Duisburg. In den Betriebsratsgremien von Thyssenkrupp Steel dreht sich das Personalkarussell. Weiteres Thema bei der Betriebsversammlung: die Tarifrunde.

Stühlerücken in den Mitbestimmungsgremien bei Thyssenkrupp Steel (TKS): Tekin Nasikkol hat sein Amt als Betriebsratsvorsitzender am Standort Duisburg Hamborn/Beekerwerth niedergelegt. Zum Nachfolger hat die Mitarbeitervertretung am vergangenen Donnerstag seinen bisherigen Stellvertreter Ali Güzel gewählt. Das erfuhren die Beschäftigten am Montag bei der dritten Betriebsversammlung des Jahres in der Mercatorhalle.

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In Schwung gekommen ist das Personalkarussell in Duisburg durch den Abschied von Dirk Sievers als Vorsitzender des Konzernbetriebsrates im Juni. Nasikkol, bis dahin Sievers’ Stellvertreter, wurde zum Nachfolger gewählt, hatte aber zunächst angekündigt, auch den Betriebsrat am größten Stahlstandort des Konzerns auch weiterhin anzuführen und auch Vorsitzender Gesamtbetriebsrats von TKS zu bleiben. Es mache Sinn, so hieß es da, dass die Vertretung der Belegschaftsinteressen in der Stahlsparte in einer Hand liegen.

Amtsübergabe: Nach dem Rückzug von Tekin Nasikkol (rechts) von der Spitze des Betriebsrates in Hamborn/Beekerwerth übernimmt sein bisheriger Stellvertreter Ali Güzel (2. von links) den Vorsitz. Olaf Vopel (links), bisher Geschäftsführer des Betriebsrats, wird stellvertretender Vorsitzender.
Amtsübergabe: Nach dem Rückzug von Tekin Nasikkol (rechts) von der Spitze des Betriebsrates in Hamborn/Beekerwerth übernimmt sein bisheriger Stellvertreter Ali Güzel (2. von links) den Vorsitz. Olaf Vopel (links), bisher Geschäftsführer des Betriebsrats, wird stellvertretender Vorsitzender. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Tekin Nasikkol: Ein Schreibtisch in Duisburg und den zweiten in Essen

Nun der Sinneswandel. „Wir haben hier 13.000 Beschäftigte, 400 Vertrauensleute und 43 Betriebsräte“, erklärte der 55-Jährige am Montag, „da muss der Vorsitzende ständig ansprechbar sein und viel Kraft investieren.“ Dieser Aufgabe könne er als Leiter des Konzernbetriebsrats, der auch einen Schreibtisch in der Essener Zentrale hat, im erforderlichen Umfang nicht gerecht werden.

Mit Nachfolger Ali Güzel (56) und dem bisherigen Geschäftsführer des Betriebsrats Olaf Vopel (56), der als neuer stellvertretender Vorsitzender aufrückt, verbindet Nasikkol ein gemeinsamer Weg, der vor 38 Jahren in der Hamborner Lehrwerkstatt begann. „Ich mache meine Aufgabe weiter, wichtig ist, dass wir weiter Hand in Hand zusammenarbeiten“, sagt Güzel.

Das ist gewährleistet: Nasikkol bleibt Mitglied des Betriebsrates und Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates von TKS. Die Position von Olaf Vopel als BR-Geschäftsführer übernimmt sein bisheriger Stellvertreter Axel Fischer, dessen bisherigen Platz nimmt Sebastian Balzer (33) ein, bisher als Betriebsrat im Upstream-Koordinierungsausschuss tätig.

