Duisburg. Klinik-Mitarbeiter in Duisburg machen sich Sorgen um ihre Zukunft. Ihr Vorwurf: Wir arbeiten uns die Hände blutig und werden nicht gesehen.
Weil in vielen Kliniken mit den Defiziten die Insolvenzgefahr steigt, hat die Krankenhaus-Gesellschaft NRW (KGNW) zum bundesweiten Aktionstag „Krankenhäuser in Not“ aufgerufen. In Duisburg beteiligte sich die Belegschaft des Evangelischen Klinikums Niederrhein (EVKLN) mit einer Spray-Aktion. „Wir stehen vor einer gewaltigen Unterfinanzierung“, warnen die Geschäftsführer Franz Hafner und Dr. Andreas Sander.
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Viele Duisburger staunten am Dienstagmorgen über rote Hände und das Logo mit der Webadresse des Ev. Klinikums (www.evkln.de). Die hatten Mitarbeitende aus dem Fahrner Krankenhaus, dem Bethesda und dem Herzzentrum an vielen öffentlichen Stellen im Stadtgebiet mit Schablonen und wasserlöslicher Sprühkreide gesprüht – unter anderem vor dem Stadttheater und in der Fußgängerzone in der Innenstadt.
Duisburger Klinik schlägt mit Protestaktion Alarm
Am Montagabend hatte die Klinikleitung um 22.30 Uhr den Startschuss zur kreativen Protestaktion gegeben. Beteiligt waren auch die beiden EVKLN-Standorte in Oberhausen (Johanniter-Krankenhaus) und Dinslaken (Ev. Krankenhaus).
Außerdem positionierten sich das Personal mit schwarzen Masken und rot angemalten Händen vor den Standorten. Ihre Botschaft: Wir werden nicht gesehen! Deshalb die Masken. Die roten Hände sollten symbolisieren: Wir arbeiten uns die Hände blutig – und die Politik sieht es nicht.
Weil die Kliniken auf den auf breiter Front steigenden Kosten weitgehend sitzenbleiben, sei der Betrieb nicht mehr refinanzierbar, warnt die KGNW: „Ohne ein Gegensteuern der Bundesregierung wird dieses Defizit bis zum Jahresende 2023 bundesweit die Grenze von 10 Milliarden Euro überschreiten. Allein in NRW rutschen die Krankenhäuser so mit mehr als 2 Milliarden Euro ins Minus. Die Folge ist, dass für immer mehr Krankenhäuser das Szenario einer Insolvenz in bedrohliche Nähe rückt.“
Die Kostenentwicklung bringe „auch gesunde Häuser wie das unsere in Bedrängnis“, sagt auch Franz Hafner. Im medizinischen Bereich seien die Preise um 9,5 Prozent gestiegen, bei den Personalkosten gab’s durch Tariferhöhungen im vergangenen Jahr ein Plus von vier Prozent, in diesem und dem kommenden Jahr sind es weitere fast neun Prozent. Außerdem gewährte das Klinikum der Belegschaft 3000 Euro Inflationsausgleich.
Warnung: Klinikreform bringe Häuser in Bedrängnis
Zwar half der Bund den Krankenhäusern mit dem Hilfspaket für Energiekosten, die steigenden Kosten für Personal und medizinische Leistungen seien aber nicht in einer auskömmlichen Anhebung der Fallpauschalen abgebildet, die in diesem Jahr nur um 4,3 Prozent steigen sollen, sagt Dr. Andreas Sander.
Teuer zu stehen komme die Kliniken auch die Verbesserung der Versorgungsqualität. Modernste Technik für die Chirurgie, neueste Medikamente für Immuntherapien und onkologische Behandlungen erforderten hohen finanziellen Aufwand. „Die Steigerungen sind die durch die Erstattungen nicht mehr aufzufangen“, so der medizinische Geschäftsführer.
Die von Bund und Land geplante Klinikreform bringe die Häuser zunehmend in Bedrängnis, sagt Hafner. „Die von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann in Aussicht gestellten 2,5 Milliarden Euro liegen weit unter der Summe, die nötig wäre.“ Es dürfe aber „keine Reform über eine kalte Marktbereinigung geben“, warnt der Geschäftsführer. „Wir müssen mit einer sinnvollen Finanzierung den Wandel gestalten können.“
Das EVKLN habe sich längst auf den Weg gemacht zur gewollten Zentrenbildung, seit Jahren läuft der Umbau des Fahrner Krankenhauses mit dem Neubau des Herzzentrums, das aus Meiderich umziehen wird. Doch auch hier gibt es Verzögerungen und Umplanungen. Franz Hafner: „Das war notwendig, weil auch für uns die Baukosten um 30 Prozent gestiegen sind.“
PERSONALNOTSTAND: PFLEGEDIREKTORIN KRITISIERT AUSLÄNDERBEHÖRDE
- Auch für die Gewinnung von Pflegepersonal steigt der Aufwand der Kliniken. Auch das EVKLN setzt seit langem auf Fachkräfte aus dem Ausland, etwa aus China.
- Immer wieder kämpfe die Klinik dabei mit Hürden und langen Wartezeiten in der Duisburger Ausländerbehörde, beklagt Pflegedirektorin Heike Lütfring.
- „Außenministerin Annalena Baerbock muss nicht nach Brasilien reisen, um dort zu werben“, sagt sie. „Es kostet mich einen Anruf, von dort 50 Pflegekräfte zu bekommen.“
- Beschämend sei es allerdings, wie die dringend benötigte Verstärkung der Belegschaft in Duisburg empfangen werde. Mehrfache Beschwerden des EVKLN über die schleppende Bearbeitung der Papiere hätten bislang nicht zu Verbesserungen geführt.