Duisburg. .

Für die 85 Jahre alte Duisburgerin, die ein Mädchen vor einem Gewalttäter gerettet hat, war ihr Einsatz „selbstverständlich“. Diese „Selbstverständlichkeit“ beschäftigt nun auch das Innenministerium. Die Wanheimerin ist eine Kandidatin für den „Preis für Zivilcourage“.

Das hätte sie sich wohl nie träumen lassen: Der beherzte Eingriff der 85-jährigen Wanheimerin, die am Freitag ein siebenjähriges Mädchen vor den Übergriffen eines Gewalttäters bewahrte und dafür mit gebrochenem Arm, Prellungen und Schürfwunden im Krankenhaus landete hat sie über Nacht zur Heldin werden lassen - und das Thema „Zivilcourage“ wieder in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt.

Jeder möchte sie kennenlernen, ihr Dank und Anerkennung aussprechen, doch die mutige Seniorin hält sich diskret im Hintergrund. „Sie möchte nicht in die Öffentlichkeit“, heißt es aus der Geschäftsführung der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Großenbaum, in der die Wanheimerin ihre Verletzungen auskuriert. Das Sekretariat der Geschäftsführung hat die Übermittlerfunktion übernommen: Alle Anfragen und Präsente werden dort gesammelt, wandern weiter zur Stationsschwester und von da aus ins Krankenzimmer. Und es kommen „sehr viel Post, viele Blumen und Geschenke“.

Erinnerungen an den Fall Brunner aus München

Neben der Anerkennung, die der Fall Wanheim hervorgerufen hat, sind unterschwellig auch wieder die eventuell gefährlichen Folgen der Zivilcourage in den Fokus gerückt. Schnell huscht der Fall Brunner aus München ins Gedächtnis, der sein Engagement mit dem Leben bezahlte. Unvergessen - zumindest im Duisburger Raum - auch der Fall des Rheinhauser CDU-Bezirksvertreters Detlef Helmdach, der nach Zurechtweisung jugendlicher Schmierfinken im Bus ebenfalls im Krankenhaus landete. „Gehe ich ein zu großes Risiko ein, wenn ich mich einmische?“, mag sich mancher fragen.

Wenn Zivilcourage nicht mehr ausreicht...

Pöbeleien, Handgreiflichkeiten und Verschmutzung sind alltägliche Probleme auf Schiene und Straße. „Zivilcourage reicht nicht aus, weil sie andere in die Pflicht nimmt“, stellte die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) fest und rief vor drei Monaten die „Null Toleranz-Kampagne“ ins Leben. 40 Sicherheitskräfte sorgen seitdem für Sicherheit in Bus und Bahn - mit Erfolg: „Das Konzept ist aufgegangen“, zieht Pressesprecher Helmut Schoofs ein erstes Resümee. Vandalismus und Gewalt hätten sich von 62 auf 29 registrierte Fälle mehr als halbiert. 1500 „gelbe Karte“ haben die Sicherheitskräfte bisher verteilt, 39 Uneinsichtige des Verkehrsmittels verwiesen. „Damit haben wir das Heft erfolgreich selbst in die Hand genommen“, so Konzernsprecher Torsten Hiermann.

„Es ist der falsche Weg, das zu diskutieren“, mahnt Polizeisprecher Ramon van der Maat. „Natürlich kann etwas passieren, aber es ist immer besser einzuschreiten als wegzusehen.“ Das Verhalten der Wanheimerin sei „sehr mutig“ gewesen. Ein bisschen leichtsinnig vielleicht auch? Das mag er nicht direkt bejahen. Jeder könne Hilfe leisten, „sollte das aber nach seinen Möglichkeiten abstufen“. Der sicherste Weg: „Sich die Unterstützung der anderen Anwesenden sichern, die Polizei alarmieren oder laut um Hilfe rufen.“ Eines aber ganz gewiss nicht: „Das Schlechteste, was man tun kann, ist wegzugehen und gar nichts zu tun.“

Das wäre der 85-Jährigen nie in den Sinn gekommen. Ihre Hilfe sei „selbstverständlich“ gewesen, ließ sie nur knapp verlauten. Eine „Selbstverständlichkeit“, mit der sich nun auch das NRW-Innenministerium beschäftigt. „Wir haben den Fall verfolgt“, so Pressesprecherin Simone Ramakers. Die Wanheimerin sei schon in die Kartei aufgenommen worden - und hat damit Chancen auf den „Preis für Zivilcourage“, den das Innenministerium jährlich vergibt.