Duisburg/Moers. Braucht Duisburg eine Evangelische Schule? So argumentieren in diesem Kulturkampf um die Waldschule Baerl die Stadt und der Kirchenkreis Moers.

Die Entscheidung für die Zukunft der Evangelischen Grundschule in Baerl fällt noch in diesem Monat. Nach einem Ratsbeschluss sind alle Eltern der Waldschule geladen, an einer Abstimmung teilzunehmen: Soll die konfessionelle Bindung wegfallen und aus der Evangelischen eine Gemeinschafts-Grundschule werden? In der kommenden Woche kämpfen Stadt und Kirche mit Informationsveranstaltungen um die Deutungshoheit.

Die Duisburger Stadtverwaltung will das „Ev.“ streichen, um künftig klare Schuleinzugsgebiete formen und so den Baerler Kindern einen Schulplatz losgelöst von einer Religionszugehörigkeit garantieren zu können. Der Evangelische Kirchenkreis Moers, zu dem die linksrheinischen Gemeinden Duisburgs gehören, kämpft indes um die Zukunft der Waldschule als Evangelische Bekenntnis-Grundschule.

Evangelische Grundschule Baerl: Ist sie für alle Kinder des Stadtteils?

Annette Vetter vom Evangelischen Schulreferat Duisburg/Niederrhein und Wolfram Syben, Superintendent des Kirchenkreises Moers, sagen: Die Waldschule ist eine Dorfschule, in die alle Baerler Kinder gehen können. Auch im kommenden Jahr. Die Stadt müsste es nur wollen.

In diesem Jahr können zehn Kinder nicht aufgenommen werden, sie sollen stattdessen zur Homberger Kirchstraße gehen, sechs Kilometer entfernt. Die betroffenen Eltern wollen das nicht akzeptieren, kämpfen unter anderem mit einer Petition dagegen an.

Der Duisburger Westen gehört zum Kirchenkreis Moers. Deren Superintendent Wolfram Syben plädiert für den Erhalt der konfessionellen Bindung der Waldschule in Duisburg-Baerl.
Der Duisburger Westen gehört zum Kirchenkreis Moers. Deren Superintendent Wolfram Syben plädiert für den Erhalt der konfessionellen Bindung der Waldschule in Duisburg-Baerl. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

„Die evangelisch getauften Kinder sind nicht das Problem, und das Wegnehmen der konfessionellen Bindung löst das Problem nicht“, sagt Wolfram Syben. Zur Erinnerung: Erste Aufnahmebedingung an einer Konfessionsschule ist das religiöse Bekenntnis, an allen anderen Grundschulen gilt das Einzugsgebiet als wichtigste Voraussetzung. Von insgesamt 70 angemeldeten Kindern würden aber nur vier über das „Evangelisch-Ticket“ berücksichtigt, alle anderen wohnen im Stadtteil, argumentiert Syben.

Erhalt der Waldschule in Baerl: Die schulpolitische Sicht

„Wir teilen den Wunsch der Eltern, alle Kinder in Baerl zu beschulen“, betont der Superintendent. Für den Kirchenkreis wäre es die einfachste Lösung, in der Schule einen Raum zum zusätzlichen Klassenraum zu machen, Lehrer abzuordnen und die Schule ausnahmsweise dreizügig laufen zu lassen, damit alle Kinder einen Platz finden.

Im Primarbereich sei die fußläufige Erreichbarkeit ein nachvollziehbarer Wunsch der Eltern, ergänzt Annette Vetter. Die Stadt müsse mit erheblichem Widerstand der Eltern rechnen, die eine Absage bekamen. Das Amt für Schulische Bildung hatte diese Variante unter anderem wegen des Lehrermangels ausgeschlossen und setzt auf die Zuweisung nach Homberg.

Annette Vetter vom Ev. Schulreferat Duisburg/Niederrhein glaubt, dass der christliche Grundgedanke der Lehrkräfte prägend für die Waldschule in Baerl ist.
Annette Vetter vom Ev. Schulreferat Duisburg/Niederrhein glaubt, dass der christliche Grundgedanke der Lehrkräfte prägend für die Waldschule in Baerl ist. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Die religiöse Bedeutung: Warum ist eine konfessionelle Grundschule wichtig?

Für Protestanten ist die Debatte keine Kleinigkeit. Die Grundschule ist seit Jahrzehnten die einzige evangelische Grundschule in Duisburg und am ganzen Niederrhein. Weitere Schulen gibt es noch in Gelsenkirchen, Düsseldorf, Essen. Sie sind rar – erst recht im bundesweiten Vergleich: Nur NRW und Niedersachsen halten an Bekenntnisschulen fest, vielfach kritisiert aus verschiedenen politischen und gewerkschaftlichen Lagern.

