Duisburg. Ein Riesenkran erreicht Duisburg nach einer Reise um die Welt: Wofür ihn Thyssenkrupp Steel braucht und warum er außergewöhnlich ist.
Klingt einfach, ist aber Millimeter-Arbeit und ein internationales logistisches Großprojekt für Thyssenkrupp-Steel (TKS): Fünf bis zu 100 Tonnen schwere Module für den Kran eines neuen Brammenlagers wurden seit dem vergangenen Freitag vom Werkshafen Schwelgern an die Großbaustelle in Bruckhausen transportiert. Am Standort der Gieß-Walzanlage baut TKS im Zuge seiner Modernisierungsstrategie 20-30 eine Strangguss-Anlage und das dritte Warmwalzwerk im Duisburger Norden.
[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]
Am Dienstagabend kann Thorsten Inbierowicz entspannt durchatmen. Da liegt auch der letzte, 41 Meter lange und 70 Tonnen schwere Kranbahn-Träger auf der Baustelle. Der Wirtschaftsingenieur koordiniert die Baustellenlogistik im insgesamt 25-köpfigen Team, das bei TKS die Bauprojekte im Werk plant.
Riesenkran für Thyssenkrupp Steel in Duisburg
„Im Mai sind die Module in Thailand verladen worden“, berichtet der 35-Jährige. Geliefert wird der Kran vom italienischen Anlagenbauer Danieli, der lässt in seinem asiatischen Werk produzieren. Von dort aus geht’s über Singapur nach Antwerpen, wo die Stahlkolosse und kleinere Bauteile für den Weitertransport auf dem Rhein auf sechs Binnenschiffe verladen wurden. Auch Danieli-Mitarbeitende begleiten den Transport.
Zwei riesige Kräne heben die Module auf selbstfahrende Tieflader
Zwei riesige Autokräne (500 und 660 Tonnen) sind am Schwelgernhafen aufgefahren, um die Module an Land zu hieven. Weil die Last nicht an dem äußersten Ende der über 40 Meter langen Stahlträger aufgehängt werden kann, reicht der Abstand zwischen den Kranen nicht, um sie einfach in der Mitte durchzuführen. Das „Einfädeln“ beeindruckt aber nur den Laien. „Ist Routine für die Kranfahrer“, sagt Inbierowicz.
Auf der anderen Seite wartet bereits ein SPMT-Tieflader. Der „Self Propelled Modular Transporter“ wird je nach Bedarf aus mehreren Bauteilen zusammengesetzt und per Joystick vom niederländischen Team des Schwertransport-Spezialisten Felbermayr gesteuert. Bei TKS werden 40 Meter benötigt, die Last verteilt sich auf 20 Achsen, die jeweils einzeln steuerbar sind. Die Höhe der Ladefläche ist hydraulisch veränderbar. Weil der SPMT auch seitlich fahren kann, ist zum Abladen kein Kran erforderlich: Die Stahlkolosse werden einfach auf eine dafür vorbereitete Unterkonstruktion abgestellt.
Maßarbeit ist beim Aufsetzen des Kranbahn-Trägers auf den Tieflader gefragt. Balken und Brettern unterschiedlicher Stärke sorgen für den notwendigen Abstand zur Ladefläche, damit Anbauteile des Moduls nicht beschädigt werden. Eine Stunde lang schwebt die Last wenige Zentimeter über dem Tieflader, immer wieder messen die Fachleute mit dem Maßband nach, ehe sie das Signal zum Absenken geben.
Fahrt vom Hafen zur Baustelle erfordert akribische Planung
Auch der etwa zwei Kilometer lange Weg zur Baustelle erfordert exakte Planung. Einen Trog unterhalb einer Bahnlinie durchquert der Transport in Schrittgeschwindigkeit, ehe es durch eine Haarnadel-Kurve geht. „Da wird es ein wenig eng, aber wir haben alle Radien genau vermessen“, erklärt Thorsten Inbierowicz. „Kritisch sind eher andere Faktoren wie Wind. Er darf nicht zu stark sein, während die Module an den Kranen hängen. Schwankung ist gefährlich.“
Das Baufeld gleicht bereits einem Puzzle mit riesigen Teilen, die in den nächsten Monaten zu Kran für das Freilager fügen, in dem die Brammen bis zum nächsten Verarbeitungsschritt zwischengelagert werden. Während Fundamente bereits vorbereitet und erste Stützen aufgebaut werden, läuft der Lieferprozess weiter. „Weitere Schiffe folgen“, erklärt Thorsten Inbierowicz, „insgesamt kommen wir auf bis zu 50 Schwertransporte.“
THYSSENKRUPP STEEL: STRATEGIE FÜR MODERNISIERUNG
- Der Bau von Warmwalzwerk, Strangguss-Anlage und Brammenlager ist Teil der Strategie 20-30 für die Stahlsparte von Thyssenkrupp.
- Die Konzernführung hat sich vor drei Jahren mit Betriebsrat und IG Metall auf eine Gesamtinvestition in Höhe von 800 Millionen Euro verständigt. Diese Summe fließt in die Modernisierung und den Neubau von Aggregaten in Duisburg und Bochum.
- TKS will damit die Qualität seiner Produkte verbessern und seine Wettbewerbsfähigkeit bei Premium-Stählen steigern. Teil der Strategie ist auch der Abbau von 3000 Arbeitsplätzen.