Duisburg-Altstadt. Aldi, Penny und Netto: In Duisburgs Innenstadt gibt es gleich drei Discounter, aber keinen Vollsortimenter. Wieso Anwohner sich abgehängt fühlen.

Roswitha Ring lebt gerne in der Altstadt. Seit 1978 ist die 82-Jährige in einer Wohnung am Sonnenwall zu Hause, liebt ihre große, grüne Terrasse und „dass man sich hier kennt.“ Wegziehen möchte die Duisburgerin nicht. Doch ein Problem macht ihr zu schaffen: Mit Fisch Wilken oder Früchte Altgassen haben im Laufe der Zeit viele Fachgeschäfte geschlossen. Und seitdem Edeka aus dem Kaufhof ausgezogen ist, gibt es in der Innenstadt keinen vergleichbaren Einkaufsmarkt mehr.

Der Discounter Penny auf der Königstraße reicht so manchem Anwohner der Duisburger Innenstadt nicht, um den großen Wocheneinkauf zu erledigen.
Der Discounter Penny auf der Königstraße reicht so manchem Anwohner der Duisburger Innenstadt nicht, um den großen Wocheneinkauf zu erledigen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Tatsächlich verlor die Duisburger Innenstadt mit der Edeka-Filiale an der Düsseldorfer Straße ihren einzigen Vollsortimenter. Parallel entdeckten die Discounter die Innenstadt für sich: 2020 eröffneten an der Königstraße ein Penny-Markt und im Einkaufszentrum Forum eine Aldi-Filiale, 2018 machte Netto an der Münzstraße auf.

Für Roswitha Ring ist das nur ein schwacher Trost. Sie wünscht sich einen „richtigen Supermarkt“ in der Nähe. „Denn für alle Anwohner ohne Auto ist das Einkaufen sehr umständlich geworden“, sagt sie. Einen Führerschein hat sie nie gemacht. „Für uns war ja hier immer alles fußläufig zu erreichen.“

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Vor allem für ältere Alleinstehende sei es schwierig geworden, Lebensmittel und andere Waren für den täglichen Bedarf einzukaufen. Denn Aldi, Lidl und Co. haben in der Regel nicht nur weniger Produkte im Angebot als Vollsortimenter. Discounter sprechen die Pensionärin auch nicht wirklich an.

So halte sich vor Penny in Duisburgs City oft die Trinkerszene auf. „Da habe ich schon einige Vorfälle erlebt“, schildert Ring und winkt ab. Im Netto sei für ihren Shopper, den sie zum Einkaufen braucht, kaum Platz. Und auch Aldi im Forum sei keine echte Alternative. „Ich wünsche mir einen Markt, in dem ich Frisches und auch kleinere Portionen für eine Person kaufen kann“, sagt die 82-Jährige.

„Mir als Anwohnerin fehlt ein Supermarkt in der Stadtmitte“

Mit ihrer Meinung steht die Seniorin nicht alleine da. Auch Petra Kolominski, die in der Nähe des Steinbart-Gymnasiums lebt, vermisst einen „echten“ Supermarkt in der Innenstadt. „Die Atmosphäre in den ansässigen Discountern ist eher unterdurchschnittlich und hat mit Einkaufen wenig zu tun“, beklagt die 47-Jährige.

Hinzu komme, dass das Sortiment in den City-Discountern nicht so vielfältig sei wie in den Filialen in Neudorf oder in anderen Stadtteilen. Außerdem gebe es in der gesamten Innenstadt keinen Markt mehr mit einer Frischetheke.

Edeka war schon aus dem Kaufhof ausgezogen, bevor feststand, dass das komplette Haus schließen wird.
Edeka war schon aus dem Kaufhof ausgezogen, bevor feststand, dass das komplette Haus schließen wird. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Einen Thekenverkauf hatte es zuletzt im Edeka im Kaufhof-Untergeschoss gegeben. Dann aber waren die Frischetheken aus Kostengründen eingestellt worden, noch bevor das endgültige Aus des Marktes bekannt geworden war. Insgesamt machte die Filiale am Ende keinen zeitgemäßen Eindruck mehr: Außen war keinerlei Werbung angebracht, im Innern war der Fliesenboden veraltet, und auch die Verkaufsfläche mit rund 1 000 Quadratmetern fiel vergleichsweise klein aus.

Ist die Duisburger Innenstadt kein geeigneter Standort?

