Duisburg. Raser, Poser und Dater: In der Szene hat sich einiges verändert. Wandel lässt sich nicht nur am „Carfreitag“ auf Duisburgs Straßen beobachten.
Es war früher der große Saisonauftakt der Raser- und Poserszene: Vor 20 Jahren bauten die Menschen am sogenannten „Carfreitag“ an der Duisburger Straße im Norden der Stadt Klappstühle auf, grillten und beobachteten, wie sich die Fahrer mit ihren aufgemotzten PS-Boliden auf dem Asphalt duellierten. Immer wieder haben Polizei und Ordnungsamt in den vergangenen Jahren mit massiven Kontrollen und großem Personaleinsatz beim inoffiziellen Saisonstart der Szene dagegengehalten, Fahrer überprüft, Autos aus dem Verkehr gezogen und Bußgelder verhängt. Mittlerweile ist eine Veränderung zu beobachten.
Freitagabend, 21.30 Uhr auf der Wanheimer Straße unweit der Diskothek Pulp in Hochfeld: Ein schwarzer 3er BMW rast auf die Kuppe der Brücke zu. Zwei Polizisten messen ihn mit einer Geschwindigkeit von 108 Stundenkilometern. Damit ist der junge Mann hinterm Steuer satte 58 km/h schneller als erlaubt. Etwa 300 Meter weiter wird er herausgewunken. Er sei wegen des Anrufs seiner Freundin gestresst gewesen, rechtfertigt er sich. Bei der Kontrolle seines Autos fällt aber noch auf: Die Distanzscheiben an seinen Reifen sind nicht abgenommen. Der BMW-Fahrer nimmt das drohende Fahrverbot mit Fassung.
Anders ein 22-Jähriger, der kurz darauf der Polizei ins Netz geht. Er raste an derselben Stelle mit 99 km/h über die regennasse Fahrbahn. Ein Tuning-Experte der Verkehrspolizei nimmt den BMW M4 genauer unter die Lupe, öffnet die Motorhaube. Schnell stellt er fest, dass in dem Motorraum eine Abgasanlage verbaut ist, die so nicht zugelassen ist. „Sie ist leistungssteigernd und zu laut“, fasst der Beamte zusammen.
Die Folge: Der Sportwagen wird sichergestellt. Ein Gutachter wird ihn in den kommenden Tagen untersuchen. Unter großem Protest des Fahrers und drei weiterer Insassen (zwei Frauen und ein Mann) wird der BMW durchsucht. Im Handschuhfach finden die Einsatzkräfte ein aufgeklapptes Messer. Das gibt zusätzlich noch eine Strafanzeige. „Die ist mir egal, mir geht es um das Auto. Das können die nicht machen“, sagt der 22-Jährige.
Raser und Poser treffen sich in Duisburg das ganze Jahr über
Trotz dieser beiden Beispiele fassen die Beamten nach den ersten Stunden ihrer Schwerpunktkontrollen zusammen: Es ist ruhiger geworden. Kontrolliert wird noch bis spät in die Nacht, der Schwerpunkt verlagert sich hierbei nach 22 Uhr in den Duisburger Norden. Dort landet ein Mercedes nach genauer Überprüfung am Abschlepphaken. Der Grund: abgefahrene Reifen und verbotene technische Veränderungen.
Neben der Duisburger Polizei waren auch das Ordnungsamt und die Autobahnpolizei an dem Einsatz beteiligt. Am Samstag zogen die Ordnungshüter Bilanz: 7045 Geschwindigkeitsüberschreitungen wurden registriert, allein 6000 davon auf Autobahnen (geblitzt wurde unter anderem im Mercatortunnel auf der A 59). 154 Verwarnungsgelder sprachen Polizisten aus, 23 Ordnungswidrigkeitenanzeigen kamen zusammen.
„Der Carfreitag ist nicht mehr der klassische Saisonauftakt“, hatte Polizeisprecherin Jacqueline Wardenski bereits im Vorfeld erklärt. Raser und Poser treffen sich den Beobachtungen der Behörde nach mittlerweile über das ganze Jahr – und das nicht mehr so geballt auf der ehemaligen B 8, also der Duisburger Straße.
Bekannte Treffpunkte im Stadtgebiet sind nun unter anderem auch der Bereich des Fähranlegers in Walsum, der Hamborner Altmarkt, die Straßen und Parkplätze rund um den Landschaftspark Nord, der Toeppersee und die Mühlenweide. Die Beschwerden von Anwohnern fallen an den Hotspots stets ähnlich aus: Sie beklagen sich über den Lärm in den späten Abendstunden, Müll, Unfallgefahren und zum Teil auch über Vandalismus. Reifenspuren sind oft die stummen Zeugen der Zusammenkünfte.
Hinzugekommen sind auch diejenigen, die die Polizei „Dater“ nennt. Die jungen Männer mieten sich zum Teil teure Autos für die Wochenenden bei Autovermietungen, fahren dann beispielsweise die Weseler Straße auf und ab, um Frauen zu beeindrucken. „Auch das ständige Auf- und Abfahren ist verboten“, stellt Polizeisprecher Jonas Tepe klar.
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Das effektivste Mittel gegen die Raser-, Poser- und Daterszene sei Präsenz, erklärt die Polizei. Immer wieder fahren Streifenwagen in der Dunkelheit die bekannten Orte ab. „Wenn wir das nicht tun würden, würde die Szene an dort schnell wachsen“, sagt Jacqueline Wardenski.
Außerdem setzen die Behörden auch jenseits des „Carfreitags“ immer wieder Nadelstiche mit Großkontrollen: Im März fielen dabei innerhalb weniger Stunden 255 Verstöße auf. Im Juni 2022 stoppten die Einsatzkräfte im Rahmen einer solchen Kontrolle auf der A 40 einen Autofahrer, der mit 165 km/h auf das Kreuz Kaiserberg zuraste. Auf dem Abschnitt gilt Tempo 80.
>>„Carfreitag“ in Duisburg: Ein Blick auf die Vorjahre
- Im Jahr 2022 schrieben Beamte am „Carfreitag“ 35 Ordnungswidrigkeitsanzeigen und erhoben 35 Verwarngelder.
- Diese Bilanz überraschte durchaus, denn die Zahlen lagen deutlich unter dem Niveau der Vorjahre. 2021 belief sich allein die Zahl der Geschwindigkeitsüberschreitungen auf 108, 2020 waren es 116 gewesen.