Bochum. . Im Jahr 2001 rasten islamische Selbstmordattentäter mit Flugzeugen in das World Trade Center. Laut FBI war der Pilot einer weiteren Maschine in Pennsylvania abgestürzt - der Libanese Ziad Jarrah, der einst in einem Bochumer Studentenwohnheim lebte.

Im Flur unserer Bochumer Redaktion hängt es noch, das gerahmte Extrablatt der WAZ mit der Schlagzeile „Terror gegen die USA wie im Krieg“ und den Bildern vom 11. September 2001 - Bilder von den einstürzenden Türmen des World Trade Center, nachdem zwei Flugzeuge islamischer Selbstmordattentäter in die Gebäude gerast waren. Am Abend, als wir uns einen Packen des Extrablatts schnappten, um es in den Kneipen zu verteilen, ahnten wir noch nicht, dass die Spur des Terrors direkt nach Bochum führte.

Das sickerte erst am 14. September durch. Stundenlang war die Pressestelle im Polizeipräsidium nicht zu erreichen. Was mochte da los sein? „Von mir erfahren Sie kein Wort“, hieß es vielversprechend.

Bochumer Adresse

Es war gegen 22 Uhr, da wussten wir es: Ganz geheime Krisensitzung der Ermittler samt BKA- und LKA-Spezialisten, weil einer der Attentäter eine Bochumer Adresse hatte: Im Querenburger Studentenwohnheim an der Stiepeler Straße 75 teilte er sich ein 22 qm großes Apartment, Zimmer 43, mit seiner Frau, einer türkischstämmigen Studentin.

Sein Name war Ziad Samir Jarrah, geboren am 11. Mai 1975 im Libanon. Der junge Mann, der mit seiner Frau in Querenburg bei gelegentlichen Partytreffs als „schönes Paar“ galt, war derselbe Mann, der mit einiger Sicherheit der Pilot, der bei den Anschlägen vom 11. September 2001 das Flugzeug der United Airlines, Flugnummer 93, gesteuert hatte. Wo die Maschine mit 44 Passagieren genau einschlagen sollte, ist bis heute ungeklärt. Als Terrorziel werden wahlweise das Weiße Haus, der Präsidentensitz Camp David oder das Kapitol genannt.

Ziad Samir Jarrah gilt als einer der mutmaßlichen Attentäter vom 11. September 2011. Foto: Karl Gatzmanga
Ziad Samir Jarrah gilt als einer der mutmaßlichen Attentäter vom 11. September 2011. Foto: Karl Gatzmanga

Studium in Hamburg

Doch der Flieger stürzte schon vorher ab, in Shanksville bei Pittsburgh/Pennsylvania, alle Insassen starben, auch Jarrah und seine drei mutmaßlichen Komplizen. Es wird vermutet, Jarrah, von Passagieren bedrängt, habe das Flugzeug absichtlich abstürzen lassen.

Seine Freundin A. war da schon längst seine Ehefrau, in einer Moschee in Hamburg hatten sie geheiratet. Sie kam aus Greifswald und studierte Medizin an der Ruhr-Universität. Er studierte in Hamburg, wurde dort zur „Hamburger Terrorzelle“ um Attentäter Mohammed Atta gezählt.

Freunde wurden sauer

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In etlichen Berichten ist zu lesen, wie der junge Libanese das Studium an den Nagel hängt, sich dann in Afghanistan bei Al-Qaida aufhält und schließlich in Florida, wo er sich in zwei Flugschulen anmeldet, um den Pilotenschein zu machen. Immer wieder packt er die Koffer, besucht seine Frau in Bochum. So oft, dass seine islamistischen Freunde schon sauer werden.

Dass die Polizei seine Zweitwohnung in Querenburg aufspüren konnte, war „Kommissar Zufall“ zu verdanken. Aus den USA hatte Jarrah ein Päckchen mit Flugpapieren nach Bochum geschickt. Doch das Paket, heißt es, konnte nicht zugestellt werden, wurde zurückgeschickt - und fiel bei einer Kontrolle auf. Doch da waren die Anschläge in Amerika schon passiert.

Ehefrau meldete ihn als vermisst

In Bochum kam seiner Frau nach dem 11. September der fürchterliche Verdacht, ihr Mann könne mit den Anschlägen zu tun gehabt haben. Wegen seiner Auslandsaufenthalte, wegen seiner Veränderung in seinem Wesen, aber auch, weil er ihr offenbar seinen Tod angedeutet hatte. Als Jarrah sich nicht mehr telefonisch meldete, was er sonst täglich tat, ging sie zur Polizei, meldete ihren Mann als vermisst.