Duisburg. Warum die juristische Aufarbeitung des Falls Rogg, die als Werkstatt-Chefin zu hoch bezahlt worden sein soll, fünf Jahre nach dem Rauswurf hakt.
Man kann nicht auf die Duisburger Werkstatt und ihr 50-Jähriges Jubiläum blicken, das dieses Jahr gefeiert wird, ohne über den großen Elefanten im Raum zu sprechen: Den Fall der ehemaligen Geschäftsführerin Roselynne Rogg und des Aufsichtsratsvorsitzenden Reinhold Spaniel, der vor fünf Jahren für viele Schlagzeilen sorgte.
Rogg war seit 2009 Geschäftsführerin. In ihre Zeit fällt unter anderem die Gründung der erfolgreichen und preisgekrönten Modemarke esthétique. 2018 kündigte ihr der Aufsichtsrat fristlos, weil sich herausstellte, dass sie ein Jahresgehalt von 376.000 Euro bekam. Eine Summe, die der Aufsichtsratsvorsitzende und damalige Sozialdezernent Reinhold Spaniel ohne Rücksprache durchgewunken hatte.
Fall Rogg: Prozesse vor dem Amtsgericht und dem Landgericht
Seither laufen zwei Prozesse: Ein strafrechtlicher vor dem Amtsgericht und ein zivilrechtlicher vor dem Landgericht. In erster Instanz verurteilte das Landgericht Rogg und Spaniel 2021 zu einer Zahlung von 759.000 Euro nebst Zinsen an die Werkstatt, außerdem sollten sie haften, falls weitere Schäden erfolgen. Dazu gehört der drohende Verlust der Gemeinnützigkeit der Werkstatt.
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Spaniel und seine Anwälte kündigten eine Berufung an, brauchten aber über ein Jahr für die Berufungsbegründung, mit Fristverlängerungen wurde die Abgabefrist maximal ausgeschöpft, sagt eine Pressesprecherin des zuständigen Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf. Die Schriftsätze liegen erst seit kurzem vor, nun können die Anwälte der Werkstatt eine Berufungserwiderung schreiben, dann entscheidet der Senat des OLG, ob die Berufung zugelassen wird.
Prozess wegen Untreue vor dem Amtsgericht
Vor dem Amtsgericht ist zudem eine Anklage wegen besonders schwerer Untreue in zwei Fällen anhängig: Das Jahresgehalt wurde ohne Beteiligung des Aufsichtsrats 2013 und 2016 erhöht. Von ursprünglich 120.000 Euro stieg es um mehr als das Dreifache. Weil es hier einen Wechsel in der Zuständigkeit gab, gibt es noch keinen Hauptverhandlungstermin. Die neue Dezernentin müsse zunächst zeitkritische Haftsachen abarbeiten. Im Fall Rogg drohe indes keine Verjährung.
Kniffelig ist die strafrechtliche Betrachtung aber durchaus. Hier muss im Prozess nachgewiesen werden, ob sich die Geschäftsführerin bewusst war, dass die Annahme des hohen Gehalts nicht rechtens war oder umgekehrt ob sie sich dessen bewusst war und es dennoch angenommen habe, was dann Vorsatz wäre, erklärt ein Gerichtssprecher.
Werkstatt-Mitarbeiter würden gern mit dem Thema abschließen
Für die Werkstatt geht es um die Aberkennung der Gemeinnützigkeit, keine Kleinigkeit. Mit den Anwälten seien die nächsten Schritte vorbereitet, aber beschleunigen könne man nichts, bedauert der aktuelle Geschäftsführer der Duisburger Werkstatt, Alexander Schmanke. „Viele wünschen sich, mit dem Thema abschließen zu können.“
Der Geschäftsführer zeigt Verständnis, er selbst kam erst nach dem Abgang von Rogg 2019, löste einen Interimsgeschäftsführer ab. Er lernte sie nie kennen, hatte keinen Kontakt. Im Büro ist nur noch ein aufwändiger Glastisch als letztes Relikt ihrer Zeit geblieben, „alles andere haben wir nach und nach verkauft“, berichtet Schmanke, die Anschaffungen standen ohnehin in der Kritik und zu einem sozialen Träger habe es nicht gepasst.
Leider hatte es schon vor der Causa Rogg einen Betrugsfall gegeben. Rechnungsprüfer hatten festgestellt, dass ihr Vorgänger und dessen Tochter „unwirtschaftlich“ gehandelt hätten, teilweise auch zum eigenen Vorteil. Von sechsstelligen Summen war 2009 die Rede.
Alexander Schmanke bestieg also ein seit langem schwankendes Schiff. Nach kurzer Einarbeitung habe er den Eindruck gewonnen, dass die Werkstatt „sehr allein“ unterwegs war. Inzwischen sei sie gut vernetzt, in wichtigen Gremien auch bundesweit vertreten. „Wir lernen von den Besten“, sagt Schmanke. Inzwischen werde man nicht mehr nur auf „das Alte“ reduziert. Grund genug für ihn, das 50-Jährige mit einem beherzten Blick nach vorne zu feiern.