Duisburg. .
Als „Wilhelm Rüsen junior“ steht der Chef in der Firmenchronik, ein verschmitztes Lächeln kann sich der 84-Jährige nicht verkneifen. Sein Verweis auf den Senior, seinen Vater, ist schon ein Einstieg in eine eindrucksvolle Unternehmensgeschichte: 125 Jahre Möbel Rüsen.
Als Tischlerei und Sarglager begann die Firma 1886, damals und noch lange danach keine außergewöhnliche Kombination. Wilhelm Rüsen, wohlgemerkt der Senior und Tischlermeister, bestimmt ab 1926 die Geschicke des kleinen Meidericher Handwerksbetriebes, der 1943 ein Raub des Bombenkrieges wird. 1948 kommt der Senior aus der Kriegsgefangenschaft, weiter geht’s als Schreinerei und Möbelhandel. „Nach dem Krieg gab es einen enormen Bedarf“, blickt Rüsen junior zurück. Über 500 Firmen boten Möbel an in Duisburg, eine gute Handvoll sind geblieben. Doch zunächst standen die Zeichen auf Wirtschaftswunder. Bei Rüsen hieß das: Erweiterung in Meiderich (1951), Neubau am Sonnenwall (1954), Anmietung in Hamborn (1956), Neubau des Möbelgroßhandels Kaiser an der Oberen Kaiserswerther Straße, dem heutigen Duisburger Standort (1959). Rüsen: „Wir haben die Gunst der Stunde genutzt und expandiert.“
Nicht nur auf Duisburg beschränkt
Und das bleibt nicht auf Duisburg beschränkt. Kaufkräftige Kunden zieht es in den 70ern übern Rhein ins grüne Umland, Rüsen will den Häuslebauern mit Möbeln gerne zu Diensten stehen. Nachdem man 1971 ein Zentrallager auf ehemaligem Zechengelände in Neumühl errichtet hatte, wird 1976 eine Filiale in Neukirchen-Vluyn eröffnet, 1982 steht bereits eine Erweiterung an.
Inzwischen war die nächste Generation im Geschäft, darunter Wilhelm Rüsen junior, gelernter Maurer, studierter Architekt, der sich nicht nur um Möbel kümmert, sondern auch um das Möbelhaus: „Die ganzen Gebäude sind von mir gezeichnet und gebaut worden.“ 25.000 Quadratmeter Verkaufsflächen hat Duisburgs größter Möbelhändler derzeit, rund 50 Mitarbeiter werden beschäftigt, davon 30 in Duisburg, wo man sich im Laufe der Jahre auf den Standort im Süden konzentriert hatte: „Es wurde von den Kunden eine größere Auswahl verlangt.“ Die anderen Häuser waren zu klein geworden.
Das Angebot an Möbeln für alle Lebenslagen beschreibt Rüsen so: „Wir verkaufen die große Mitte.“ Und dazu gebe es echten Kundendienst, ergänzt Geschäftsführer Michael Wildenau: „Service wird heute groß geschrieben.“
"Ich mach mich da nicht verrückt"
125 Jahre Rüsen sind geschafft, die Zukunft wird möglicherweise den Möbelhandel in Duisburg umkrempeln. Mit Höffner (Krieger) und Ostermann planen zwei Riesen der Einrichtungsbranche ausgedehnte Möbelzentren am Hauptbahnhof und in Meiderich.
„Das macht uns natürlich gedanklich zu schaffen“, sagt Wilhelm Rüsen. „Wir müssen im Tagesgeschäft immer gut sein“, zeigt Wildenau Selbstbewusstsein: „Ich mach mich da nicht verrückt. Man darf in dieser Branche nicht schlafen.“ Die ganz großen Einrichtungshäuser seien für viele Kunden auch zu anonym, individueller Service bleibe gefragt.
Und gegebenenfalls, so Rüsen, werde man sich „auf die wesentlichen Artikel konzentrieren“. Dass das Unternehmen flexibel reagieren kann, hat es schließlich mehrfach bewiesen in den letzten 125 Jahren.