Duisburg. Sieben Familiengrundschulzentren helfen Eltern in den Duisburger Ankunftsstadtteilen im Schul-Dschungel. Warum auch Lehrer profitieren.
Als Ankunftsstadtteile werden Marxloh, Hochfeld und Meiderich oft bezeichnet. Wegen der besonderen Herausforderungen durch die vielen Menschen aus allen möglichen Ländern hat die Stadt Duisburg hier seit 2021 sieben Familiengrundschulzentren gegründet. Sie knüpfen an die Familienzentren in Kitas an und wollen durch langfristige Bindung nicht nur den Kindern, sondern auch Mama und Papa helfen – und zugleich Lehrer entlasten.
„Wir sind froh, endlich mehr Zeit für schulische Themen zu haben“, sagt Haris Kondza, der Schulleiter der Regenbogenschule in Marxloh. Das sollte selbstverständlich sein, ist es aber nicht. Die neu zugewanderten Familien hätten zwar häufig Probleme, in Deutschland anzukommen, „aber mit der Schule haben sie keine Probleme, die Eltern sind teilweise täglich da“, so Kondza. Durch diese besondere Nähe bringen sie ihre Probleme, Briefe und Fragen mit, die nicht schulisch sind und die Lehrer früher viel Zeit kosteten.
Familiengrundschulzentren in Duisburg: Zuwandererfamilien durch die Schulzeit lotsen
Jetzt kümmern sich die Ansprechpartner des Familiengrundschulzentrums darum, helfen beispielsweise bei Anträgen zum Bildungs- und Teilhabegesetz, bieten Frauen- und Sprachtreffs an, lotsen Eltern durch die Schulzeit ihrer Kinder.
Das sehr deutsche Phänomen des Schnellhefters ist nicht nur sprachlich vielen arabisch-stämmigen Familien unbekannt, sagt Lisa-Marie Arnold von der Awo, die hier Träger ist. Auch Stundenpläne und Hausaufgabenhefte müssen erst mal erklärt werden.
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Frauen sind der Schlüssel zur Familien-Integration
Im Sprachkurs halten Nilhan Topcu und Loubna Boudhane Bildkarten hoch: Die Kirsche, die Schüppe, das Reiskorn. Die Frauen sind schüchtern und angesichts der vielen fremden Journalisten zögerlich bei der Aussprache der fremden Worte. Ihre Kinder krabbeln auf dem Boden herum, kriechen auf den Schoß, spielen mit Hula-Hoop-Reifen und kleinen Autos..
Diese Frauen seien der Schlüssel zur erfolgreichen Familien-Integration, ist sich Bildungsdezernentin Astrid Neese sicher. Ihnen müsse man niederschwellige Angebote machen, um etwa Deutsch zu vermitteln. Nur so könne langfristig auch der Arbeitsmarkt profitieren.
Die Mütter sind leichter zu aktivieren, bestätigt Anika Saliver vom Familiengrundschulzentrum. Sie kommen in den Nähkurs, gehen zusammen auf den Markt, machen Spaziergänge und üben parallel dabei die deutsche Sprache.
Projektleiterin Arnold, die schon in 28 Familienzentren in Kitas Erfahrung sammeln konnte, sagt, dass an Schulen andere Brücken nötig seien. Die Väter könne man beispielsweise über Kunstprojekte der Kinder erreichen, die diese stolz zeigen wollen. Ein Café mit Leben zu füllen, den Austausch zu stärken und einen stabilen Deutschkurs zu formen, koste mindestens ein halbes Jahr, selbst über die Muttersprachen, die die Kursleiterinnen beherrschen.
Grundschulen in Marxloh werden für 68 Millionen Euro saniert
Langfristig sollen Wohlfühlorte entstehen, noch sei es eher ein „Örtchen“ im Container, sagt Arnold. Aber die Stadt will umfangreich investieren. Allein die drei Marxloher Grundschulen (Henriettenstraße, Ottostraße und Sandstraße) werden in den kommenden Jahren umfassend saniert. Insgesamt werden hier über 68 Millionen Euro investiert, davon fließen rund 25 Millionen Euro in die Familiengrundschulzentren. Und wenn man Schulleiter Kondzas ausgestrecktem Arm folgt, der auf diesen und jenen Gebäudeteil zeigt, dann darf man sagen: Hier bleibt kaum ein Stein auf dem anderen.
Die Baumaßnahmen weisen in die Zukunft und kalkulieren mit ein, dass bis 2029 alle Kinder einen Ganztags-Anspruch haben. Abgesehen davon bleiben viele zugewanderte Kinder fünf Jahre in der Grundschule, bis sie fit genug für die weiterführende Schule sind. Auch das braucht Platz, betont Ralph Kalveram vom Amt für Schulische Bildung.
Familiengrundschulzentren sind für viele Standorte „unverzichtbar“
Wenn es nach Bildungsdezernentin Astrid Neese geht, könnte das noch für viel mehr Schulen gelten. Im Prinzip müssten alle Schulen, die im Schulsozialindex zwischen 7 und 9 liegen, ein Familiengrundschulzentrum bekommen, findet sie.
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In Duisburg wären das 38 Schulen von der Grundschule bis zur Gesamtschule, deren Kinder einen Zuwanderungshintergrund haben, die aus armen Familien kommen und deren Muttersprache nicht Deutsch ist. „Für all diese Schulen ist die Unterstützung durch ein Familiengrundschulzentrum unverzichtbar“, sagt Neese. Nur so könne man dauerhaft Lehrer entlasten.
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>>FAMILIENGRUNDSCHULZENTREN IN DUISBURG
- In mehreren Sprachen informiert die Stadt über die wachsenden Angebote der bislang sieben Familiengrundschulzentren in Duisburg auf der Webseite: www.duisburg.de/microsites/familiengrundschulzentren
- Der Betrieb der Familiengrundschulzentren kostet aktuell jährlich rund 43.000 Euro pro Standort, jeweils 7000 Euro trägt die Stadt, der größere Teil wird über das Schulministerium und das „kinderstark“-Programm des Familienministeriums finanziert.
- Es reicht für eine halbe Leitungsstelle, für Honorare, Bewirtung und Material, sagt Arnold, die ihrerseits weitere Töpfe anzapft, um Angebote machen zu können.
- An diesen Schulen gibt es Familiengrundschulzentren: Grundschule Henriettenstraße, Sandstraße, Friedenstraße, Brückenstraße, Hochfelder Markt sowie an der Berg- und der Regenbogenschule.