Duisburg. Stern oder nicht Stern? Theo Friedrichs hatte die begehrte Auszeichnung des renommierten Gastro-Führers Michelin über viele Jahre im Restaurant „La Provence“ . Mit seinem „Bistro NT“ verzichtet er ganz bewusst auf den Blick nach den Sternen.
„Sellerierahmsüppchen mit Trüffel“ kam vor genau 15 Jahren aus der Michelin-geehrten Küche, „Sauerampfersuppe mit gerösteten Jakobsmuscheln“ steht heute auf der Karte. „Entenbrust mit Steckrüben“ begeisterte einst die Tester, „Perlhuhnbrust auf Leipziger Allerlei“ ist zur Zeit im Angebot. „Es ist ja nicht so, als wenn wir das nicht mehr könnten“, lacht Friedrichs. Ist da vielleicht doch noch der Ehrgeiz nach höchsten kulinarischen Würden? „Ich will diesen Stress nicht mehr. So, wie es jetzt ist, macht es Spaß.“
Der Stern bringt nicht nur Vorteile
Sterneküche bedeute höchste Qualität, und das auf Dauer: "Sie müssen permanent auf dem höchsten Level bleiben. Das über Jahre zu machen, kostet Substanz." Friedrichs’ Restaurant zierte der Stern zwölf Jahre lang, bevor er sich – vorübergehend – vom Herd zurückzog.
Zwölf anspruchsvolle Jahre. Mit der Michelin-Auszeichnung sei der Anspruch der Gäste gestiegen, auch der Stammgäste: „Das setzt eine Spirale in Gang.“ Bei den Speisen, bei den Getränken, beim Ambiente. Die Kosten steigen, die Einnahmen müssen es auch. Friedrichs: „Der Stern bringt Umsatz, aber die Gäste müssen auch wiederkommen. Man kocht für die Gäste, nicht für die Tester.“
Nach 15 Jahren „La Provence“ legt Friedrichs 1997 den Kochlöffel, aus der Hand, aus familiären Gründen. Vier Jahre bleibt er Töpfen und Pfannen fern, 2001 eröffnet er im Stammhaus der Familie ein Hotel garni, die ungenutzte Gastwirtschaft im Erdgeschoss bringt ihn ins Grübeln. „Dann habe ich angefangen zu zeichnen“, Pläne entstanden für ein Bistro mit ordentlicher Küche aus frischen Produkten. 2004 wurde das „Bistro NT“ eröffnet.
"Man kann nicht gegen die Gäste ankochen"
Und das elegante kleine Restaurant mit der anspruchsvollen, aber übersichtlichen Karte brauchte kaum Anlaufzeit: „Auf einmal war die Bude voll“, sagt Friedrichs im Rückblick. Und: Die Gäste aus „La Provence“-Zeiten waren auch wieder da mit einer Erwartungshaltung, die über Bistro-Niveau hinaus ging. „Man kann nicht gegen die Gäste ankochen“, weiß der erfahrene Gastronom. Den Anforderungen der Gastro-Führer will er sich dennoch nicht mehr unterwerfen. Menüs, eine Bedingung für eine Auszeichnung der Tester, bietet er beispielsweise ganz bewusst nur bei besonderer Gelegenheit an, etwa zur Hummersaison.
Höchst erfreut ist Friedrichs über die Entwicklung, die die deutsche Küche in den letzten drei Jahrzehnten genommen hat. Um 1980 habe es „vielleicht zehn“ Sterne-Restaurants gegeben zwischen Nordseestrand und Alpenrand. Inzwischen sind es knapp 250.
Drei-Sterne erstrahlten erstmal 1980 über einem deutschen Restaurant, der aktuelle Michelin listet schon neun Lokale mit Top-Bewertung auf. Von diesem massiven Trend zur besseren Kost profitiere auch die normale Gastronomie unterhalb des Sterne-Ranges. Beispielsweise durch die hohe Zahl von Köchen, die bei den Top-Chefs gelernt haben. Unter anderem, dass frische Produkte besser sind als der Griff in die Tüte.