Adolf Sauerland und die CDU haben den (Ab-)Wahlkampf eingeläutet: Vor der CDU-Mittelstandsvereinigung ging der umstrittene OB in die Offensive. Er warnte vor der Rückkehr „zu alten sozialistischen Zeiten“ im Falle seiner Abwahl. Den Medien warf er eine Kampagne und „Scheiß-Journalismus“ vor.
Auf der Sondersitzung des Duisburger Stadtrates am Donnerstag, auf späte 18 Uhr angesetzt, wird aller Wahrscheinlichkeit nach das Abwahlverfahren gegen Oberbürgermeister Adolf Sauerland eingeleitet. Als Wahltermin gilt Sonntag, 12. Februar 2012. Bislang schwieg Sauerland zu dem Abwahlverfahren – vor der CDU-Mittelstandsvereinigung MIT machte er Dienstagabend allerdings klar, was er von der Abwahlinitiative gegen ihn hält: nichts. Der OB-(Ab-)Wahlkampf hat begonnen.
Ob er denn bei seiner Rede bei der CDU-Mittelstandsvereinigung am Dienstag seinen Rücktritt erklären wollte, hatten Medien im Vorfeld nachfragen lassen. Von wegen: Zwei Tage vor dem Ratsentscheid gaben Sauerland und die CDU die Marschrichtung vor: Angriff ist die beste Verteidigung.
„Ich traue mich überall hin“
Vor dem schmackhaften Gänsebraten vom neuen Wirt des Amateur-Schwimm-Clubs deutete Mittelstands-Unions-Chef Benno Lensdorf schon an, wo’s lang geht: „Wir werden die kommenden Wochen der Entscheidung zusammen gehen, komme was da wolle. Wir stehen zu Adolf Sauerland“, sagte der CDU-Bürgermeister. Wehren will sich die CDU, den als „Etikettenschwindel“ gegeißelten Neuanfang verhindern. Rot-Rot sei der Gegner, auch die „leider sehr links stehende FDP“; mit Samthandschuhen geht’s gegen die Grünen. „Ab heute wehren wir uns“, so Lensdorf.
Nach dem Braten und der genüsslich verspeisten dunkelroten Grütze spricht Sauerland. „Ich traue mich überall hin. Das ist meine fünfte Rede heute“, sagt er. Und lässt ein Foto durch die Reihen gehen, das belegen soll, dass es reine Pressekampagne sei, dass ihn Bundespräsident Wulff im September 2010 beim Fototermin im Landschaftspark beim Mahler-Konzert der „Sinfonie der Tausend“ mit Distanz bestrafte: Nur wegen eines geschlossenen Regenschirmes habe er im Abseits gestanden. Überhaupt: Einseitige Medien zeichneten ein völlig verzerrtes Bild, setzten Triller-Pfeifer bei seinen öffentlichen Auftritten gezielt in Szene. Unter Bravo-Rufen lässt Sauerland gar das Wort vom „Scheiß-Journalismus“ fallen.
Rückkehr zu „alten sozialistischen Zeiten“
Streit um Ungültigkeit
Im Streit um die ungültigen Unterschriften zur OB-Abwahl, der sich wegen der geplatzten Akteneinsicht am Dienstag nicht bis zur Ratssitzung klären lässt, beantragen SPD, Linke und Grünen für die Sondersitzung am Donnerstagabend, dass das Abwahlverfahren eingeleitet wird, ohne dass der Rat die ungültigen Stimmen anerkennt. Er will sich weitere Prüfungen der abgelehnten Unterschriften vorbehalten.
Sauerland macht klar, was sein Kurs, die Strategie der CDU in den kommenden Wochen bis zum Bürgerentscheid sein wird: Nicht um die Person des Oberbürgermeisters, um die Opfer der Loveparade gehe es der Unterschriften-Initiative, sondern um die Rückkehr zu „alten sozialistischen Zeiten“, als „auch der Erste an der Mülltonne ein Parteibuch haben musste“.
„Agonie“ vor 2004, „Untergang“ unter roter Macht bei seiner Abwahl: Diese Bilder zeichnet Sauerland. Er zählt auf, was Duisburg unter seiner Führung schaffte: die Innenstadt, die neue Mercatorhalle, das Forum, die vielen Maßnahmen in den Stadtteilen. Unter SPD-Zeiten seien „kommunale Gelder versemmelt“ worden, jetzt klopften Investoren in Duisburg an. Sauerland gibt sich robust wie die Wasserballer des ASCD. Wahlkampf und Wasserball, da wird nicht mit Wattebäuschchen geworfen: „Wir müssen allen Bürgern klar machen, dass Rot-Rot nicht das Kreuz hat, Politik zu machen, sich den Aufgaben zu stellen.“ Perspektivlosigkeit und Mutlosigkeit kennzeichneten die Politik der rot-rot-grünen Ratsmehrheit seit 2009.
Unterstellungen zu Privatleben „nicht mehr gefallen“ lassen
Nur einmal wird Sauerland nachdenklicher: „Was am 24. Juli passierte, wollte keiner. Auch nicht, was danach kam“, sagt er zur Loveparade-Katastrophe. Und ergänzt: „Man verhält sich in Ausnahmesituationen manchmal nicht so, wie man sich normalerweise verhält.“ Im gleichen Atemzug fast sieht er die „Schamgrenze „überschritten“, will er sich Unterstellung zu seinem Privatleben „nicht mehr gefallen“ lassen.
Applaus bis zum Stakkato erntet Sauerland aus den augenscheinlich fest geschlossenen Parteireihen. „Wir werden ab heute kämpfen. Die Zeit des Schweigens ist vorbei“, entlässt Lensdorf die Partei – in den Wahlkampf.