Duisburg. . In Duisburg sind 250 Klassen mit mindestens 30 Schülern besetzt. Künftige Sekundarschulen sehen das Ideal bei maximal 25 Schülern.
Duisburgs Experten sind mindestens überrascht, wenn sie mit den Ergebnissen der Kleinen Anfrage des FDP-Landtagsabgeordneten Holger Ellerbrock konfrontiert werden. Der hatte die Landesregierung um eine detaillierte Darstellung der Unterrichtsbedingungen an Duisburger Schulen gebeten. Und dabei stellte sich heraus, dass im Schuljahr 2010/11 in 89 Gesamtschul- und 55 Gymnasialen Klassen mindestens 30 Schüler saßen. Über alle Schulformen hinweg sind es sogar 250 Klassen. Insgesamt zählte Duisburg in Primarstufe und Sekundarstufe I im letzten Schuljahr 1833 Klassen.
Die Landesregierung betont, dass „die individuelle Förderung eines jeden Schülers zukünftig noch stärker zum Leitgedanken der Bildungspolitik werden sollte“, und deshalb sollte „mittelfristig keine Klasse mehr eingerichtet werden, die mehr als 25 Schüler hat“.
Gesamtschulen staunen
Daran wird sich auch die künftige Sekundarschule orientieren. An Gesamtschulen gilt derzeit eine Klassenfrequenz von 27 bis 29 Schülern. Über die Menge der Klassen, die diese Zahl deutlich überschreiten, kann Albert Bruckwilder, Schulformsprecher der Gesamtschulen und Leiter der Gesamtschule Walsum, nur staunen. „Wir orientieren uns am Durchschnittswert von 28 Schülern. Zwei oder drei Ausreißer zählt er in seinem Haus. Und in der Oberstufe mit den diversen Kurswünschen „nehmen es Schüler in Kauf, der 31. zu sein. Das Personal reicht nicht aus, um solche Kurse zu halbieren“, bedauert der Lehrer. Abgesehen von den Platzproblemen, die sich dadurch wieder ergeben würden.
Aus eigener Anschauung weiß er allerdings, dass diese Menge Mensch eine echte Herausforderung ist. „Als ich 1974 angefangen habe, waren in meiner ersten Klasse 34 Kinder. Aber die waren wesentlich einfacher, motivierter, nicht so abgelenkt durch Handy und Internet“, erzählt Bruckwilder. Heute seien Schüler durch die „mediale Verseuchung immer pflegeintensiver“, auch die Elternhäuser stünden in der Mehrzahl nicht mehr hinter den Kindern, unterstützten nicht bei Hausaufgaben.
Bildungsholding überrascht
Überrascht von der Menge der Klassen zeigt sich auch Reinhard Wolf vom Referat Schulbetrieb und Verwaltungs-Service der Bildungsholding. Insgesamt liege der Klassenschnitt an Gesamtschulen bei 27,3 Kindern. Allerdings habe es auch schon höhere Werte gegeben: 29,9 an Gymnasien im Schuljahr 2009/10. Die früheren Sorgenkinder Grundschulen hätten sich inzwischen auf einem Wert von 22,3 Schüler pro Klasse eingependelt.
2013 soll ein neues Schulgesetz in Kraft treten, nach dem Kommunen Klassen nur noch nach einer bestimmten Formel gründen dürfen. Gerechnet wird mit 23 Schülern pro Klasse plus Anpassungen für den ländlichen Raum oder Großstädte. Im laufenden Schuljahr starteten die I-Dötzchen in 200 Klassen, nach der neuen Formel wären es nur 185 gewesen. Für das kommende Schuljahr sind 3862 Kinder gemeldet, 100 Anmeldungen stehen noch aus und werden angemahnt. Für sie sollen 171 Klassen geschaffen werden, nach der neuen Regel wären es 167.
Unabhängig davon, ob es jetzt vier Klassen mehr oder weniger sind: Der Trend geht nach unten, jedes Jahr werden weniger Kinder angemeldet. Und die logische Folge ist, dass bei geringeren Klassenstärken irgendwann erneut die Zügigkeit der Schulen verringert wird, was dann wiederum Auswirkungen auf die Klassenstärken haben wird.
Umfassendes Handlungskonzept nötig
Sylvia Löhrmann, die Ministerin für Schule und Weiterbildung erklärt als Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage, dass ein umfassendes Handlungskonzept notwendig sei, das „die zukünftige Unterrichtsversorgung an den Schulen der Stadt Duisburg sowie landesweit auf einem hohen Standard absichert, damit struktureller Unterrichtsausfall und fachfremde Unterrichtserteilung möglichst schnell der Vergangenheit angehören.“ Die Klagen über schlechte Unterrichtsbedingungen seien wenig verwunderlich, „angesichts des hohen Altersdurchschnitts vieler Lehrerkollegien und der damit verbundenen beträchtlichen Frühpensionierungsrate aufgrund von steigender Arbeitsbelastung mit häufigen schulischen Änderungen“.