Duisburg. . Die Stadt hat sich nichts vorzuwerfen – so lässt sich der städtische Abschlussbericht zur Loveparade-Katastrophe zusammenfassen, der heute vorgestellt worden ist. In Besprechungen kurz vor der Loveparade seien keine Bedenken mehr geäußert worden.

Die Stadt hat sich nichts vorzuwerfen – das ist der Tenor des Abschlussberichtes zur Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten. Die Stadt Duisburg und die Anwaltssozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek, die den Bericht verfasst hat, stellten das 130 Seiten plus Anlagen starke Dokument am Mittwoch vor – erwartungsgemäß vor großem Journalistenpublikum. Den Medien stellten sich die Anwälte Ute Jasper und Andreas Berstermann sowie Stadtdirektor Peter Greulich. Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) indes fehlte. Er bereite sich auf seinen Auftritt vor dem Innenausschuss des Landtages vor, so der Stadtdirektor. Sauerland wird den Bericht dort am Donnerstag präsentieren. Und am Montag dann noch mal bei einer Sondersitzung des Duisburger Rates.

Der Bericht gliedert sich in zwei Teile: die Rekonstruktion des Sachverhaltes und die rechtliche Bewertung, ob die Stadt ihre Pflichten verletzt hat. Es gehe nicht darum, Schuldzuweisungen zu machen oder die Chronologie der Ereignisse auf der Rampe nachzuvollziehen, betonte Anwältin Jasper. Sondern der Bericht solle einzig klären, ob die Verwaltung versagt habe. Und das habe sie eben nicht – so sieht es zumindest dieser Bericht. Ein anderes Rechtsgutachten im Auftrag des Innenministeriums, das ebenfalls am Mittwoch vorgestellt wurde, belastet die Stadt hingegen schwer.

Ein Novum bei der Loveparade

Die Anwälte brachten zahlreiche Akten mit zur Präsentation. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Die Anwälte brachten zahlreiche Akten mit zur Präsentation. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool © WAZ FotoPool

Laut dem Bericht von Heuking Kühn Lüer Wojtek kam eine zentrale Rolle der Duisburger Bauaufsicht zu: Sie musste eine Baugenehmigung erteilen, damit die Party auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände überhaupt steigen konnte – ein Novum in der Geschichte der Loveparade, so Anwalt Berstermann, denn das Gelände sei umzäunt gewesen. Hieraus ergebe sich zum Teil auch, warum die endgültige Genehmigung erst sehr spät erteilt wurde, nämlich am 23. Juli: „Für den Veranstalter war dieses Verfahren auch neu, deshalb hat er einige Unterlagen erst sehr spät eingereicht.“

Die Bauaufsicht habe sehr akribisch gehandelt, betonten die Juristen. So seien im Vorfeld, nämlich am 21. Juli, auf der Zugangsrampe Bauzäune bemängelt worden, die den Weg einengten. Sie zu entfernen, sei Sache des Veranstalters gewesen. Wie sich später herausstellte, sei dies jedoch nicht geschehen. Eine Kontrolle habe es am Partytag hier nicht mehr gegeben, wohl aber an anderen Stellen des Geländes. „Ein normaler Vorgang“, so Berstermann. Solche Kontrollen erfolgten immer stichprobenartig: „Man kann nicht immer wieder das gesamte Gelände absuchen.“

Zu spät reagiert?

Weiterer zentraler Stadt-Akteur war das Ordnungsamt. Aufgaben, so die Anwälte: den geordneten Ablauf der Veranstaltung außerhalb des Geländes sicherstellen – und im Falle einer drohenden Überfüllung die Party-Fläche schließen lassen. Die Juristen betonten zwei Dinge besonders: Erstens sei das Ordnungsamt nicht für die Sicherheit auf dem Gelände oder auf der Rampe zuständig gewesen. Und zweitens auch nicht dafür, die Sperrung des Zuganges im Fall des Falles vorzunehmen – sondern lediglich, sie anzuordnen. Das letzteres nicht geschah, sei aus Verwaltungssicht ein völlig korrekter Ablauf: „Laut Baugenehmigung durften 250.000 Menschen auf das Gelände“, so Berstermann. Es seien jedoch zu keinem Zeitpunkt mehr als etwa 130.000 dort gewesen.

Auf die Nachfrage, ob das Ordnungsamt zu spät reagiert habe, eine Schließung des Geländes angesichts des Besucherandrangs anzuordnen, konnten weder die Anwälte noch Stadtdirektor Greulich eine befriedigende Antwort geben. Undeutlich blieben auch die Ausführungen dazu, ob eine bestimmte Telekonferenz zur Lagebesprechung nun erfolgte oder nicht.

Stadtdirektor Peter Greulich. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Stadtdirektor Peter Greulich. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool © WAZ FotoPool

Auch in Sachen Sicherheistkonzept habe sich die Stadt nach den Ausführuingen der Gutachter nichts vorzuwerfen: Dieses Sicherheitskonzept sei nicht Sache der Verwaltung gewesen. Laut Gesetz müsse es vom Veranstalter erstellt werden, „im Einvernehmen mit den für die Sicherheit zuständigen Behörden“, so Jasper. Heißt: vor allem mit Feuerwehr und Polizei. Liege ein solches Konzept vor, müsse die Verwaltung die erforderliche Genehmigung erteilen. Dafür, dass es zum Teil „offenbar Verstöße“ gegen das geltende Konzept gegeben habe, sei die Stadt nicht zuständig. Und auch nicht dafür, dass im Bereich von Rampe und Tunnel vielleicht Fehler von Polizei oder Ordnern passierten. Jasper: „Das Ordnungsamt hat nicht die Aufsicht über die Polizei.“

„Gut aufgestellt“

Unterm Strich: Die Stadt weist die Verantwortung von sich – und das in jeder Hinsicht. Zur Frage, ob man im Vorfeld zu wenig auf Bedenken gehört habe, verwies Jasper auf die Abschlussbesprechung bei Sicherheitsdezernent Wolfgang Rabe am 15. Juli: Auf die Frage, ob noch jemand Bedenken habe, hätten alle geschwiegen. Das Angebot des Dezernenten, nach der „großen Runde“ noch Bedenken an ihn heranzutragen, sei nicht wahrgenommen worden, so die Anwältin. Insgesamt hätten sich alle als „gut aufgestellt“ gesehen.

  • Der Abschlussbericht inklusive Anlagen ist auch im Internet verfügbar. Die Namen der Mitarbeiter der Verwaltung sind anonymisiert worden - nicht zur Verschleierung, so der Stadtdirektor. Sondern zur Wahrung individueller Rechte auf Datenschutz.