Tarifrunde: Arbeitszeit wird neben Lohn ein wichtiges Thema sein

Derweil bereitet sich der Betriebsrat gemeinsam mit der IG Metall auf die Tarifrunde im Stahl vor. Am Dienstag wird NRW-Bezirksleiter Knut Giesler im Duisburger Norden erwartet. Thema: Die Forderungen der Gewerkschaft, die sie am Mittwoch kundtun wird. „Es wird wegen der anhaltend hohen Inflation um eine spürbare prozentuale Erhöhung gehen, aber auch um die Arbeitszeit“, kündigt Tekin Nasikkol an. Bei einer betriebsinternen Umfrage hätten sich 75 Prozent der Teilnehmer für eine Verkürzung ausgesprochen.

Überraschend käme diese Forderung nicht. Schon im Frühjahr hatte Verhandlungsführer Giesler die Einführung der Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich im Gespräch mit dieser Zeitung als Ziel gesetzt. Es müsse um eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit-Modelle gehen, die es schon bei TKS gibt, sagt Nasikkol.

Nur so werde TKS auch für den Nachwuchs attraktiv, betonen die Betriebsräte. „Stellenabbau war gestern, wir müssen uns sputen, um genügend Personal in die Produktion zu bekommen“, sagt Olaf Vopel, „dazu brauchen wir nicht die besten, sondern die richtigen Mitarbeitenden.“

Fast 40 Jahre im Unternehmen: 1983 hat Ali Güzel seine Ausbildung in der Metallurgie bei Thyssenkrupp Steel begonnen, am vergangenen Donnerstag hat der Betriebsrat den 56-Jährigen zu seinem Vorsitzenden am Standort Hamborn/Beeckerwerth gewählt.
Fast 40 Jahre im Unternehmen: 1983 hat Ali Güzel seine Ausbildung in der Metallurgie bei Thyssenkrupp Steel begonnen, am vergangenen Donnerstag hat der Betriebsrat den 56-Jährigen zu seinem Vorsitzenden am Standort Hamborn/Beeckerwerth gewählt. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Ali Güzel: Stellen allein in diesem Jahr 1000 neue Mitarbeitende ein

Der Abbau von 3000 Stellen bis 2026 ohne betriebsbedingte Kündigungen, vor drei Jahren vereinbart im Zuge der „Stahlstrategie 20-30“ sei gestoppt. „Wir stellen allein in diesem Jahr 1000 neue Mitarbeitende ein“, sagt Ali Güzel, „350 Auszubildende haben am 1. September begonnen.“ Bei den Neueinstellungen, betont der neue Betriebsratsvorsitzende, gehe es um zusätzliche Jobs, nicht um die Besetzung von ohnehin freien Stellen.

Der Aufbau erfolge auch mit Blick auf den Technologiewechsel. Der Entscheidung für die Förderung der ersten Direktreduktionsanlage (DR) müssten jetzt schnell weitere folgen, mahnt Tekin Nasikkol. „Nun schauen alle zunächst auf HKM, aber im nächsten Jahr sollte dann über eine zweite Anlage im Duisburger Norden gesprochen werden.“ Ziel der Betriebsräte sei es, alle Hochöfen durch eine DR-Anlage zu ersetzen. Nasikkol: „Das ist volkswirtschaftlich sinnvoll, erhält die Wertschöpfungskette und verhindert die Abhängigkeit von Importen.“

>>TKS-FUSSBALLFEST: SIEG FÜR ERDBEBENOPFER IN DER TÜRKEI UND SYRIEN

  • Die Gewinner des 20. Familien-Fußballfestes von Thyssenkrupp Steel sind die vom Erbeben betroffenen Menschen in der Türkei und in Syrien. Den Erlös der Sammlung am Rande der Spiele der Betriebsteams verdoppelte der Vorstand auf 7150 Euro.
  • Im spannenden Finale unterlag das Team des Vorstands um Technik-Chef Dr. Arnd Köfler der Betriebsratself nach Elfmeterschießen. Tekin Nasikkol hatte zwei Strafstöße pariert und trat nach dem Turnier auch als Torhüter der Betriebsräte zurück. „Meine Knie haben drei Tage geschmerzt. Man soll aufhören, wenn’s am schönsten ist.“ Weiterer Bericht: Wirtschaft