Duisburg. .
Erst kommt der Rausch, dann die Vernunft? Nicht so beim Literaturbüro Ruhr. Das hatte sich im Kulturhauptstadtjahr 2010 mit der Veranstaltungsreihe „Mehr Licht“ über die europäische Aufklärung der Vernunft zugewandt, jetzt stürzt es sich in den Rausch, ohne den so manches literarische Werk nicht entstanden wäre, wie Literaturbüro-Leiter Gerd Herholz gestern sagte.
Haben doch Autoren mit Alkohol, Drogen, mystischen Grenzerfahrungen und körperlichen Exzessen experimentiert. Und den Schreibrausch gibt es schließlich auch...
Bei der vierten Ausgabe der Veranstaltungsreihe „Poesie-Palast Ruhr“ kooperiert das Literaturbüro erstmals mit Haniel, und von den zehn verschiedenen Programmen, die in sechs Städten gastieren, sind fünf Abende in Duisburg zu erleben (Beginn stets 20 Uhr).
Ruhrort bietet passenden Rahmen
Zweimal bietet Ruhrort den passenden Rahmen. Bei der Auftaktlesung am 28. September im Historischen Speicher des Haniel-Museums, Franz-Haniel-Platz 1, geht es in Zusammenarbeit mit dem Flämischen Literaturfonds allerdings eher zart und leise zu: Miriam Van hee aus Gent liest Gedichte unter dem Titel „Der Zusammenhang zwischen den Tagen“. Die Übersetzungen spricht Maria Neumann vom Theater an der Ruhr. Als Dolmetscherin ermöglicht Sylvia Motel-Gill ein Gespräch mit dem Publikum. Besucher müssen sich namentlich an der Pforte anmelden, der Raum ist nur über mehrere Treppen zu erreichen.
Am letzten Abend der Reihe (18. November) geht es an einen Tresen: „Unterm Säufermond“ führt die Gruppe „Bukowski Waits For You“ im Restaurant Schiffchen im Museum der Deutschen Binnenschifffahrt Lieder, Texte und Geschichten des bekennenden Säufers Charles Bukowski auf, dessen Gewalt- und Sexschilderungen manchen Leser schreckten. Fürs Abendessen vorab können um 18.30 Uhr Tische reserviert werden. Karten für die beiden Ruhrort-Veranstaltungen können reserviert werden im Café Kaldi, 0203/51 86 222.
Lateinamerikanische Liebeslyrik
„Besame Mucho – Liebesrauschen“ heißt das Programm, in dem die Schauspielerin Nina Petri und der Sänger und Gitarrist Eduardo Macedo (30. September, Zentralbibliothek) lateinamerikanische Liebeslyrik vortragen. Pablo Neruda, Gioconda Belli, Joao Ribeiro oder Jorge Amado schreiben sinnlich, leidenschaftlich und erotisch.
Ebenfalls in der Zentralbibliothek sind dann am 13. Oktober Judith C. Jakob und Joachim Jezewski mit ihrer Hommage an Mascha Kaleko „Zerreiß Deine Pläne und halte Dich an Wunder!“ zu Gast. Die Dichterin, die im Berlin der 30er Jahre bekannte Künstler traf und selbst mit ihrem „Lyrischen Stenogrammheft“ bekannt und 1935 von den Nazis verboten wurde, wäre in diesem Jahr 104 Jahre alt geworden. Kartenreservierungen für diese beiden Veranstaltungen in der Bibliothek an der Düsseldorfer Straße, 0203/ 2834 218.
Eine überraschende Zeitreise zurück ins Jahr 1290 unternehmen Ralph Dutli und Eckard Koltermann (Saxofon) am 9. November im Kultur- und Stadthistorischen Museum im Innenhafen. Unter dem Titel „Fatrasien – absurde Poesie des Mittelalters“ trägt Dutli Groteskes, Surreales und Bizarres vor, das sich Dichter im 13. Jahrhundert ausdachten. Der Lyriker, Essayist und Übersetzer, der in Heidelberg lebt, hat die altfranzösischen Texte, die nur in einer Handschrift überliefert wurden, ins Deutsche übertragen. Koltermann hat dazu Stücke komponiert.