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Die Kirchenkreis-Vertreter halten dagegen: Um die Vielfalt einer Stadt wie Duisburg zu betonen, brauche es Leuchttürme. So einer könne die evangelische Schule sein. Vetter betont, dass sie sich auch über ein Engagement muslimischer Gemeinden an öffentlichen Aufgaben wie Schulen freuen würde. Entscheidend sei, dass deren Handeln im demokratischen Grundgesetz verankert sei. „Lehren und Lernen muss unter dem Dach der Demokratiefähigkeit stattfinden“, sagt Annette Vetter.

Sie betont, dass Religionsunterricht „schon lange kein Ort der Mission ist, sondern ein Ort des Diskurses. Er ist kein Ort, an dem Überzeugungen geschaffen werden.“ In Baerl präge aber der christliche Grundgedanke die Motivation der Lehrkräfte. Damit verbunden sei eine Zukunftshoffnung, die eine Wirksamkeit bei Kindern habe. Regelmäßig würden hier Religionslehrer ausgebildet und die Schulleitung habe ein „hohes Interesse, die evangelische Weltsicht erfahrbar zu machen“. Religion sei zudem keine Privatsache, sie habe eine gesellschaftlich prägende Kraft.

Evangelische Kirche ist kein Träger der Schule: „Wir stehen beratend zur Seite“

Aktuell besuchen 214 Kinder die Waldschule, weniger als die Hälfte von ihnen ist evangelisch getauft. Ohnehin ist die Evangelische Kirche kein Träger, „wir stehen beratend zur Seite“, sagt der Superintendent. Auch finanziell ist das Engagement übersichtlich. Über den Förderverein und die Gemeinde komme eine kleine vierstellige Summe der Schule zugute, im Haushalt des Kirchenkreises taucht sie nicht auf. Hinzu komme aber punktuell die Arbeitszeit von Pfarrer, Kirchenmusikern und anderen. „In der Gemeinde ist die Schule sichtbar“, so Syben.

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Man sehe an den hohen Anmeldezahlen anderer evangelischer Schulen, etwa dem Fliedner-Gymnasium in Moers, dass sich Eltern eine Werteerziehung wünschen, die losgelöst ist von der eigenen religiösen Zugehörigkeit. „Toleranz, Respekt und Menschenwürde sind geradezu Verkaufsschlager“, sagt Vetter. Andere Schulen wolle sie nicht abwerten, aber „die Evangelischen Schulen arbeiten auf einer klaren Basis“.

Zum Kirchenkreis Moers gehören auch die Duisburger Gemeinden aus den Ortsteilen Baerl, Homberg, Essenberg, Hochheide, Rheinhausen, Friemersheim und Rumeln-Kaldenhausen.
Zum Kirchenkreis Moers gehören auch die Duisburger Gemeinden aus den Ortsteilen Baerl, Homberg, Essenberg, Hochheide, Rheinhausen, Friemersheim und Rumeln-Kaldenhausen. © Kirchenkreis Moers | Kirchenkreis Moers

>> INFORMATIONSABENDE ZUR ZUKUNFT DER WALDSCHULE

  • Der Kirchenkreis Moers lädt zu einem Informationsabend ein, um die Zukunft der Evangelischen Waldschule zu beleuchten.
  • Interessierte sind eingeladen, am Dienstag, 5. März, um 19 Uhr in die Dorfkirche in Baerl zu kommen.
  • Die Stadt Duisburg lädt alle Eltern der Waldschule am Donnerstag, 7. März, um 18 Uhr in die Aula der Erich-Kästner-Gesamtschule, Ehrenstraße 87.

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>> DIE EVANGELISCHE KIRCHE IN DUISBURG:

Die linksrheinischen evangelischen Gemeinden auf Duisburger Gebiet gehören zum Kirchenkreis Moers. Die Kirchengemeinden Baerl, Homberg, Essenberg-Hochheide und Emmauskirchengemeinde verteilen sich auf die Ortsteile Baerl, Homberg, Essenberg, Hochheide, Rheinhausen, Friemersheim und Rumeln-Kaldenhausen.

In Duisburg insgesamt wohnen 87.800 Menschen evangelischer Konfession: 56.421 gehören zum Kirchenkreis Duisburg, rund 6000 zum Kirchenkreis Dinslaken und 25.437 Mitglieder mit Duisburger Adresse hat der Kirchenkreis Moers. Die Gemeinde in Baerl hat 1979 Mitglieder.