Duisburg. .

DerWesten stellt Bürger und Gruppen vor, die sich nach der Loveparade ehrenamtlich engagieren. Die „L.O.V.E.“-Stiftung um Dr. Motte konnte statt der angekündigten zehn Millionen Euro fast gar kein Geld für Betroffene sammeln.

Nach der Loveparade-Katastrophe haben sich Bürger zu Initiativen und Vereinen zusammengeschlossen. Damit Duisburger und Auswärtige nicht den Überblick verlieren, hat DerWesten die Gruppen in ausführlichen Steckbriefen vorgestellt (Gesamtübersicht: siehe Infobox unten). Enttäuschend fällt die Bilanz der im November 2010 öffentlichkeitswirksam und mit großen Zielen gestarteten „L.O.V.E.“-Stiftung aus - für Loveparade-Opfer und die Initiatoren.

Wer?

L.O.V.E. steht für „Loss Occurence Victim’s Endowment“ - „Großschadensereignis Opfer Stiftung“. Die drei Initiatoren sind die Vorstandsmitglieder der Stiftung: Der Erfinder der Loveparade, Matthias Roeingh alias Dr. Motte, ist der stellvertretende Vorsitzende. Den Vorsitz hat der Düsseldorfer Anwalt Adam Krawczyk, dessen Kollege Elmar L. bei der Loveparade ums Leben kam. Dritter im Bunde ist der Stiftungsexperte Rainer Güttler, der sich „eher für den administrativen, juristischen Bereich zuständig“ sieht. Die Stiftung ist eine nicht rechtsfähige Stiftung, Treuhänder ist Güttlers Firma, die GBI-CompetenceCenter GmbH in Berlin. Ihr wollte „L.O.V.E.“ das Stiftungsvermögen übertragen. Allerdings gibt es nach Auskunft der Beteiligten gar kein Stiftungsvermögen.

Arbeit und Aktionen

„Seit September 2010 hilft die L.O.V.E. Stiftung den Opfern der Loveparade Katastrophe.“ So steht’s auf der Website der Stiftung www.lovestiftung.de und auf deren Facebook-Seite. Nachweisen können die Initiatoren dies jedoch nicht. Adam Krawczyk verweist zwar auf „unzählige Betroffene“, die man an Experten in Rechtsfragen, medizinischer und psychosozialer Betreuung weitervermittelt habe. Unterm Strich aber bleibt: „Es gibt kein Stiftungskapital und Spenden hatten wir lediglich im dreistelligen Bereich“, gesteht Rainer Güttler. Dem einzigen Opferverband, Massenpanik Selbsthilfe e.V., ist ebenso wie dem Ombudsmann des Landes, Wolfgang Riotte, kein Fall bekannt, in dem „L.O.V.E.“ materiell geholfen hat.

Dabei hatten Dr. Motte, Adam Krawczyk und Rainer Güttler auf der Pressekonferenz im November 2010 angekündigt, mindestens zehn Millionen Euro spenden sammeln zu wollen. Denn, so erklärte Krawczyk damals: „Unser Ziel ist es jetzt, kurzfristige und unbürokratische Hilfe zu leisten.“ Die Stiftung wollte Opfer schnell finanziell unterstützen - auch weil Stadt Duisburg und Axa dies damals nicht taten (erst im Mai 2011 vereinbarten sie eine finanzielle Entschädigung; von der Million Euro im Hilfsfond des Landes NRW waren im November 2010 zudem bereits 80 Prozent ausgezahlt).

„L.O.V.E.“ konnte finanziell bislang aber gar nicht helfen. Dr. Motte erklärt das so: „Jemand, der sich um Geld kümmern wollte, hat uns im Stich gelassen.“ Noch dazu seien auch „keine Hilfesuchenden gekommen“. Warum? „Die Leute kennen das Rote Kreuz, aber eben die L.O.V.E.-Stiftung nicht.“ Die Stiftung sei ihm zwar wichtig, selbst aber: „Ich kann mich nicht kümmern.“ Als DJ, Künstler und Label-Chef sei er „48 Stunden täglich beschäftigt“. Vorstandsmitglied der Stiftung habe er ohnehin „eigentlich nie sein wollen“, behauptet Roeingh.

Wie dem auch sei. Kritiker werden ihre Vermutungen nun bestätigt sehen: Viele hatten befürchtet, der Erzfeind von Lopavent-Chef Rainer Schaller wolle sich mit seinem Engagement vor allem wieder selbst ins Gespräch bringen. Das verärgert Dr. Motte: „Lächerlich! Das habe ich doch gar nicht nötig.“ Er habe „ein ehrliches Interesse“ gehabt, zu helfen. „Ohne Moos nix los. Man braucht doch manpower und Geld.“ Beides jedenfalls darf Adam Krawczyk wohl von Dr. Motte nicht mehr erwarten.

Während Dr. Motte wie Güttler bereits vom Ende der Stiftung spricht („wenn bis Jahresende nichts passiert“), hofft Krawczyk („alles war viel, viel schwieriger als gedacht“) noch immer: auf Finanzspritzen und darauf, Dauerpatienten in den kommenden Jahren „doch noch langfristig unterstützen zu können, wie es unsere Idee war.“ Zudem wolle die Stiftung nach wie vor ihrem Anspruch gerecht werden, „Hilfe und Selbsthilfe zu koordinieren, die Opfer zu vernetzen“.

Kooperationen und Zusammenarbeit

Allein: Viele Hinterbliebene und Verletzte legen darauf mittlerweile scheinbar keinen Wert mehr. Etwa, weil sie sich bei „Massenpanik Selbsthilfe“ engagieren oder beraten lassen, weil sie von der Notfallseelsorge betreut werden, von „Wir leisten Hilfe“ unterstützt wurden und/oder juristisch bereits von Anwälten vertreten werden. Oder weil ihnen bis heute suspekt ist, dass Gruppen fremder Menschen ihnen helfen wollen.

So stellt auch Adam Krawczyk fest: „Es gibt ja schon alles. Wir werden uns aber bemühen, auf die Beteiligten zuzugehen und gemeinsam mit allen Beteiligten mehr zu erreichen.“ Als Anlaufstelle leite „L.O.V.E.“ trotz „all der Enttäuschung“ weiterhin gerne Informationen weiter. Wer allerdings die Nummer der Stiftung in Düsseldorf wählt, muss auf einen Anrufbeantworter sprechen - und auf einen Rückruf hoffen. Denn, das wird im Gespräch mit Anwalt Krawczyk deutlich: Viele Helfer hat er nicht, „vielleicht zehn Unterstützer, die bereit sind, mitzuhelfen.“

Warum?

Die Trauer um seinen Anwaltskollegen und die Berichte vieler vertrösteter Loveparade-Opfer motivierten Adam Krawczyk nach der Katastrophe, mit der Stiftungsidee an die Öffentlichkeit zu gehen. So sagte er bei der Pressekonferenz drei Monate nach der Loveparade: „Viele Opfer und Hinterbliebene haben bis heute noch immer keine hinreichende Hilfe oder Entschädigung von den verantwortlichen Veranstaltern, der Stadt Duisburg oder anderen öffentlichen Stellen erhalten.“ Ein halbes Jahr später erklärt Krawczyk: „Glauben Sie mir, es gibt noch immer viele Betroffene, die Anlaufstellen suchen.“