Duisburg. .
79.193 – diese Zahl dürfte in die Duisburger Stadtgeschichte eingehen, denn so viele Unterschriften wurden in 17 Aktenordnern von der Bürgerinitiative „Neuanfang für Duisburg“ dem Rat überreicht.
Sollten alle Unterschriften gültig sein, wären das rund 5000 mehr als Sauerland-Wähler bei der OB-Wahl 2009. Ob das in der Gemeindeordnung festgelegte Quorum von rund 55.000 wahlberechtigten Duisburgern tatsächlich erreicht ist, wird ab Dienstag von der Verwaltung geprüft.
Es war wieder ein großer Medienauflauf. Schon bei der Pressekonferenz der Bürgerinitiative im Café Museum herrschte Gedränge, als Werner Hüsken, Theo Steegmann und Harald Jochums die Zahl der Unterschriften bekannt gaben, die bis zur Übergabe zwei Stunden später noch einmal um 50 anwuchs, weil Listen nachgereicht wurden.
So geht es weiter
Die Verwaltung wird nun alle Unterschriften mit dem Melderegister abgleichen. Voraussetzung für ihre Gültigkeit ist laut Gemeindeordnung, dass die Unterzeichner in Duisburg zum Zeitpunkt der Unterschrift wahlberechtigt sind. Da für die Kommunalwahl eine andere Altersgrenze gilt, durften auch 16-Jährige unterschreiben. Strittig ist noch, ob fehlende Hausnummern von vorn herein die Unterschrift ungültig machen.
Bedingung für die Einleitung des Abwahlverfahrens ist ein Quorum von mindestens 15 % der Wahlberechtigten. Es liegt bei etwa 55 000. Ist die Zahl erreicht, muss der Rat in der Dezember-Sitzung den Beschluss fassen, die Abwahl einzuleiten und einen Wahltermin festlegen.
Ab diesem Tag bleibt dem Oberbürgermeister eine Frist von sieben Tagen, in denen er seinen Verzicht auf das Amt erklären kann. Lässt er sie verstreichen, wird die Abwahl durchgeführt. Für die Abwahl gilt laut Gesetz die Kommunalwahlordnung. Dementsprechend müssten eine ausreichende Zahl an Wahllokalen geöffnet und auch Briefwahl ermöglicht werden. Stimmen dann mehr als rund 92 000 Wähler gegen Adolf Sauerland, scheidet er am Tag der Feststellung dieser Zahl durch den Wahlausschuss aus dem Amt.
Im Café Museum trafen sich die Mitglieder der Bürgerinitiative auch am Abend, um den Erfolg der Aktion zu feiern. Wohl kaum einer hätte das vor vier Monaten gedacht als man sich zum ersten Mal in einem anderen Café getroffen hatte: In dem der Kirche der Evangelischen Kreuzeskirche in Marxloh. Gehofft hatten sie alle, dass sie die erforderliche Zahl erreichen. Doch mit diesem Erfolg hatte man damals kaum gerechnet.
„Ruhe. Durchatmen. Und ein erfolgreiches Abwahlverfahren“
Zu den Unterschriftensammlern der ersten Stunde gehörten Axel Krause und Monika Ayed, die schon bei der Aktion vor einem Jahr dabei war. Damals waren in wenigen Wochen rund 10.0 00 Unterschriften zusammengekommen. Und jetzt so ein Ergebnis.
Axel Krause wird sich ab Dienstag wieder seinen Kunden mehr widmen können als in den vergangenen vier Monaten. Der selbstständige Grafik-Designer hatte seine Kunden darüber informiert, dass er sich engagieren werde, um Unterschriften zu sammeln. Dass dies bei dem verregneten Sommer nicht immer Spaß gemacht hat, kann man sich denken. Seine Wunsch jetzt: Ruhe. Durchatmen. Und natürlich ein erfolgreiches Abwahlverfahren.
Monika Ayed nutzte auf der Pressekonferenz die Gunst der Stunde, um auch Stadtdirektor Peter Greulich etwas ins Stammbuch zu schreiben, der geglaubt hatte, die Duisburger seien zu träge für eine derartige Aktion: „Wer so eine Meinung von seinen Bürgern hat, gehört vom Platz gestellt.“
Vor Eintritt in die Tagesordnung hatte der Rat den Vertretern der Bürgerinitiative Rederecht eingeräumt. Und sie unterstrichen dort noch einmal, was sie zwei Stunden zuvor auf der Pressekonferenz erklärt hatten: Werner Hüsken bewertete die Zahl von knapp 80 000 als „Unterschriften gegen eine politisch und moralisch verantwortungslose Politik unserer Verwaltungsspitze.“ Adolf Sauerland habe dem Ansehen Duisburgs einen „schweren, nachhaltigen Schaden zugefügt“.
Ausdruck der Unzufriedenheit der Bürger mit der Politik
Theo Steegmann bezeichnete das Loveparade-Unglück als eine der größten zivilen Katastrophen der Nachkriegsgeschichte. „Besonders schlimm ist es, weil sie vermeidbar war.“
Für den dritten Unterzeichner des Bürgerbegehrens, Harald Jochums, steht fest, dass die Unterschriften auch Ausdruck der Unzufriedenheit der Bürger mit der Politik der letzten Jahre seien, die ohne eigene Konzepte den Vorstellungen von Investoren gefolgt sei.
Im Beisein von Vertretern der Bürgerinitiative wurden im Rathaus die Listen gezählt. Hierzu hatte die Leiterin des Referates für Bürgerengagement und Bürgerangelegenheiten, Astrid Jochum, ihre Mitarbeiter mit Paginierstempeln ausgestattet. Und die zählten am Ende 8268 Listenblätter, die nun geprüft werden. Bis zur nächsten Ratssitzung muss das Ergebnis feststehen.