Duisburg. Der Campus Lotharstraße der Universität Duisburg-Essen soll umgebaut werden. Was das für den Verkehr in Neudorf und das Uni-Wäldchen bedeutet.

Die Campus der Universität Duisburg-Essen (UDE) wird sein Gesicht grundlegend verändern. Zur Sanierung, Modernisierung und zum Neubau von Gebäuden an der Lotharstraße hat der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes einen Masterplan vorgelegt. Er ist Grundlage für die weitere Entwicklung des Hochschulstandorts – bekanntlich plant die UDE die Auslagerung der Ingenieurwissenschaften auf einen neuen Campus auf das Areal des einstigen DB-Waggonwerks in Wedau-Nord. In der Bezirksvertretung Duisburg-Mitte wurden die Pläne nun vorgestellt.

Gebäude des Bereichs B in Duisburg-Neudorf werden aufgegeben

Die UDE wird sich langfristig auf die Lotharstraße beschränken, die Immobilien der Lehr- und Forschungseinrichtungen Bereich B im Karree Oststraße/Bismarckstraße/Memelstraße werde die Uni „in Abstimmung mit der Stadt Duisburg und dem BLB langfristig aufgeben“, bestätigt Uni-Sprecherin Astrid Bergmeister auf Nachfrage.

Diese interessanteste Nachricht für die Uni- und Stadtentwicklung erwähnt der Masterplan – erstellt von der landeseigenen Planungsgesellschaft NRW.Urban im Auftrag des BLB – auf 70 Seiten mit keinem Wort. Gleichwohl benötigt die Uni die Raumkapazitäten des B-Bereichs. „Ein langfristiger Verzicht – ohne konkrete Zeitschiene – ist möglich, wenn andere Flächen zur Verfügung stehen“, so die UDE-Sprecherin.

Uni zum Ingenieurcampus Wedau-Nord: „Sind in guten Gesprächen mit dem Land“

Dass der B-Bereich für die Campus-Entwicklung nicht mehr betrachtet wird, lasse aber nicht den Rückschluss zu, dass die Würfel für die Finanzierung des neuen Ingenieurcampus bereits gefallen sind: „Alle Überlegungen befinden sich noch in der weiteren Abstimmung mit dem NRW-Wissenschaftsministerium.“ Man befinde sich dort „in guten Gesprächen mit dem Land“.

Dort stehen weitere NRW-Universitäten mit ihren Sanierungs- und Neubauplänen an. Aussagen über das Ausmaß und Zeitleisten der möglichen Entwicklungen soll das beim NRW-Wissenschaftsministerium in Aufstellung befindliche Hochschulstandort-Entwicklungsprogramm (HSEP) ermöglichen. Der Zeitpunkt für seine Fertigstellung ist noch offen. Allein Um- und Neubauten in Duisburg werden deutlich über eine Milliarde Euro kosten.

Zielrichtung des Masterplans ist es, dem Campus Lotharstraße eine klare Struktur zu geben. Aktuell werde er „von den umliegenden Straßen kaum als Universitätscampus wahrgenommen“, heißt es im Bericht. „Chaotische Raumeindrücke“ erschwerten innerhalb des Geländes die Orientierung. Es gelte deshalb, eine „qualitätsvolle und ganzheitliche Entwicklung des gesamten Geländes sicherzustellen“.

Hoher Sanierungsbedarf: Ältestes Uni-Gebäude ist fast 100 Jahre alt

Das LF-Gebäude der Universität in Duisburg steht unter Denkmalschutz. In der Vergangenheit wurde es immer mal wieder saniert.
Das LF-Gebäude der Universität in Duisburg steht unter Denkmalschutz. In der Vergangenheit wurde es immer mal wieder saniert. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Das Urteil nach einer umfassenden Gebäudeuntersuchung Anfang der 2020er Jahre ist eindeutig: „Der ältere Gebäudebestand ist zu einem überwiegenden Teil sanierungsbedürftig.“ Die Beinfreiheit der Planer erschwert der Denkmalschutz: Darunter steht etwa das LF-Gebäude, die einstige Frauenklinik, Baujahr 1926, ist die älteste Immobilie.

