Huckingen. .
Verzaubern möchte Dorothee Litke die Menschen im Revier. Wenn man sagen würde, sie backt Kuchen, wäre das die Untertreibung des Jahres. Tortenträume sind es, die sie Wirklichkeit werden lässt.
Noch weiß es kaum jemand, aber das „Café Vivendi“ an der Angerhauser Straße hätte es verdient, zum Mekka der Kuchenliebhaber zu werden. Hier betreibt die sympathische Frau vom Neckar seit wenigen Wochen den nur auf den ersten Blick unscheinbaren Gastronomiebetrieb gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Georg Kohlen, der sie mit seinen Fähigkeiten als Koch und Restaurantmeister perfekt ergänzt. Der Liebe wegen kam sie vom Neckar an den Niederrhein.
Eine echte „Landpomeranze“ sei sie, gesteht die 48-jährige Konditorin. Dabei stammt immerhin einer der bedeutendsten Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte aus ihrem Heimatstädtchen Brackenheim nahe Heilbronn: der erste Bundespräsident Theodor Heuss. Weinberge, Wälder und Wiesen prägten Kindheit und Jugend von Dorothee Litke, schon die wenigen Tage in der neuen Umgebung bereiten ihr Heimweh: „Allein die Wohndichte hier erschreckt mich“. Sie will sich aber nicht einschüchtern lassen bei ihrer kulinarischen „Missionsarbeit“.
Seit sie denken kann, hat Dorothee Litke gebacken. „Schon als Kind habe ich mit Zutaten experimentiert“, erinnert sie sich - und die Familie musste als Versuchskaninchen mit Kuchengabel herhalten. Dann sah die Küche ihres Elternhauses oft aus, als hätte dort eine Schlacht stattgefunden…
Bevor Dorothee Litke allerdings in ihren Traumberuf ging und die Konditorenlehre absolvierte, machte sie erst einmal das Abitur. Die höhere Bildung konnte nicht schaden; mit dem Backen alleine gab sich Dorothee Litke nicht zufrieden. So unterrichtete sie an der Volkshochschule „Backen für Kinder“ und kreierte ein entsprechendes Buch für das junge Publikum, versehen mit eigenen lustigen Zeichnungen. „Kommt Kinder, lasst uns backen“ erschien im AVA-Verlag im Allgäu.
Nach zwölf Jahren zog es sie wieder in die engere Heimat, sie arbeitete in verschiedenen Konditoreien. Erst im Café „Ratsstüble“ konnte sie ihre selbst entwickelten Ideen für Torten und Kuchen verwirklichen. Heute schöpft sie ihre Produktion aus an die 60 eigenen Tortenrezepten, dazu kommen über 20 Kuchen. Sie verwendet ausschließlich Butter beim Backen, dazu besondere Aromen. Die Formen weichen häufig überraschend von der „Norm“ ab. Die Dekorationen sind überaus fantasievoll - wer übrigens etwas Spezielles, etwa für eine Feier, gebacken haben möchte, kann natürlich vorbestellen. Die Kuchen stehen diesen prunkvollen Produkten in nichts nach.
„Sie müsset erscht emol sehe, was die Leut‘ wollet“ hat sie häufig genug als wohlmeinenden Rat gehört, aber das ist nicht ihr Konzept: „Ich mache meine eigenen Kreationen, die immer auch etwas unterschiedlich ausfallen können, und wünsche mir Gäste, die sich darauf einlassen und sich immer wieder auf Neues freuen.“
Georg Kohlen lernte Dorothee Litke ganz prosaisch bei gemeinsamen Bekannten im Schwabenländle kennen. Nach den ersten Kontakten waren oft stundenlange Telefonate die Folge. Kohlen, der aus einer traditionsreichen Gastronomenfamilie in Kleinenbroich stammt, hatte seinerseits schon einige Zeit den Wunsch, sich selbstständig zu machen. Er lernte den Beruf von der Pike auf, unter anderem in großen Häusern in der Schweiz („Grand Hotel Zermatt“) und am Lago Maggiore.
Ihm folgte schließlich Dorothee Litke an den Niederrhein. Mit dem ehemals von einem klavierspielenden Italiener geführten Café haben die Beiden möglicherweise noch nicht den idealen Standort für die Verwirklichung ihrer Vorstellungen von Gastronomie gefunden, doch was sie wollen, wissen die Beiden. „Menschen für eine Lebensart voll Freude am Genuss und gutem Geschmack gewinnen“, lautet das Motto. Nachmittags ist Kaffeezeit und zu den Torten gibt es Kaffee einer ausgezeichneten kleinen Privatrösterei, mittags aber zaubert Koch Kohlen „bodenständiges Essen“, Produkte nach Jahreszeit und Region. Der Mann, der sich „Kochen wie bei Mama“ aufs Panier geschrieben hat, bereitet natürlich alles frisch zu.