Hochemmerich: Krupp und Diergardt brachten große Umwälzung
•
Lesezeit: 7 Minuten
Duisburg-Hochemmerich. Hochemmerich hatte früher mit Eisschollen zu kämpfen. Diergardt und Krupp verwandelten die Auen- in eine Stadtlandschaft. Mit 43 alten Fotos.
Wer in alter Zeit in Hochemmerich gelebt hat, kam zwar in den Genuss einer lieblichen Auenlandschaft. Man musste aber auch mit deren Nachteil leben: den vielen Überschwemmungen. Kaum war dieses Problem gelöst, da verwandelten eine Kohlenzeche und das benachbarte Krupp-Hüttenwerk die Gegend in wenigen Jahren in eine Stadtlandschaft. Seitdem es beide nicht mehr gibt, ist Hochemmerich ein Vorort, als Wohnort mit großen Gewerbeflächen.
Ursprünglich hieß es Emmerich, nach dem männlichen Vornamen. Der Zusatz „Hoch“ unterschied es vom älteren Emmerich an der Grenze zu den Niederlanden.
Hochemmerich war eine Auenlandschaft und Standort einer Römer-Grenzfestung
Mehrere tausend Jahre lang hat sich der Rhein dort sein Flussbett je nach seinem Wasserstand ausgesucht. Setzte im Frühling Tauwetter ein, stand die Auenlandschaft kilometerweit unter Wasser. Nur wenige Stellen, so die Christuskirche, lagen etwas höher, boten Schutz.
Zur Zeitenwende, als die Römer bei Moers-Asberg ihr Lager aufschlugen, verlief der Rhein noch in einer Schleife bei Winkelhausen. Werthausen (Werth = Insel) lag da rechtsrheinisch. Um das Jahr 100 herum verlegte er sein Flussbett. Seitdem liegt Werthausen linksrheinisch. Ungefähr zu dieser Zeit unterhielten die Römer dort eine Grenzfestung. Seit etwa 400 verlieren sich ihre Spuren in der Region.
Dafür hat man an der Gartenstraße Gräber aus der Zeit um 500 bis 600 gefunden, die dem Volk der Franken zugeordnet werden. Wo sich ihre Siedlung befunden hat, wurde noch nicht entdeckt.
Die Franken waren Christen. Von ihrer Zeit an hat sich für über 1000 Jahre ein spezielles Neben- und Miteinander von Kirche und Staat entwickelt, mit der Kirche als Staat im Staate. Die Adligen, unter denen der Landbesitz aufgeteilt war, schenkten ihr Teile davon. Dadurch verfügten ihre Klöster, weit verstreut, über riesige Ländereien.
Verbindungen zu den Klöstern in Werden, Gerresheim und Prüm
In Hochemmerich, das 893 erstmals erwähnt wird, waren das vor allem die Klöster (Essen-)Werden, (Düsseldorf-)Gerresheim und Prüm in der Eifel. So gehörte das Gelände der heutigen Christuskirche um 900 zum Kloster Werden. Es gab ein Gehöft des Klosters, dem zehn Kleinbauern und ihre Familien zuarbeiten mussten. Auch taucht das Dorf Atrop zu dieser Zeit auf. Der kleine Flecken Rheinhausen erscheint erst 1218. Er gab 1923 der Industriestadt den Namen.
1250 wird die Rheinfähre in Werthausen erstmals erwähnt. Sie war bis zum Bau der Eisenbahnfähre 1866 die einzige Möglichkeit, dort den Rhein zu überqueren. 1656 hat das Kloster Werden die Pacht dafür kassiert. Die Werthauser unterschieden sich von den Dörflern der Umgebung, weil sie meist Fischer oder Handwerker waren.
Zum Mit- und Nebeneinander von Staat und Kirche gehörte, dass nach und nach Verwaltungsaufgaben der Klöster an weltliche Herren vergeben wurden. Immer ging es dabei darum, damit Einkünfte zu erzielen. In Hochemmerich haben die Grafen von Moers so Einfluss bekommen.
Streitigkeiten untereinander und den Hochwasserschutz regelten die Bauern selbst: in den drei Bauerschaften Hochemmerich-Werthausen, Atrop und Rheinhausen. An bedeutenden Gehöften seit dem 15./16. Jahrhundert seien genannt der Hülzen-Hof, der Butendorps-Hof und der Köhnen-Hof in Atrop, Kersken-Hof, Kremmers-Hof, Peschmanns-Hof und Stünings-Hof in Hochemmerich sowie der Rheinhausen-Hof, der Berns-Hof und der Hastermanns-Hof in Rheinhausen.
