Duisburg.

Ein 20-Jähriger wurde in der Straßenbahn Opfer eines feigen Überfalls. Im Gespräch mit der Redaktion erzählt der Gymnasiast, wie er die Attacke erlebte. Auch wenn dies schon der zweite grundlose Überfall war, will er weiter Bahn fahren.

Hendrik Berger (Name von der Redaktion geändert) steigt in die 901. So wie er es immer tut, wenn er von seinem Zuhause in Bruckhausen zum Fußballtraining nach Wedau fährt. Neuerdings nimmt der 20-Jährige aber nur noch die vorderste Eingangstür. Und bleibt dann auch stets in der Nähe der Fahrerkabine sitzen.

Kein Wunder: In der Straßenbahn wurde er in der vergangenen Woche das Opfer eines feigen Überfalls. Er saß damals allein ganz hinten im Zug, als ihn eine Gruppe Jugendlicher angriff. Sie traten ihn. Schlugen ihn. Raubten ihm die Sporttasche. „Ich war froh, dass mir dann zwei der anderen Fahrgäste geholfen haben“, sagt Hendrik. „Sonst hätte die Sache ganz böse für mich enden können.“

Der Elfklässler, der ein Duisburger Gymnasium besucht, wirkt emotional gefasst und sortiert, als er beim Treffen mit der WAZ von besagtem Mittwochabend erzählt. Er saß schon in der 901, als in Laar an der Haltestelle Scholtenhof-straße die Gruppe einstieg. Fünf oder sechs seien es gewesen. Und sie hätten sich sofort auffällig verhalten – etwa laut herumgegrölt oder mit den flachen Händen vor die Scheiben geschlagen. „Dann sind sie auf mich zugekommen. Und quasi aus dem Nichts haben sie mich getreten und geschlagen. Ohne jeden Grund.“

„Ich konnte gar keine vernünftige Beschreibung abgeben. Man ist so geschockt“

Hendrik ist total perplex, reagiert aber reflexartig richtig und versucht, der Situation zu entkommen. Zwei Männer mittleren Alters, die ungefähr fünf Meter weiter vorn saßen, mischen sich ein, sagen der Gruppe, dass sie sofort aufhören soll. „Einer der Täter hat sofort einen Schraubendreher gezückt. Die anderen haben in ihre Jackentaschen gegriffen. So, als ob sie Waffen zücken wollten. Von uns wusste ja niemand, ob sie tatsächlich etwas bei sich hatten“, schildert Hendrik eindringlich diesen Moment der Bedrohung. Einer der beiden Helfer zog dann geistesgegenwärtig die Notbremse. Die Täter rissen sofort mit Gewalt die Bahntür auf und flüchteten mit der Sporttasche als Beute in Richtung eines Parkplatzes in Höhe des Verteilerkreises Kaßlerfeld. Laut Polizei sind die Täter noch nicht gefasst, die Ermittlungen dauern an.

„Ich konnte gar keine vernünftige Beschreibung von den Tätern geben. Man ist so geschockt, dass man gar nicht auf die Personen, geschweige denn Details achten kann“, sagt Hendrik. Toll fand er, dass die beiden Männer in der Bahn Zivilcourage gezeigt hätten. Als schlimm empfand er es, dass zahlreiche andere Fahrgäste in der 901 aber einfach wegschauten. „Es wäre toll, wenn in jeder Bahn Servicekräfte der DVG mitfahren könnten“, sagt der Betroffene. Allein deren Präsenz würde oft schon ausreichen, um Situationen wie diese gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Hoffnung auf mehr Video-Kameras

Der 20-Jährige hofft zudem, dass ähnlich wie in den Bussen bald auch in Bahnen Videokameras installiert werden, die jeden Platz – und damit jeden Fahrgast – ins Visier nehmen können. Auch deren Existenz hätte eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Täter.

Für Hendrik war das bereits der zweite Vorfall dieser Art: Vor einigen Jahren wurde er mit zwei Freunden vor dem Bahnhof Meiderich schon einmal von einer größere Gruppe angegriffen. Auch damals: ohne jeden Anlass. Durch diese Negativ-Erlebnisse will er sich den Alltag aber nicht zerstören lasse„Ich will versuchen, ohne Angst weiterzuleben und werde auch weiterhin Straßenbahn fahren.“ Mit dem Unterschied, dass er künftig nur noch vorne sitzt.