Duisburg-Dellviertel. Zwei Jahrzehnte veranstaltete Eckart Pressler Kulturveranstaltungen in Duisburg. Nun gibt es einen Generationenwechsel beim „Säule“-Jazz.
Bei der Jazz-Konzertreihe in der „Säule“ am Duisburger Dellplatz steht ein Generationenwechsel an. Eckart Pressler, der seit zwei Jahrzehnten Jazz-Konzerte in Duisburg veranstaltet, will die Organisation für die beliebten Abende an die Macher des „Platzhirsch“-Festivals übergeben. Pressler wird im kommenden Jahr 80 Jahre alt – und mit ihm ist so mancher Musikliebhaber gealtert. Die nächsten Konzerte haben er und die Festival-Organisatoren bereits gemeinsam kuratiert.
Rückblick: Eigentlich studierte Eckart Pressler Architektur und Städtebau. Doch in den späten 1970er Jahren kriselte die Baubranche. Pressler, dessen Familie aus Kiel stammt und der für das Studium nach Stuttgart gezogen war, überlegte, dass das Ruhrgebiet Stadtentwicklung besonders nötig habe. Er hoffte auf einen Job und zog in den Pott. Doch an Rhein und Ruhr war von Stadtplanung erst viel später die Rede. Da er eine Familie zu versorgen hatte, entschloss er sich, eine Umschulung zum Maschinenschlosser zu machen. Kein einfacher Weg für jemanden, der eigentlich lieber Literatur- und Theaterwissenschaften studiert hätte.
Eckart Pressler bereichert Duisburger Szene mit Jazz-Veranstaltungen
Zudem machte er aus seiner politischen Gesinnung nie einen Hehl. Einmal schmiss er sogar hin, als er merkte, dass ein Gelsenkirchener Betrieb, in dem er tätig war, für die Rüstungsindustrie arbeitete. 16 Jahre lang war Pressler später im Kabelwerk Wanheimerort beschäftigt. Hier wurde er als Drahtzieher ausgebildet, doch 1996 wurde der Betrieb wie viele andere in Duisburg geschlossen.
Eckart Pressler war immer an Kunst im Allgemeinen und insbesondere an Jazz interessiert. Jazz als Musikrichtung hat für ihn etwas mit „Auflehnung, Neugier und Suche nach Neuland“ zu tun. Interaktion, Improvisation und über Grenzen gehen sind in seinen Augen konstruktiv für Kreativität.
Mit der Gründung einer sogenannten Ich-AG begann Presslers neuer Lebensabschnitt als Veranstalter und Kulturvermittler. Über die Organisation einer Kunstausstellung mit Werken von Sait und Hülya Günel lernte er schließlich die Journalistin Asli Sevindim kennen, die ihn fragte, ob er sich mit in der Alten Feuerwache in Hochfeld engagieren wollte. Er wollte.
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Nach zweieinhalb Jahren als Geschäftsführung des Vereins nahm er jedoch auch dort den Hut. Seine Vorstellungen über den Betrieb des Interkulturellen Zentrums an der Friedenstraße stimmten nicht mehr mit denen des Vorstands überein. Stattdessen zog es ihn nach Neudorf ins „BabaSu“. Hier organisierte der 78-Jährige das Kulturprogramm mit Lesungen und Konzerten. Er machte sich einen Namen und baute eine Fan-Gemeinde auf. Mit der „Säule“ fand er später schließlich eine städtische Bühne, die mit 99 Zuhörern den richtigen Rahmen für die Konzertreihe bot.
Pressler ist in der freien Szene gut und NRW-weit vernetzt, er pflegt Kontakte zu zahlreichen Bands. „Ich möchte eine Bandbreite bieten. Und im Jazz ist es so, dass viele Musiker in verschiedenen Ensembles spielen und sich solche Auftrittsmöglichkeiten herumsprechen“, erklärt er das „Schneeballprinzip“. Darüber hinaus hatte er immer die ganze Duisburger Musikszene im Blick – so holte er auch Künstler anderer Genres wie Kai Schumacher, Frank Baier oder Jupp Götz auf die Bühne. Mehrmals arrangierte er die Reihe „Frauenstimmen“. Mit dem inzwischen verstorbenen Künstler und Wahl-Duisburger Philippe Micol gab es über sieben Jahre lang eine kreative und manchmal auch kontroverse Zusammenarbeit in der „Soundtrips NRW“-Reihe für freie Improvisierte Musik.
