Duisburg. Was wird aus dem Duisburger Uni-Waldstück zwischen Parkplatz und A 3. Die Stadt will es zur Sonderbaufläche erklären. Was Gegner nun kritisieren.
Wird der Duisburger Uni-Wald in Neudorf künftig abgeholzt, wenn die Universität sich erweitern möchte? Im neuen Flächennutzungsplan (FNP) der Stadt ist eine 2,9 Hektar große Fläche, die zwischen der Carl-Benz-Straße und der A 3 liegt, als „Sonderbaufläche Universität“ ausgewiesen – wieder einmal, denn die Debatte um das Gebiet gab es schon vor einigen Jahren.
Und auch damals war die Aufregung schon groß.
Duisburger „Bündnis Klimaentscheid“: Stadt berücksichtigt die Klimakrise kaum
Das „Bündnis Klimaentscheid“ kritisiert, dass die Stadt bei der neuen Planung die Erkenntnisse zur Klimakrise kaum berücksichtige. Nun informierten die Umweltschützer in einer Bürger-Veranstaltung im „Finkenkrug“, wie Duisburger, aber auch auswärtige Studierende, die einen Bezugspunkt in der Stadt haben, noch Einspruch gegen die Pläne einlegen können. Etwa 40 Interessierte diskutierten mit den Ehrenamtlichen – und machten auch konstruktive Vorschläge, wo es aus ihrer Sicht bessere Erweiterungsmöglichkeiten für die Uni geben könnte.
„Es gibt so viel Leerstand oder Brachen. Warum siedelt sich die Uni nicht in der Innenstadt an?“, fragt Gerd Schwemm vom „Bündnis Klimaentscheid“. In anderen Städten gehe der Trend ohnehin dahin, dass sich die Uni nicht mehr auf einem Campus separiere. „Der Kaufhof steht doch leer“, schlägt ein Teilnehmer vor. Außerdem gebe es ja Pläne, Teile der Uni nach Wedau zu verlagern und dort zu erweitern. Ihm schwant: „Es ist bekannt, dass die Keksdosen saniert werden müssen. Vielleicht sind die Parkplätze und der Wald dann als Ausweich-Standort vorgesehen. Aber da gibt es wirklich bessere.“
Nach einem Sommer, in dem auch in Duisburg erneut Spitzen-Temperaturen gemessen wurden, sei der Flächennutzungsplan nicht mehr zeitgemäß. „Auch in Neudorf gibt es Hitze-Inseln, weil es hier Bebauung und Verkehr gibt“, erklärt Schwemm. Das Bündnis fordert deshalb von der Stadt, Freiflächen zu schützen, Frischluft-Schneisen zu bewahren und eher Flächen wieder zu entsiegeln, also Bebautes zu Grün zu machen. Ursprünglich wurde das Gebiet zwischen A 3 und Uni-Parkplatz als Wald deklariert. „Es ist einer der seltenen, schützenswerten Buchenwälder“, betont Britta Söntgerath vom „Bündnis Klimaentscheid“.
Stadt: „Die Universität hat für die Stadt als Arbeitgeber und Forschungseinrichtung eine große Bedeutung“
Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt Stadt-Pressesprecherin Susanne Stölting, warum die Stadt die Fläche dennoch als Erweiterungsoption im FNP aufnehmen möchte: „Die Universität Duisburg-Essen gehört zu den zehn größten Universitäten in Deutschland und hat für die Stadt Duisburg als Arbeitgeber und Forschungseinrichtung eine große Bedeutung.“
Ob die Waldfläche tatsächlich in Anspruch genommen werde, stehe zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht fest. Astrid Bergmeister, Sprecherin der Uni Duisburg-Essen, betont auf Nachfrage: „Zurzeit ist keine Bebauung dieses Bereichs geplant.“
Sollten sich die Pläne vonseiten der Hochschule einmal ändern, gelte Folgendes: „Würde die Waldfläche tatsächlich als Erweiterung für die Uni genutzt, besteht eine forstrechtliche Ausgleichsverpflichtung. Der Ausgleich würde dann im Rahmen einer nachfolgenden Bebauungsplanung ermittelt. Denkbar wäre auch, dass nur ein Teil der Waldfläche genutzt würde und der übrige Teil als Wald erhalten bleibt. Ein Ausgleich wäre aber auch bei einer Teilnutzung erforderlich“, so Susanne Stölting.