Tonnenschwere Eistonnen rissen Gebäude mit sich
Ihr größtes Problem war das Hochwasser. Bei Tauwetter setzten sich tonnenschwere Eisschollen in Bewegung, rissen Gebäude mit sich. Schweres Hochwasser ist für die Jahre 1784, 1789, 1799, 1803, 1809, 1820, 1824, 1830, 1845, 1855, 1919/20 sowie 1925/26 überliefert. Etwa seit 1900 war es möglich, bessere Deiche zu bauen. In den hochwasserfreien Jahren profitierten die Bauern vom fruchtbaren Schlamm, den der Rhein angeschwemmt hatte.
1803, unter französischer Besatzung, wurde der Klosterbesitz aufgelöst. Viele Bauern hatten schon vorher von ihren Grundherren Land erworben. Seitdem vergrößerten sie sich, verkauften später an die Zeche und an Krupp.
1861 haben Hochemmerich 291 Einwohner, Werthausen 345, Rheinhausen und Atrop je 98 Einwohner gehabt, zusammen also 832. 1895 waren es 1777 Personen, 1910 bereits 14.139 Einwohner. Heute sind es rund 18.000 Menschen.
Denn ab 1910 wurde der Schacht Diergardt angelegt, 1924 die erste Kohle gefördert. In der Zwischenzeit entstand die Arbeiter-Kolonie Diergardt. Die Zeche blieb bis 1967 in Betrieb, wurde danach fast komplett abgebrochen.
1897 nahm Friedrich Krupp in Bliersheim und Friemersheim sein Hüttenwerk in Betrieb und erweiterte es.
1923: Friemersheim-Bliersheim und Hochemmerich-Bergheim wurden die Großgemeinde Rheinhausen
Zwischen diesen beiden Werken wuchsen die vier Dörfer mit ihrer Nachbarschaft zu einer städtischen Siedlung zusammen. Weil es ungerecht war, dass Friemersheim zwar die Steuern von Krupp einnahm, Hochemmerich aber für die Arbeiterfamilien Straßen und Schulen bauen musste, gingen Friemersheim-Bliersheim und Hochemmerich-Bergheim 1923 zu einer Großgemeinde zusammen. Sie hat, wie wir heute wissen, auch die Schließung der Krupp-Hütte 1993 überstanden.
Mit dem Landesherrn, dem Grafen von Moers, gingen 1561 seine Untertanen zur neuen evangelischen Religion über. Hochemmerich hatte schon 1543 einen kalvinistischen Kaplan. Die heutige Christuskirche baut auf einer Vorgängerin aus dem 8. Jahrhundert auf, sie entstand selbst 1447. Es ist die Muttergemeinde der evangelischen Gemeinden Essenberg (1910 abgetrennt) und Schwafheim (1948). Heute ist sie mit Rheinhausen-Mitte vereint.
Katholiken wanderten erst wieder mit dem Bergbau zu. Für sie wurde 1915 die St.-Peter-Kirche an der Schwarzenberger Straße gebaut. 1961 folgte die St.-Barbara-Kirche an der Klausstraße (heute aufgegeben).
Seit 1717 gibt es die allgemeine Schulpflicht. Zuständig war die Kirche. Der Staat überwachte sie nur. Ein Schulmeister in Hochemmerich wird schon 1713 erwähnt, 1745 einer in Rheinhausen. 1774 gab es ein Gebäude in der Nähe der Kirche. 1841 wurde neben dem Kremmers-Hof neu gebaut.
Hochemmerich in alten Fotos
1/43
Schulstandorte in Hochemmerich
Seitdem hat es folgende Schulstandorte in Hochemmerich gegeben:
ab 1876 an der Hochemmericher Straße (Postschule, anfangs ev. Volksschule, ab 1968 Hauptschule, Anfang der 90er Jahre ausgelaufen, abgerissen),
ab 1904 an der Friedrich-Ebert-Straße (zuerst kath. Volksschule, ab 1968 Hauptschule, 2020 ausgelaufen, heute Nebenstelle der Gesamtschule),
ab 1907 an der Krefelder Straße 47(zuerst ev. Volksschule und bis 1928 auch Berufsschule, ab 1968 kath. Grundschule (bis 1970) plus Gemeinschaftsgrundschule),
ab 1915 Im Kirling/Haraldstraße (bis 1967 kath. Volksschule, dann bis 1975 Sonderschule, danach zeitweise Hauptschul-Filiale und Sonderschule, 2001 zu Wohngebäude umgebaut),
ab Anfang der 20er Jahre Moerser Straße 26 (früheres Bürgermeisteramt als Hilfsschule, 1965 Comeniusschule),
ab 1953 Krefelder Straße 92 (Berufsschule, seit 1990 Berufskolleg),
ab 1959 an der Werthauser Straße 98 (zuerst als Volksschule, ab 1968 Grundschule, 2011 ausgelaufen).
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.