Ausgeschlossen ist deshalb auch ein höhergeschossiger Ersatzneubau für das LS-Gebäude (Politikwissenschaften) an der Lotharstraße, auch für die sogenannten „Keksdosen“ (Physik, Maschinenbau, Mensa) „wird der Denkmalschutz erörtert“. „Die Keksdosen sind das Wiedererkennungsmerkmal der Universität“, erläuterte ein Vertreter des BLB im Ausschuss und betonte, dass man mit der Uni, aber auch der Stadt in einem „engen Austausch“ stehe: „Wir brauchen die Stadt Duisburg, wenn es um die Straßenplanung, den ÖPNV und das Umfeld geht.“

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Die Eigentumsverhältnisse vor Ort erschweren allerdings die Entwicklung: Die zentrale Freifläche am Forsthausweg/Carl-Benz-Straße, eigentlich vorgesehen für einen Mensa-Neubau, gehört zum Großteil dem Studierendenwerk. Das denkt angesichts der Kosten für einen Neubau und sinkenden Gästezahlen auch über Umbau und Sanierung der alten Mensa nach (s. Grafik Nr. 2).

Fünf neue Gebäude an der Lotharstraße und Sanierung der „Keksdosen“ ab 2030

Der Masterplan sieht den Neubau von fünf Gebäuden auf dem Campus Lotharstraße vor. Die Umsetzung hat mit dem Neubau des Parkhauses auf einer Hälfte des nördlichen Uni-Parkplatzes an der Carl-Benz-Straße bereits begonnen (s. Grafik Nr. 11). Auf der zweiten Parkplatzhälfte entsteht der Neubau des benachbarten LE-Hochhauses, das nach dem Umzug der Nutzer ab 2027 saniert werden soll.

Einen Neubau (rund 18.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche) sollen die Physiker bis 2030 im Bereich des Mercatorhauses (s. Grafik Nr. 4) bekommen. Sie müssen die „Keksdosen“ verlassen, deren Sanierung dann beginnen könnte. Die Dozenten und Studierenden, die in den Gebäuden nahe der Mülheimer Straße etwa Labore nutzen, können nicht einfach so den Standort wechseln. Wenn sie umziehen, kann ein großangelegtes Wechsel- und Umzugsspiel beginnen, machen die Bauplaner deutlich.

Noch nicht mit einem Planungszeitraum hinterlegt sind zwei weitere Neubauten: Ein RAR-Center könnte, eine Verständigung mit dem Studierendenwerk vorausgesetzt, auf der bisher für eine neue Mensa vorgesehenen Fläche (s. Grafik Nr. 5) mit 26.000 m2 entstehen. RAR steht für Research Academy Ruhr, die gemeinsame Plattform der Unis Duisburg-Essen, Bochum und Dortmund zur Förderung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Weitere 8000 Quadratmeter Neubaufläche sind vorgesehen für ein THz4-Gebäude. Noch unklar sei allerdings, ob die Terahertz-Forschung künftig nach Wedau-Nord umgesiedelt wird oder ein eigenes Domizil an der Lotharstraße (s. Grafik Nr. 7 oder 8) bekommen soll.

Neuer Rundbau an der Mülheimer Straße als „repräsentatives Gesicht“

Als ein zentraler Eingangsbereich der Uni soll die Freifläche an der Ecke Mülheimer Straße/Lotharstraße einen Rundbau bekommen, der dem Campus ein „repräsentatives Gesicht“ geben soll. „Hier ist eine Platzgestaltung vorgesehen, die diese Funktion widerspiegelt“, heißt es im Masterplan.

Er identifiziert außerdem weitere „Potenzialflächen“ für den Umbau: Etwa die Lagerhallen des M-Bereichs (s. Grafik Nr. 3) und die die Uni-Bibliothek (s. Grafik Nr. 9). Sie kann nicht barrierefrei umgebaut werden, nach einem Umzug der Bibliothek in die sanierten Keksdosen könnte das LK-Gebäude Mitte der 2030er Jahre abgerissen werden. „Langfristig stehen auch die Gebäude LB, LC und LD im südlichen Campus-Bereich zur Disposition“, so die Planer (s. Grafik Nr. 9).