Zu klein für einen modernen Supermarkt? Auf Nachfrage, welche konkreten Voraussetzungen die Innenstadt Duisburg als Standort für einen Vollsortimenter interessant machen könnte, bleibt die Edeka-Zentrale vage. Generell sei Duisburg „ein attraktives Expansionsgebiet“, in dem man immer wieder Objekte und Standorte prüfe, heißt es aus der Pressestelle. „Bitte haben Sie jedoch Verständnis, dass wir keine allgemeingültigen Kriterien benennen können.“

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Die Anforderungen von Edeka Rhein-Ruhr an neue Standorte, die auf der Internetseite aufgelistet sind, geben allerdings einen Hinweis darauf, welche Flächen sich aus Unternehmenssicht für die Ansiedlung eines Supermarkts lohnen: Gesucht werden Immobilien mit mindestens 1 500 Quadratmetern Verkaufsfläche. Zudem benötigen Wunschstandorte „mindestens 100 ebenerdige Parkplätze in unmittelbarer Ladennähe für die Verbraucher“.

Kein Supermarkt in den Torhäusern

Wie schwierig es ist, einen Supermarkt in der City anzusiedeln, erlebten auch die Verantwortlichen von Fokus Development: Für die Torhäuser auf der ehemaligen Fläche der Volksbank und der Stadtbibliothek in der Fußgängerzone hatte der Investor zunächst Edeka als Ankermieter angekündigt. Später fehlte der Lebensmittelmarkt dann aber bei der Präsentation der Mieter.

Dass es auf lange Sicht wieder einen Vollsortimenter in der Innenstadt braucht, davon ist Andrej Pomtow, Geschäftsführer von Fokus Development und Bauherr für das Torhaus Nord, allerdings überzeugt. Es gebe aus fachlicher Sicht einen Bedarf, erklärt Pomtow auf Nachfrage.

Pomtow: Bedarf für Vollsortimenter in der Innenstadt ist vorhanden

Der Handel reagiere immer, wenn es eine Nachfrage gebe, und diese Nachfrage sei vorhanden. Doch die Anforderungen an den Standort seien hoch. So müsste zum Beispiel die Anlieferung von Waren mit entsprechend großen Sattelschleppern gewährleistet sein.

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Problematisch könnte auch werden, dass sich bereits mehrere Discounter in der Stadt angesiedelt hätten. „Das nimmt Potenzial weg“, sagt Pomtow. Grundsätzlich wünscht er sich einen neuen Supermarkt-Hot-Spot für die Innenstadt, einen Ort, der Strahlkraft hat „und ein anderes Sortiment bietet, als man es sonst findet“. Tatsächlich habe man bereits eine konkrete Idee, wo ein Supermarkt angesiedelt werden könnte, stehe aber noch „am Anfang“.

Das klingt hoffnungsfroh, aber nicht nach einer kurzfristigen Lösung. Roswitha Ring nimmt’s pragmatisch. „Im kommenden Monat kaufe ich mir ein 49-Euro-Ticket. Und dann fahre ich zum Einkaufen nach Neudorf“, plant die Seniorin. Auch Petra Kolominksi fährt für den Wocheneinkauf in andere Stadtteile. „Wir sind gezwungen, dafür das Auto zu bewegen. Sehr schade.“

>> Diese Lebensmittelgeschäfte hat die Duisburger Innenstadt verloren

Edeka im Kaufhof: Im November 2022 schloss der Supermarkt im Untergeschoss der Galeria Kaufhof an der Düsseldorfer Straße. Die Betreiberfamilie Zimmer hatte lange für den Standort gekämpft. Schließlich aber hieß es in einer Mitteilung von Edeka Rhein-Ruhr, der Markt sei langfristig nicht wirtschaftlich zu führen.

Früchte Altgassen: Laut Handelsregistereintrag wurde die Früchte Altgassen Delice GmbH im Oktober 2019 aufgelöst. Zuvor hatte das Geschäft an der Friedrich-Wilhelm-Straße die Duisburger viele Jahre lang mit Obst, Gemüse, Südfrüchten, Säften, Nuss- und Trockenfrüchten versorgt.

Fisch Wilken: Im Mai 2021 schloss der beliebte Imbiss am Sonnenwall. Damit ging der Duisburger Innenstadt ein weiteres Traditionsgeschäft verloren – den Namen „Fisch Wilken“ gibt es seit rund 70 Jahren. Die Gründe für die Schließung waren vielschichtig. Unter anderem erklärte Inhaber Peter Hornbach, der das Geschäft von Stefan Wilken übernommen hatte: „Mit den Innenstädten ist nix mehr los. Die Leute bestellen bei Amazon und wundern sich dann, dass die Innenstädte sterben.“

Supermarkt im Forum: Ende November 2019 schloss der Karstadt-Lebensmittelmarkt im Untergeschoss des Einkaufszentrums Forum. Aldi Süd mietete die Fläche als Nachfolger an. Der Markt war im Februar 2008 noch unter dem Namen „Perfetto“ an den Start gegangen.