Das Bündnis möchte trotzdem soviel Protest wie möglich organisieren und hofft, dass noch viele Bürger bis zum 29. Oktober von ihrem Einspruchsrecht Gebrauch machen. Bei den Bürgerveranstaltungen, die die Umweltschützer bisher durchgeführt haben, lagen deshalb auch vorformulierte Einwendungen als Orientierungshilfe aus. „Wichtig ist, dass jeder etwas Sachliches und Individuelles schreibt, denn gleichlautende Schreiben werden als eine Eingabe gewertet“, weiß Antje Ahlbrecht von der Initiative „Parents for future“, die sich ebenfalls an dem Bündnis beteiligt.
Ihr Tipp: „Nutzen Sie doch vielleicht mal KI. Chat GPT kann auch ganz schöne Einsprüche schreiben, haben wir schon getestet.“ Die Hoffnung der Bündnis-Teilnehmer: Sie gewinnen Zeit und hoffen, dass vielleicht von übergeordneter Stelle in naher Zukunft neue Vorgaben gemacht werden, dass Umweltschutz- und Klima-Aspekte verstärkt in die Planung einbezogen werden müssen.
>> Einwendungen noch bis zum 29. Oktober möglich
Der Flächennutzungsplan ist die Grundlage für die gesamtstädtische, strategische Stadtentwicklung. Notwendig ist die Neuaufstellung, weil die momentan geltende Fassung aus dem Jahr 1986 immer wieder von der Zeit überholt wurde. „Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Neuaufstellung, wir wissen, dass Dinge angepasst werden müssen. Aber dabei sollten Klima-Aspekte eine größere Rolle spielen“, sagt Gerd Schwemm.
Der nun vorliegende Entwurf ist Ergebnis eines langen Prozedere, das im Juni 2007 begann und mit Beteiligung der Verwaltung, Kommunalpolitik und einer umfangreichen Bürgerbeteiligung mit Planungswerkstätten in den Stadtbezirken bis 2015 dauerte. Ergebnis war „Duisburg 2027“, eine informelle inhaltliche Strategie für die nachhaltige Entwicklung der Stadt. Es folgte die Einarbeitung dieser Zielvorgaben in einen formellen Bauleitplan und eine Abstimmung mit den übergeordneten Planungen wie dem Landesentwicklungsplan NRW und dem Regionalplan Ruhr, die parallel zum Duisburger FNP-Prozess ebenfalls neu aufgestellt wurden.
Der Entwurf mit seinen Begründungen und dem Umweltbericht ist im Internet einsehbar auf der Seite www.duisburg.de/fnp-neuaufstellung sowie nach telefonischer Voranmeldung auch im Stadthaus unter den Rufnummern 0203 283 3934 oder 0203 283 4611. Einwendungen gehen schriftlich an das „Amt für Stadtentwicklung und Projektmanagement 61-11, Friedrich-Albert-Lange-Platz 7, 47051 Duisburg“ oder per E-Mail an fnp@stadt-duisburg.de
Zudem hat das „Bündnis Klimaentscheid“ eine Hotline geschaltet. Unter der Rufnummer 0203 369 705 86 gibt’s montags bis donnerstags Antworten auf Fragen, aber auch Hilfe bei den Einwendungen.
Bisher sind laut Stadt 71 Stellungnahmen eingegangen. Susanne Stölting: „Inhaltlich ging es dabei oft um den Erhalt von Grün- und Freiflächen, oft verbunden mit der Sorge vor den Auswirkungen des Klimawandels, etwa wegen Hitze oder Starkregen.“