Campus wird autofrei: Keine Durchfahrt mehr über den Forsthausweg

Auf dem Uni-Parkplatz wird momentan ein Parkhaus gebaut. Künftig soll eine Durchfahrt über die Carl-Benz-Straße über den Forsthausweg Richtung Lotharstraße nicht mehr möglich sein.
Auf dem Uni-Parkplatz wird momentan ein Parkhaus gebaut. Künftig soll eine Durchfahrt über die Carl-Benz-Straße über den Forsthausweg Richtung Lotharstraße nicht mehr möglich sein. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Neu geordnet werden die Bereiche Mobilität und Verkehr. Eine zentrale Grünachse verläuft von der Müheimer Straße Richtung Süden, dann parallel zur Carl-Benz-Straße bis zum Campus-Südrand. Drei weitere Querachsen ordnen das Areal, auch sie bleiben dem Fuß- und Radverkehr vorbehalten.

Der Autoverkehr soll künftig aus Richtung A40 über die Carl-Benz-Straße nur noch in die beiden Parkhäuser führen, die Durchfahrt über den Forsthausweg zur Lotharstraße soll entfallen. „Die bisher im gesamten Gelände flächenhaft untergebrachten Stellplätze werden zusammengefasst und gestapelt“, formuliert der Masterplan. Das Mobilitätskonzept betrachte dabei nicht nur den Autoverkehr, obwohl dieser für die nahe der Autobahn gelegenen Pendler-Uni eine wichtige Rolle spiele. Auch Car-Sharing, Leihräder und ein verbesserter ÖPNV sollen in die Überlegungen mit einbezogen werden.

Campus soll an Aufenthaltsqualität gewinnen

Den Bauherren des BLB ist wichtig, dass der Campus in Duisburg an Aufenthaltsqualität gewinnt. Dies soll zum Beispiel auch mit Wasserflächen erreicht werden.

In der Bezirksvertretung Duisburg-Mitte sitzen aber auch einige ehemalige Studierende der Uni. Stella Rauscher (Bündnis 90/Die Grünen) interessiert etwa, was die Studierenden selbst zu den Plänen sagen. Sie und Torsten Steinke (SPD) hakten nach, ob auch an Freiflächen für ein Campus- oder AStA-Fest gedacht worden sei. Veranstaltung dieser Art haben zuletzt auf den Parkplätzen stattgefunden – diese sollen aber ja überbaut werden.

Dr. Gabriele Siegert (Bündnis 90/Die Grünen) glaubt, dass sich die (Grün-)Planung auch für die Neudorfer positiv auswirken wird. Frank Albrecht (FDP) würde sich wünschen, dass die Stadt die Pläne an der Uni zum Anlass nimmt, das ÖPNV-Angebot zu verbessern.

NRW.URBAN: WALDDREIECK ZWISCHEN UNI UND AUTOBAHN SOLL BLEIBEN

Im vorderen Bereich ist das Uni-Wäldchen zu sehen. Im vorgelegten Masterplan wird es nicht angetastet.
Im vorderen Bereich ist das Uni-Wäldchen zu sehen. Im vorgelegten Masterplan wird es nicht angetastet. © FUNKE Foto Services | Martin Möller
  • Obwohl das Waldstück zwischen Uni-Parkplatz, Carl-Benz-Straße und A3 auch im neuen Flächennutzungsplan als Erweiterungsfläche für die Universität ausgewiesen ist, sieht der Masterplan für die Campus-Entwicklung seinen Erhalt vor.
  • Das Walddreieck werde entsprechend seiner derzeit wichtigen ökologischen Funktion zunächst in seinem Zustand beibehalten, heißt es dazu. Die Fläche sei nur dann „zu einem späteren Zeitpunkt weiterzuqualifizieren“, falls „derzeit nicht vorhersehbare Bedarfe der Universität eine Entwicklung der Fläche unabdingbar machen“.
  • Den Planern von NRW.Urban ist die Sorge von Naturschützern offenbar bekannt. Sie betonen daher die Bedeutung der „ökologisch besonders wertvollen Fläche“ mit „einer Vielzahl alter und wertvoller Laubbäume“. Es bestehe „das Risiko, dass hier ein Erhalt, z.B. auf politischer Ebene, gefordert/beschlossen werden könnte und damit die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten des Campus eingeschränkt werden“.