Duisburg. Für Menschen mit und ohne Handicap: Duisburger Werkstatt feiert 50-Jähriges mit prominenter Unterstützung, göttlichem Beistand und Zuversicht.

Wer kann von sich schon behaupten, dass er Geburtstagsgrüße vom Schauspieler Jürgen Vogel, dem MSV-Spieler Sebastian Mai und der Moderatorin Sabine Heinrich bekommt? Die Duisburger Werkstatt! Sie zeigt zum 50-jährigen Jubiläum liebevolle Videobotschaften prominenter Fans, und das anmoderiert von einem Gott. Nun gut, ein Quizgott, wie sich der Duisburger Fernsehquizzer Sebastian Jacoby auch selbst mit Augenzwinkern nennt.

An allen Betriebsstätten in Duisburg wird in diesen Tagen das Jubiläum gefeiert. Für den offiziellen Empfang wurde die Schauinslandreisen-Arena gebucht, es gab Sekt und Torte für Prominenz aus Stadt und Politik, für kooperierende Vereine und Verbände, viele freundliche Worte, eine Modenschau des hauseigenen Labels Esthétique – und ein Quiz.

Werkstatt-Jubiläum: „Wer Vorurteile hat, hat keine Ahnung“

Berührende Momente gelangen zwei Mitarbeitern der Werkstatt. Gerhard Manfred Hoppenreis hatte eigens ein Jubiläums-Gedicht verfasst, das er vortrug. Noch pointierter wurde er im Interview mit Jacoby: „Früher gab es mehr Vorurteile, das ist besser geworden. Menschen, die Vorurteile haben, haben sowieso keine Ahnung.“

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Für Gänsehaut und Nachdenklichkeit sorgte Marco Kreykenbohm, der Mitarbeiter in der Betriebsstelle Großenbaum ist. Er erlaubte mit einem lyrischen Text einen Blick in sein schwieriges Leben, prägende „dunkle Jahre“ und das Fuß fassen durch die Arbeit in der Werkstatt. Eine Krise mit Happy End: „Was ist geblieben? Alles was mir lieb ist“.

Vodafone und Zalando als Kunden der Werkstatt

In einem Jubiläumsfilm betonte Geschäftsführer Alexander Schmanke, dass die Werkstatt leistungsstark sei, modern und vielseitig aufgestellt. Zu den Kunden gehören auch große Unternehmen wie Vodafone und Zalando.

Dezernentin Astrid Neese, Vorsitzende des Aufsichtsrates der Duisburger Werkstatt, Geschäftsführer Alexander Schmanke (mitte) und Oberbürgermeister Sören Link bei der 50-Jahr-Feier im MSV-Stadion.
Dezernentin Astrid Neese, Vorsitzende des Aufsichtsrates der Duisburger Werkstatt, Geschäftsführer Alexander Schmanke (mitte) und Oberbürgermeister Sören Link bei der 50-Jahr-Feier im MSV-Stadion. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Schmanke, der erst seit 2019 Geschäftsführer in Duisburg ist, hat noch viel vor: „Wir haben einiges verändert, wollen volle Transparenz und Durchlässigkeit herstellen.“ Ziel müsse sein, dass Menschen mit Behinderung in die Werkstätten kommen, sie aber auch wieder verlassen können, etwa in Richtung erster Arbeitsmarkt.

Beigeordnete Astrid Neese lobte das engagierte, eingespielte Team, das der Aufsichtsrat und sie als Vorsitzende gern weiter begleite. In Duisburg müsse jeder die Werkstatt kennen. Sie selbst gehe gern ins AV Concept Store, weil sie im Restaurant „liebevoll umsorgt“ werde.

50 Jahre und ein Skandal „am Rande des Wahnsinns“

Oberbürgermeister Sören Link fiel es zu, den unrühmlicheren Teil der Werkstatt-Historie zumindest anzudeuten. Mit dem ehemaligen Namen Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung verbinde er „ein bisschen was“. Die vergangenen 50 Jahre seien kein steter Fluss gewesen, es gab Skandale und Rückschläge, „die uns an den Rand des Wahnsinns getrieben haben“, nun sei aber ein neues Kapitel aufgeschlagen.

Gemeint ist das seit fünf Jahren laufende Verfahren gegen die ehemalige Geschäftsführerin Roselyne Rogg und den Aufsichtsratsvorsitzenden Reinhold Spaniel. Dabei geht es um zu hohe Gehaltszahlungen, um Untreue. Auch die Werkstatt selbst hängt noch mit drin, ihr droht je nach Ausgang der Gerichtsverfahren der Verlust der Gemeinnützigkeit.

Sören Link lobte, dass die Werkstatt dokumentiere, wie Inklusion gelingen könne. Innovative Ansatze wie das Restaurant Ziegenpeter oder der AV Concept Store seien gute Beispiele. Früher seien die Werkstätten fürsorgliche und behütende Einrichtungen gewesen, „heute sind sie mitten in der Stadt, Teil dieser Stadt“.

Duisburg brauche eher noch mehr Werkstätten, die lautstark sind, „Einrichtungen, die für Menschen mit Defiziten da sind, berufliche Kompetenzen stärken, Türen öffnen“.

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>>DIE DUISBURGER WERKSTATT

  • Rund 1400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bei der Duisburger Werkstatt beschäftigt.
  • Es gibt eine Zentrale am Kalkweg, außerdem Betriebsstätten in Großenbaum, Röttgersbach und Neumühl. Hinzu kommen die FahrradWerkstatt, das Restaurant Ziegenpeter im Rheinpark und der AV Concept Store in Stadtmitte.
  • Im Berufsbildungsbereich können Mitarbeiter ausprobieren, welche Fachbereiche zwischen Logistik und Schreinerei, Gastronomie und Schlosserei passen könnten. Für Kooperationen sucht die Werkstatt weitere Firmen, um den Mitarbeitenden Praktika zu ermöglichen und Wege in den ersten Arbeitsmarkt zu ebnen.
  • Weitere Infos: www.duisburger-werkstatt.de/