Duisburg. Von der Ev. Waldschule Baerl wurden 13 Kinder abgelehnt. Der Dorffrieden sei gefährdet. Die Eltern protestieren. Was sie stört, was sie fordern.
Artur und Karlo, Nalin und Semin, Tamina, Selina und Piet sind Kindergartenkinder aus Baerl. Sie werden im Sommer eingeschult, aber ihre Eltern haben schon jetzt schlaflose Nächte, denn von der Grundschule in ihrem Duisburger Stadtteil haben sie telefonisch bereits eine Absage erhalten: Für sie ist kein Platz auf der Waldschule.
Alternativ sollen die Sechsjährigen ab August die GGS Kirchstraße in Homberg besuchen. Aus den nördlichen Ecken Baerls ist die Schule über sechs Kilometer entfernt. Auch sonst trennen die Schulen Welten. Im idyllischen Baerl liegt der Schulsozialindex bei 1, im dicht bebauten Homberg-Hochheide bei 9.
Petition fordert: „Für jedes Baerler Kind ein sicherer Schulplatz in Baerl“
Die abgelehnten Eltern haben sich über die Kita und Spielplatzbegegnungen schnell vernetzt. Mit einer Petition fordern sie: „Für jedes Baerler Kind ein sicherer Schulplatz in Baerl“. Binnen weniger Tage haben über 1200 Menschen unterschrieben.
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Initiatorin Marisa Savun fordert darin, dass das Schuljahr 24/25 dreizügig laufen soll, um allen Kindern einen Schulplatz zu ermöglichen. Die Eltern haben auch Oberbürgermeister Sören Link einen Brief geschrieben, in dem sie auf die ihnen drohende „nervenaufreibende Zitterpartie“ aufmerksam machen.
Die Kinder seien im Ort verwurzelt, kennen die Schule von Geschwistern, vom Bücherbus und dem alltäglichen Leben, haben Freunde im Sportverein. Künftig müssten sie morgens quer durch den Ort an der Dorfschule vorbeifahren und weitere sechs Kilometer überwinden.
Auf Nachfrage bestätigt die Stadt Duisburg, dass es 69 Anmeldungen gab. 26 Kinder gehören der evangelischen Konfession an und bekamen die Zusage, die meisten wohnen nahe der Schule, zwei kommen aus Hochheide und ein Kind wohnt in Beeckerwerth. 39 wohnen in Baerl, von ihnen konnten 30 aufgenommen werden.
Vier Kinder sind weder evangelisch noch aus Baerl und bekamen deshalb eine Absage. Insgesamt mussten 13 Kinder abgelehnt und koordiniert werden, davon neun aus Baerl, schreibt Gabi Priem, Pressesprecherin der Stadt. Die zweizügige Schule kann „maximal 56 Schülerinnen und Schüler aufnehmen“.
Abstimmung: Duisburgs einzige Evangelische Grundschule soll Gemeinschafts-Grundschule werden
Der Wunsch der Eltern, die Schule dreizügig laufen zu lassen, sei dauerhaft nicht darstellbar, argumentiert das Amt für Schulische Bildung mit Verweis auf die Einwohnerzahlen und den Schulentwicklungsplan. Wie berichtet, setzt das Amt darauf, die religiöse Bindung aufzuheben. Dann könnte für die Schule ein Einzugsgebiet festgelegt werden, das „in der Regel jedem Baerler Kind einen Schulplatz an der Schule zusichern“ würde.
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Derzeit läuft ein Verfahren, das final vom Rat der Stadt am 19. Februar in Gang gesetzt werden muss. Duisburgs einzige Evangelische Grundschule soll eine städtische Gemeinschaftsgrundschule werden. Die Evangelische Schule ist nicht an Schulbezirksgrenzen gebunden und kann Kinder aus ganz Duisburg aufnehmen, wenn sie die religiöse Zugehörigkeit als erste Bedingung erfüllen. Jetzt sollen die Eltern darüber abstimmen, dass diese Bindung wegfällt. Laut Stadtverwaltung soll das noch im März passieren.
