Duisburg. . Amerikanistikprofessor Josef Raab von der Uni Duisburg-Essen war zur Zeit der Terroranschläge auf das World Trade Center am 11. September 2001 in New York. Die Tage kann er nicht vergessen. Er plant eine Vorlesung zum Thema.
„Es waren sehr bedrückende Stunden und Tage. Alles kam mir so surreal vor“, erinnert sich Prof. Dr. Josef Raab an den Tag, an dem sich die Welt veränderte. Der Amerikanistikprofessor an der Universität Duisburg-Essen war am 11. September 2001 in New York und wurde Zeuge der beispiellosen Terroranschläge auf das World Trade Center.
„Meine Frau ist Amerikanerin und hat damals in New Jersey unweit von New York gelebt. Ich war in jenem September auch dort. Wir wollten mit unserem kleinen Sohn einen gemütlichen Familientag verbringen. Doch es kam alles anders“, erzählt Raab.
Es ist ein Dienstagmorgen, Bürgerschaftwahlen stehen an. Raabs Frau verlässt früh das Haus, um in New York zur Urne zu gehen. Der Familienvater arbeitet derweil an einem Forschungsprojekt, sein Sohn sitzt vor dem Kinderfernsehprogramm, als um 9 Uhr das Telefon klingelt und eine Familienfreundin mit hektischer Stimme fragt, ob seine Frau zur Arbeit gegangen ist.
„Wenn sie zur Arbeit fährt, muss sie an der U-Bahn-Haltestelle unter dem World Trade Center umsteigen. Noch ehe ich mir Sorgen machen konnte, kam meine Frau zur Tür herein“, berichtet Raab. Die Erleichterung ist ihm auch nach zehn Jahren noch anzusehen, wenn er darüber spricht.
"Das war grausam."
Im nächsten Augenblick wird das Fernsehprogramm unterbrochen. Alle Sender zeigen Bilder aus dem Herzen Manhattans. Es sind Bilder der Verzweiflung, des Schreckens, der Zerstörung.
Der Amerikanistik-Dozent glaubt zunächst an einen Unfall, „ein Sportflieger, der die Orientierung verloren hat.“ Mit jeder weiteren Minute wird ihm klar, dass es sich nicht um einen Unfall handelt, „plötzlich stürzte noch ein Flugzeug in den zweiten Turm. Das war grausam.“
Raab ist schockiert von den Bildern. Er schnappt sich seinen Sohn und geht mit ihm auf den Spielplatz. Kampfjets der Airforce fliegen über den Hudson. Der 50-Jährige fühlt sich „bedrückt“, fragt sich, ob den beiden Anschlägen noch weitere folgen. Verzweifelte Nachbarn versuchen ihre Angehörigen, die in New York arbeiten oder leben, zu erreichen.
Die Telefonnetze sind überlastet, der öffentliche Verkehr lahm gelegt. Gegen Mittag sieht man die Rauchwolken auch am Himmel in New Jersey, ein beißender Brandgeruch verbreitet sich, der auch in den nächsten Tagen noch allgegenwärtig sein wird.
Keiner will alleine sein
Raab will nicht untätig herumstehen. Er will helfen und ruft das nahe gelegene Krankenhaus an, fragt ob er Blut spenden kann. Die Krankenschwester antwortet mit gebrochener Stimme: „Wir brauchen kein Blut. Es kommen keine Überlebenden.“
Am Abend suchen die Menschen Nähe. Die Straßen, die Cafés, die Restaurants sind voll. Keiner will alleine sein. Nachbarn berichten von kilometerweiten Märschen, die sie hinlegen mussten, um aus New York raus zu kommen.
Die Raabs suchen die Kirche „St. John the Divine“ in der Nähe des Broadway auf. Das Gotteshaus ist gänzlich überfüllt. „Alle wollten gemeinsam begreifen, was passiert ist“, erinnert sich Raab.
Auch die folgenden Tage fühlten sich „unwirklich“ an, weiß der 50-Jährige noch genau. Am 19. September packen die Raabs ihre Koffer und fahren ins Landesinnere zu Verwandten. Von der Autobahn aus sehen sie immer noch grau-weißen Rauch am Himmel.
Diese Stunden und Tage kann Raab nicht vergessen. Deshalb verarbeitet er seine persönlichen Erlebnisse, die zahlreichen Dokumentarfilme, Bücher, Debatten, Medienbeiträge und die politischen Folgen demnächst in einer Vorlesung.