Duisburg. .

Aus dem Stundenglas, mit dem die Zeit gemessen wurde, ist sprachlich die Sanduhr und schließlich die Eieruhr geworden. In der Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts war das Stundenglas eines von vielen Symbolen für Vergänglichkeit. Im verspiegelten Stundenglas des belgischen Künstlers Fabrice Samyn (Jahrgang 1981) sieht der Betrachter sein verzerrtes Spiegelbild. Der Titel „All the time we are“ weist darauf hin, dass Zeit immer persönlich ist – unsere Zeit dauert ein ganzes und nur ein Leben lang.

Mit der Ausstellung Alter Meister aus den Niederlanden und Italien und dieser Ausstellung des jungen Künstlers aus Brüssel bietet das Lehmbruck-Museum ungewohnte Ansichten. Gegenwartskünstler „in hoher Frequenz“ ins Haus zu holen werde Programm, kündigte Direktor Raimund Stecker gestern an: „Das ist Lehmbruck geschuldet: Der war sehr jung sehr erfolgreich.“ Der neue Kurator Michael Krajewski ist für die Künstler zuständig, die nach 1890 geboren wurden (wie berichtet, betreut Marion Bornscheuer die älteren, darunter Lehmbruck).

Altmeisterliche Technik

Nachdem der Förderverein das Stundenglas von Samyn erworben hat, finanziert er auch die Ausstellung und den Katalog. Dieser ungewöhnliche Künstler bezieht sich in seinen Gemälden, Skulpturen und Installationen direkt auf die Kunstgeschichte und baut subtile Brücken in die Gegenwart.

Samyn lotet sein Anliegen in verschiedenen Werkgruppen aus. Bilder, in denen er mit altmeisterlicher Technik Details aus Gemälden etwa von Caravaggio (1571-1610) nachmalt: Etwa die Hand des ungläubigen Thomas, die in die Wunde des auferstandenen Christus eindringt.

Von zarter, poetischer Schönheit

Dann gibt es alte Bilder, die er etwa auf Flohmärkten kauft und partiell von der dunklen Firnis befreit: So schimmert wie ein heller Schatten eine Hand durch das Motiv vom Märtyrertod des heiligen Petrus. Samyns Titel: Misericorde – Erbarmen. Von einer ganz anderen Seite zeigt er sich in einer neuen Bildergruppe, in der er das Unmögliche versucht: Eine Fontäne, die sich ja stets bewegt und verändert, zu malen.

Besonders eindringlich sind Samyns Skulpturen, weil sie tiefgründig, aber auch von zarter, ja poetischer Schönheit sind: Eine vergoldete Hostienschale wird so angestrahlt, dass die dunkle Wand dahinter eine goldene „Flamme“ reflektiert – ein flüchtiges Bild. Sehr sinnfällig platziert neben einem Ölbild, das die törichten und die klugen Jungfrauen mit ihren dunklen beziehungsweise leuchtenden Öllämpchen zeigt. Die Ausstellung bleibt bis zum 21. August.