Bürgermeisterin fordert: „Die Waldschule muss eine Stadtteilschule werden“
„Die Waldschule muss eine Stadtteilschule werden“, fordert auch Edeltraud Klabuhn, Bürgermeisterin und Ratsfrau (SPD). Weit weniger als die Hälfte der Kinder sei evangelisch. Die Baerlerin betont, dass die Schule zu 100 Prozent staatlich finanziert ist und lediglich eine christliche Säule habe. Diese könne man auch nach der Umwandlung erhalten.
Im Dorf halten sich Gerüchte, dass Kinder extra getauft werden, um die Chancen auf einen Schulplatz zu erhöhen, erzählen die Eltern. Die Konfession zählt zurzeit jedenfalls mehr als etwa ein bereits aufgenommenes Geschwisterkind: Zwei der drei Kinder von Marisa Savun besuchen die zweite beziehungsweise die vierte Klasse der Waldschule. Wenn im Sommer das dritte Kind eingeschult wird und das älteste auf eine weiterführende Schule geht, müsste die Mutter jeden Morgen drei Schulen ansteuern. Auch bei dem Nachwuchs von Michael Ruquet würden sich die Wege teilen: Aktuell besuchen zwei die erste und zweite Klasse der Waldschule, Kind 3 müsste in den Bus steigen Richtung Homberg.
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Maria Weinand, die für ihr Kind eine Absage bekam, ging von 1997 bis 2000 selbst auf die Grundschule, „da gab es auch schon mal eine Containerlösung“, erinnert sie sich. Die Eltern betonen, dass sie niemandem den Platz streitig machen wollen. Anne Pins etwa würde lieber in Kauf nehmen, wenn ausnahmsweise 33 Kinder in einer Klasse sitzen: „Wir wollen gemeinsam mit den Eltern aus Baerl erreichen, dass jedes Kind einen Platz bekommt.“
Um Transparenz zu schaffen, fordern sie einen Infoabend für alle Eltern in Baerl, nicht nur für jene, die abstimmen dürfen. „Da ist zu viel gefährliches Halbwissen im Spiel“, sagt Pins, das belaste den Dorffrieden. Der Statistik, nach der die Geburtenrate ab 2027 wieder zurückgeht, vertrauen sie nicht. „Hier wird immer noch gebaut, es entstehen neue Wohnquartiere, und in die Häuser älterer Menschen ziehen junge Familien.“
Klabuhn: Eltern sollen den Schulplatz einklagen
Vor drei Jahren habe es schon einmal so eine Situation gegeben, erinnert Klabuhn, damals griff eine Härtefallregelung und die Klassen wurden 32 Köpfe groß. „Das ist viel, eigentlich zu viel, aber der Sozialindex gibt her, dass das der Stadtteil, die Schule aushält.“ Umgekehrt wäre es für die Grundschule Kirchstraße schön, wenn sich hier eine größere Durchmischung ergebe, so Klabuhn.
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Der Sozialindex 9 besage lediglich, dass die Kinder nur wenig Unterstützung zu Hause haben, „pädagogisch wird da herausragend gearbeitet“, betont die ehemalige Kita-Leiterin. Vater Philip Weinand, der selbst als Lehrer arbeitet, befürchtet allerdings, dass es bei einem Index von 9 eher um Sozialarbeit gehe, „das ist nicht der Unterricht, den ich mir für mein Kind vorstelle“.
Bis Mitte März die offiziellen Schreiben raus sind, können die Eltern nicht viel tun. Bewegung könnte sich noch durch das Aufnahmeverfahren an der Moerser Waldorfschule ergeben, die traditionell einige Kinder aus Baerl besuchen. Aber wenn das nicht reicht, werden wir die Eltern motivieren, den Schulplatz einzuklagen, kündigt Klabuhn an.
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>>SCHULPLÄTZE IM BEZIRK HOMBERG; BAERL UND HOCHHEIDE
- Das Amt für Schulische Bildung geht auf Basis der Einwohnerstatistik davon aus, dass in den Ortsteilen Baerl, Homberg und Hochheide in den kommenden Jahren jährlich rund 350 Kinder eingeschult werden. Das entspreche einem Bedarf von 13 Zügen.
- Zum kommenden Schuljahr liegt die Aufnahmezahl mit 380 Schülern deutlich darüber, weshalb vier Klassencontainer nötig sein werden. Damit soll zur Not auch im Schuljahr 2025/26 der Bedarf gedeckt werden.