Duisburg. .

Nach der Veröffentlichung des Interviews mit Adolf Sauerland, in dem Duisburgs OB Fehler einräumt, hat dazu erstmals ein Vertreter der Hinterbliebenen und Opfer Stellung bezogen: Viele Betroffene hätten Sauerlands Worte „als geheuchelt empfunden“.

Zwei Tage nach der Veröffentlichung des Interviews, das die Journalistin Eva Müller für ihren Film „Die letzte Loveparade“ mit Adolf Sauerland führte, hat erstmals ein Vertreter der Hinterbliebenen und Opfer die Aussagen des Duisburger Oberbürgermeisters kommentiert: „Von vielen Betroffenen werden Sauerlands Aussagen als geheuchelt empfunden“, erklärte Jürgen Hagemann, der Vorsitzende des Vereins „Massenpanik Selbsthilfe“. Noch dazu, so Hagemann, habe Sauerland nicht die Entschuldigung ausgesprochen, auf die Angehörige der 21 Todesopfer und viele der mehr als 500 Verletzten bis heute warten: „Er hat sich lediglich dafür entschuldigt, sich nicht entschuldigt zu haben.“

Hagemann, dessen damals 16-jährige Tochter Virginia bei der Loveparade-Katastrophe schwer verletzt und traumatisiert worden war, ist der Gründer des einzigen Selbsthilfevereins, in dem sich Hinterbliebene, Verletzte und Traumatisierte unterstützen. Etwa 70 Vereinsmitglieder und Aktive von „Massenpanik Selbsthilfe“ stehen Betroffenen im Kampf mit Krankenversicherungen und Behörden bei und organisieren monatliche Treffen. Etwa 80 der so Engagierten und Beratenen werden im Rahmen eines Sammelverfahrens von der Düsseldorfer Kanzlei Baum, Reiter & Collegen vertreten. Um ihre psychosoziale Betreuung kümmert sich die evangelische Notfallseelsorge.

Stadtspitze scheute Kontakt zu Opfern

Viele dieser Loveparade-Opfer, erklärt Jürgen Hagemann, „legen schon lange keinen Wert mehr auf eine Entschuldigung der Duisburger Stadtspitze.“ Sie seien bitter enttäuscht, weil monatelang keiner der Verantwortlichen im Duisburger Rathaus, „den Anstand hatte, sich zu entschuldigen.“ Bis heute, so der 48-Jährige aus dem Duisburger Stadtteil Friemersheim, habe kein Vertreter der Stadtspitze Kontakt zu den Menschen aufgenommen, die am 24. Juli 2010 auf der Rampe und im Tunnel verletzt wurden. Was Stadtdirektor Dr. Peter Greulich mit dem Verweis auf ein Treffen Ende Mai bestreitet: Damals hatten die Angehörigen der Todesopfer Greulich auch eine Petition mit der Forderung überreicht, "den Ort des Leidens und der Trauer" nicht zu zerstören.

Gespräche mit den Familien der Todesopfer habe es aber auch außerhalb der Öffentlichkeit gegeben, bestätigt Hagemann: „Ich weiß von einer Familie, die das Angebot Sauerlands angenommen hat.“ Sauerland hatte im Interview für die WDR-Dokumentation unter anderem Fehler im Umgang mit den Angehörigen der Opfer einräumt: „Die Übernahme moralischer Verantwortung, sich bei den Angehörigen der Opfer zu entschuldigen“, das hätte von ihm kommen müssen, sagte er.

„Wir wollen Aufklärung und Hilfe“

Seit der Gründung von Massenpanik Selbsthilfe im August 2010 vermeiden Hagemann und die mit ihm zusammen arbeitenden Hinterbliebenen und Opfer Äußerungen zur Personalie Adolf Sauerland sowie zum politischen Alltag in Duisburg: „Wir suchen keinen Sündenbock, wir wollen Aufklärung, wollen Hilfe und Hilfe leisten.“