um den Ball. Sie müssen sich durch zwei Verlängerungen plagen. Gewinnen dann - vor allem, weil Uwe Gensheimer und Holger Glandorf jeweils neunmal treffen - mit 40:35 und schleichen als "Schandballer" des Turniers ("Bild"-Zeitung) in die Kabine. Die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2012 in London haben sie verpasst, sie haben schlecht gespielt, irgendwann haben sie einfach aufgegeben.

Und Heiner Brand? Er hat am Rand gewütet und getobt. Er hat seinen Spielern in den Hintern getreten und versucht, ihnen die Seele zu massieren. Er hat tapfer nach Gründen und Begründungen fürs Scheitern in Schweden geforscht. Genützt hat es nichts. Nun, nach dem letzten Match gegen Argentinien, steht er verloren in der Halle und ringt um Fassung. Er weiß: Nachkarten bringt jetzt gar nichts. Man wird nach Hause fliegen, jeder wird seine Wunden lecken - und dann muss man von vorne anfangen.

Heiner Brand hat in seiner aktiven Zeit als Kreisläufer - sechsmal Deutscher Meister, viermal Pokalsieger, je zweimal Europapokalsieger der Landesmeister und Pokalsieger, Weltmeister - gelernt, wie man viel einsteckt und doch nie aufsteckt. Also lässt er nach den bitteren Wochen von Schweden eine Zeit ins Land gehen - dann sammelt er die besten Spieler des Landes um sich und führt sie zur Europameisterschaft im Januar 2012. Dort kann sich die Mannschaft immer noch für Olympia qualifizieren.

Danach quittiert der erfolgreichste Handballtrainer der Nation - Europameister 2004, Olympia-Silber in Athen, Weltmeister 2007 im eigenen Land - den Dienst, zum 30. Juni 2011. Er bleibt aber als Manager beim Verband.

Bundestrainer Brand fehlte die Unterstützung

Leidenschaftlich sucht Brand weiter nach Fehlern und Ursachen für Schwächen - nur so, das weiß er, lässt sich der Weg aus der Malaise finden.

Zwar gilt die Bundesliga als eine der besten Spielklassen der Welt - doch dem Nationaltrainer bringt das gar nichts. "Die dauernde mangelnde Unterstützung hat bei mir Narben hinterlassen. Sie nimmt dem Nationaltrainer immer wieder die Freude an der Arbeit."

Auch das Standing der Nationalspieler, sagt Brand, lasse zu wünschen übrig: "In anderen Nationen wird den jungen Spielern gesagt, dass sie stolz sein müssen, in der Nationalmannschaft zu spielen. Bei uns wird ihnen gesagt, dass sie aufpassen sollen, dass sie sich nicht verletzen."

Und da sind dann noch die "kritischen" Begleiter, die dem deutschen Coach den Job schon mal vermiesen können. Brand über die Besserwisser im Dunstkreis der deutschen Sieben: "Es waren ihre Kommentare und ihre Einmischung, die meinen Rücktritts-Entschluss endgültig haben reifen lassen. Die Arbeit mit der Mannschaft hat immer großen Spaß gemacht. Die externen Störfeuer schon lange nicht mehr."

Als Manager und Berater will Heiner Brand nun dafür sorgen, dass die "Störfeuer" seine Nachfolger Heine Jensen und Martin Heuberger nicht zu sehr behelligen.

Zweikampf mit lästigen Besserwissern - das ist eine Rolle, die ihm behagt. Da bürstet Heiner Brand den Bart auf Krawall - und greift an. Das Motto kennt er gut: Ran an den Mann!