Duisburg. .
Vor 50 Jahren begannen die DDR-Behörden, die Straßen und Gleiswege nach West-Berlin abzuriegeln. Der Bau der Berliner Mauer besiegelte die Teilung Deutschlands. Die Nachricht der Geschehnisse im fernen Berlin erreichten die Bürger an Rhein und Ruhr mitten in der Urlaubszeit.
„Unvergessen bis heute“, sei die Erinnerung an das historische Datum, sagt Günter Freisem. Der damals 18-Jährige weilte mit einer Pfadfindergruppe an der dänischen Nordseeküste. Nur durch Zufall konnte er in einem Café den Blick auf eine Zeitungsüberschrift werfen: „Mauerbau in Berlin.“
"Ich dachte gleich an endgültige Trennung"
Wie so oft, wenn sich weltverändernde Nachrichten Bahn brechen, haben sich die Details der Situation genau eingeprägt: „Die Zigarren rauchenden Damen im Café mit der Zeitung.“ Unter den Älteren der Pfadfindergruppe gab es an dem Abend nur ein Thema: „Was kann daraus entstehen? Ich dachte gleich an endgültige Trennung.“
Heinz Conrath war mit dem Motorroller in Holland. Ein Tankwart überbrachte die Nachricht. „Gott sei Dank seid ihr nicht aus Berlin,“ rief er mit Blick auf das Kennzeichen, „da könntet ihr nicht mehr hin zurück.“ Erst als er abends die Radionachrichten hörte, konnte er sich einen Reim auf die Worte machen: „Wir konnten uns das gar nicht vorstellen. So eine riesengroße Stadt, und die bauen einfach eine Mauer drum,“ dachte der damals 26-Jährige.
Einreise wurde als abenteuerliche erlebt
Unterwegs war auch Ruth Scheer, allerdings nicht im Westen, sondern in der DDR. „Endlich hatten wir eine Einreisegenehmigung für einen Kurzurlaub bei Bekannten.“ Schon die Einreise erlebte sie als abenteuerlich: Von der Grenze ging es mit Bus und Eisenbahn mehrmals umsteigend „fühlbar bis ans Ende der Welt.“ Ein paar Tage nach ihrer Ankunft erfuhren sie und ihre Mutter vom Mauerbau: „Helle Aufregung. Ein Taxifahrer erklärte sich bereit, uns nach Magdeburg zum Zug zu fahren. Wir waren überglücklich, dass wir durch schnelles Handeln den heimatlichen ,Westen’ erreicht hatten.“
Angst im Nacken
Angstbesetzt ist die Erinnerung an die Nachricht des Mauerbaus auch für Karin Rother. Sie war gerade zu Besuch bei einer Tante in Osnabrück, als ihr Schwager mit dem Roller vorfuhr: „Deine Eltern befürchten, dass es einen neuen Krieg geben wird und wollen dich nach Hause holen“, teilte er der 19-Jährigen mit. „Meine Familie ist aus Schlesien vertrieben worden,“ erklärt sie. Auch deshalb ist das Datum 13. August für sie ein besonderes:
Auf den Tag genau sechs Jahre vor dem Beginn des Mauerbaus waren sie aus einem Flüchtlingslager in Niedersachsen nach Duisburg gekommen. „Durch die alte Heimat im Osten waren wir viel näher dran als einige Westdeutsche. Und die Erinnerung an den Krieg war noch sehr präsent in unserer Familie.“ Auch wenn sie es als Jugendliche noch nicht so richtig einordnen konnte, die Nachricht vom Mauerbau bescherte ihr eine „diffuse Angst im Nacken. Angst vor Krieg und erneuter Vertreibung.“