Auftrittsmöglichkeiten sprachen sich unter den Ensembles schnell herum
Nachdem die Stadt Duisburg die Konzeption für das Traumzeit-Festival änderte, gründete Pressler mit anderen den Verein „Traumzeit-Retter“, aus dem später der Kultursprung e. V. und das „Platzhirsch“-Festival entstand. Zunächst unter der Leitung von Tim Isfort, entwickelte sich das „Festival der Artenvielfalt“ auf dem Dellplatz, das inzwischen weit über Duisburgs Grenzen bekannt ist und noch immer „umsonst und draußen“ stattfindet.
„Ich habe schon länger nach einem Nachfolger gesucht, der in die Aufgabe des „Säule“-Jazz hineinwachsen kann. Das war aussichtslos, erklärt Pressler den Schritt, sich an die ehrenamtlichen Platzhirsch-Macher zu wenden. Oft hat er die Veranstaltungen selbst finanziert. Dann und wann gab’s vom Kulturbeirat oder dem Kulturbüro eine kleine Unterstützung. Aber mit Jazz lockt man eben keine Massen und Duisburger Firmen als Sponsoren zu gewinnen war ein „dickes Brett“. Immerhin, beim „Mercator Jazz“ funktioniert die Rechnung – und diese Reihe will Eckart Pressler auch weiterhin betreuen.
Platzhirsch-Macher freuen sich auf Konzerte vor einem „kleinen, intimen Publikum“
Für die Veranstaltungen in der „Säule“ werde es aber Zeit für einen Generationenwechsel. „Dieser Konzertplatz kann ein Schaufenster, ein Showroom für das Festival sein, den man das ganze Jahr bespielt“, sieht Pressler die Vorteile. „Platzhirsch“-Mit-Organisator René Schwenk freut sich über die Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben. „Wir freuen uns sehr, dass wir mit der Säule nun einen Ort haben, den wir von unseren Festivals schon gut kennen und den wir nun ganzjährig bespielen können.“
Zukünftig wollen sich die künftigen Macher nicht nur auf Jazz beschränken, „aber immer wieder an die zehnjährige Tradition des Säule-Jazz anknüpfen“, sagt Schwenk. Wichtig sei, dass man Konzerte plane, die zu den Gegebenheiten der Säule passen. „Wir konzentrieren uns auf bestuhlte Konzerte vor einem kleinen, intimen Publikum.“
>> Die nächsten Konzerte
Das erste Konzert der neuen Reihe findet am Mittwoch, 19. April, statt. Das „Troja Quartett“ würdigt Philippe Micol und sagt „Bonne route“. Als Philippe Micol im Februar 2021 plötzlich verstarb, verlor das Troja-Quartett seinen in der französischen Schweiz geborenen Saxofonisten. In neuer Besetzung mit Thomas Klecha-Fauré (Vibrafon/Electronic) wird die Band in diesem Konzert Philippes Lieblingsstücke aus dem Repertoire des Troja-Quartetts und des Duos Trojasprossen spielen. Beginn ist um 20 Uhr.
Am Mittwoch, 3. Mai, heißt es „Horst Hansen Trio: Live in Japan“. Das Quintett – die älteste Jazzband in NRW – bietet facettenreiche, eigenwillige Interpretationen des modernen Jazz. Hierbei schreckt das Horst Hansen Trio nicht davor zurück, sich der Stilistik verschiedener Genres, etwa Hip Hop, Drum & Bass sowie Fusion zu bedienen. Eingesessene Vorstellungen werden über Bord geworfen, um Platz für groovige Rhythmen, wilde Taktwechsel und energetische Improvisationen zu schaffen.
Unter dem Titel „Malstrom“ treten am 24. Mai Florian Walter (Saxofon), Axel Zajac (Gitarre) und Jo Beyer (Schlagzeug) in der Säule auf.
Den 17. Juni bestreiten Jürgen Dahmen und Ergün Aktoprak mit dem Programm „Terra Anatolia“. Als Sänger und als Pianist machen sich Ergün Aktoprak und Jürgen Dahmen auf in die musikalischen Weiten Anatoliens, um tradierte Musikquellen der Barden- und Volksmusik aufzuspüren. Inspiriert von der Fülle an unvergessenen Liedern, Tänzen und Poesie kreieren sie ein vielfältiges und konzertantes Repertoire mit Melodien und Rhythmen authentischen Charakters. Den türkischen Gesang umspielt eine virtuose Klavierbegleitung, die stilistisch grenzübergreifende Einflüsse zulässt.
Tickets können via E-Mail an pressler.duisburg@email.de oder telefonisch 0203 392 4160 vorbestellt werden. Zudem gibt es die Tickets an der Konzertkasse Lange, an der Tourist Info (Königstraße 86) sowie online auf der Seite www.platzhirsch-duisburg.org. Der Eintritt kostet zwölf Euro, ermäßigt acht. Beginn ist jeweils um 20 Uhr.