Duisburg. . Kerstin Just, Assistenzärztin am Klinikum Duisburg, wurde auf den Philippinen von der Flutwelle überrascht.

Der Tod kam ohne Vorwarnung. In der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember zog der Tropensturm „Washi“ über die Philippinen und brachte unvorstellbare Regenmassen mit, die viele Menschen im Schlaf überraschten. Mehr als zwölf Stunden dauerten die Regenfälle an, verwandelten mehrere Flüsse in reißende Fluten und richteten verheerende Schäden an. Mindestens 440 Menschen wurden direkt am ersten Tag getötet. Kurz vor Weihnachten erklärte die Regierung in Manila, dass trotz der bis dahin geborgenen 1080 Todesopfer noch mindestens weitere 1079 Menschen vermisst würden, deren Tod als sehr wahrscheinlich gelte. Es stand allerdings noch nicht fest, wie viele der Vermissten unter den noch nicht identifizierten Totesopfern der Flutkatastrophe sind.

Am stärksten von den Sturzfluten und Erdrutschen betroffen, waren die Hafenstädte Cagayan de Oro und Iligan. Genau in diesem Zentrum der Verwüstung auf der Philippinischen Insel Mindanao, in Cagayan de Oro, befindet sich zur Zeit Dr. Kerstin Just, Assistenzärztin am Klinikum Duisburg. Sie wollte vor ihrem Stellenantritt in Duisburg noch mit der gemeinnützigen Organisation „Ärzte für die Dritte Welt“ einen Hilfseinsatz in einem Slum in Cagayan de Oro leisten und geriet mitten in die Katastrophe. Von dort hat eine Reihe von erschütternden Fotos gemailt mit der Bitte um Spenden für die Arbeit, die die Ärzte dort unter schwersten Bedingungen leisten. Die Slum-Ambulanz ist quasi im Schlamm versunken und die drei Ärzte am Ort arbeiten jetzt im staatlichen Krankenhaus des Ortes rund um die Uhr.

Suche im Schlamm

Kerstin Just schrieb am 18. Dezember aus Cagayan de Oro: „Vor wenigen Stunden sind wir, eine deutsche Kinderärztin, ein Schweizer und ein deutscher Allgemeinmediziner, nach etwa vierstündiger Busfahrt von der Kleinstadt Valencia (Provinz Bukidnon auf der Insel Mindanao/Philippinen) in Cagayan de Oro eingetroffen.

Bei der Fahrt durch die 600.000 Einwohner zählende Stadt am Südchinesischen Meer hat man den Eindruck, dass das Leben pulsiert, als wenn die Menschen nicht gerade zwei Tage vorher die bisher wohl größte Katastrophe die Hafenstadt getroffen hätte. Nur gelegentlich sehen wir, wie die Menschen Schlamm aus Haus und Höfen schaffen, und es steht auffällig viel Müll vor den Häusern.

Hilfe für Cagayan de Oro

Wer die Arbeit von Kerstin Just und ihren Kollegen in Cagayan de Oro finanziell unterstützen möchte, kann das über folgendes Spendenkonto tun: Ärzte für die 3. Welt, Frankfurt/Main, Evang. Kreditgenossenschaft Frankfurt, BLZ 520 604 10, Konto-Nummer 4888 880, Verwendungszweck: „Flutkatastrophe Mindanao“.

Beim Gang über die große Verkehrsbrücke am Cagayan-de-Oro-River im Zentrum der Stadt zeigt sich erst das ganze Ausmaß der Zerstörung. Es war nicht der Taifun „Washi“ direkt, der das Unglück verursachte, sondern eine 10 Meter hohe Flutwelle, die die Menschen im Schlaf überraschte und ihre aus Holz oder Bambus gebauten und am Fluss stehenden Hütten und einfachen Häuser zum Einsturz brachte und mit sich riss.

Der gewaltige Strom hat eine teilweise über 100 Meter breite Schneise gerissen. Palmen sind geknickt, Menschen waten durch die tiefe Schlammschicht und suchen nach Brauchbarem: Teile von Wellblechdächern, Haushaltsgegenstände, Fahrräder. Sie sortieren gelassen diese Reste ihrer ganzen materiellen Existenz, denn es sind fast ausschließlich die Armen dieser Stadt, die die Katastrophe getroffen hat.

Kostenlose Behandlung für die Armen

Diese Menschen wirken fast irreal in ihrer Vereinzelung inmitten einer Wüste der Zerstörung, während über ihnen auf der breiten Brücke der Verkehrsstrom fließt und sich die Stadt sichtbar auf Weihnachten eingestellt hat.

Die Fluten haben in Cagayan alles mit sich gerissen
Die Fluten haben in Cagayan alles mit sich gerissen

Schätzungen hier gehen von über 500 Toten und einigen 100 Vermissten aus. Die humanitäre Organisation „Ärzte für die 3. Welt“ (Ä3W), für die wir drei hier arbeiten, unterhält in Cagayan de Oro ein Krankenhaus, das den Armen eine kostenlose Behandlung ermöglicht. Sofort nach der Flutkatastrophe erfolgte ihre Hilfe (z.B. durch Lieferung von Trinkwasser und Medikamenten). Auch in der Ärzteunterkunft gibt es bis auf weiteres kein fließendes Wasser. In den nächsten Tagen ist mit einem größeren Andrang im Krankenhaus zu rechnen: Menschen mit vernachlässigten Wunden, Knochenbrüchen; aber auch mit durch die Obdachlosigkeit und mangelnde Hygiene verursachte Durchfallerkrankungen; aus gleichem Grund werden Kleinkinder mit Lungenentzündung zu behandeln sein.

Wir drei wurden von der Nachricht der Katastrophe überrascht und sind tief betroffen über das Schicksal der Opfer. Wir werden deshalb – abweichend von unseren ursprünglichen Aufgaben - verstärkt im Krankenhaus der „German Doctors“ in Cagayan de Oro, sowie in den Fluechtlingslagern eingesetzt werden. Auch die philippinischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind teilweise von dem Unglück betroffen oder haben unter ihren Verwandten Tote zu beklagen.“