Duisburg. Nach der Schließung des Grobblechwerkes gibt es neue Ideen für die riesigen Hallen in Duisburg-Süd. Was Betriebsrat und Vorstand planen.

Vor zwei Jahren wurde das letzte Grobblech im Hüttenheimer Werk von Thyssenkrupp Steel (TKS) stillgelegt, längst sind die meisten der 760 Mitarbeiter in neue Jobs im Stadtnorden gewechselt. Jetzt gibt es neue Pläne für die riesigen Hallen. „Einen Ausbau zum Wasserstoff-Hub könnten wir hier extrem gut machen“, sagte Markus Grolms, Arbeitsdirektor von Thyssenkrupp Steel am Montag bei einem Besuch von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) im Stadtsüden. Durch den Ausbau des Warmband-Centers (WBC) sollen zudem schon bald neue Arbeitsplätze in Hüttenheim entstehen.

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Von der Schließungsentscheidung für die Grobblechsparte (Heavy Plate Hüttenheim/HPH) war das Warmband-Center mit rund 300 Beschäftigten nicht betroffen. Rund 850.000 Tonnen Bleche (2 bis 12,7 Millimeter dick) kommen pro Jahr auf der Schiene aus den TKS-Warmbandwerken im Duisburger Norden. Die Coils werden entrollt, das Blech wird gebeizt, geölt und nach Kundenbedarf gespalten.

Über die Zukunftspläne für TKS Hüttenheim sprach Bundestagspräsidentin Bärbel Bas am Montag mit Dr. Ulrich Rudolphi (Warmband-Center, rechts), TKS-Arbeitsdirektor Markus Grolms (links) und dem Betriebsratsvorsitzenden Erkan Kocalar (2. von links).
Über die Zukunftspläne für TKS Hüttenheim sprach Bundestagspräsidentin Bärbel Bas am Montag mit Dr. Ulrich Rudolphi (Warmband-Center, rechts), TKS-Arbeitsdirektor Markus Grolms (links) und dem Betriebsratsvorsitzenden Erkan Kocalar (2. von links). © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Kapazität des Warmband-Centers soll auf eine Million Tonnen pro Jahr steigen

Thyssenkrupp – IG Metall erhöht Druck auf Konzernchefin Merz„Spätestens, wenn die Strategie 2030 umgesetzt ist, werden wir eine Million Tonnen machen müssen“, erklärt WBC-Teamkoordinator Dr. Ulrich Rudolphi. Dazu werde in die Anlagen investiert, die Rückkehr der Räderfertigung in den Süden ist beschlossene Sache. Das heißt: In den nächsten Jahren muss auch die Belegschaft wachsen. Einzelne Bereiche, die aktuell noch im Fünfschichtbetrieb laufen, sollen dann rund um die Uhr produzieren.

Grobblech-Anlagen werden in der Türkei wieder aufgebaut

Für die Lagerung der Coils nutzt das WBC schon jetzt eine Halle der eingestellten Grobblech-Produktion, eine weitere wird wohl ebenfalls benötigt. Der größte Teil der Grobblech-Fläche ist ab dem nächsten Jahr verfügbar: Die gewaltige, rund 700 Meter lange Halle, in der seit einem Jahr der Abbau läuft. Der niederländische Verwerter Hilco hat einen Abnehmer für die Walzanlagen in der Türkei gefunden, dort wird das HPH-Werk auferstehen.

Wasserstoffleitung durch Duisburg- Was die Anwohner erwartet„Das macht insgesamt 73.000 Quadratmeter bestens an Schiene und Straße angebundene Hallenfläche, über die Thyssenkrupp verfügen kann“, rechnet Erkan Kocalar vor. „Viel zu schade als Lagerfläche“, findet nicht nur der Vorsitzende des Betriebsrats von TKS Süd.

Es müsse im Interesse des Vorstands sein, die Hallen für Neues zu nutzen statt sie an anderer Stelle für zweistellige Millionenbeträge neu zu bauen. Wasserstoff-Innovationszentrum, Elektrolyse, Forschung und Entwicklung – das sind die Stichworte für den Betriebsrat. „Wir wollen nicht nur abreißen, sondern aufbauen“, betont Kocalar.

Coils aus Stahlblech warten auf ihre Bearbeitung im Warmband-Center in Hüttenheim. Dessen Kapazität soll in den nächsten Jahren auf eine Million Tonnen pro Jahr steigen. Dazu wird auch die Belegschaft von derzeit 300 Beschäftigten weiter wachsen.
Coils aus Stahlblech warten auf ihre Bearbeitung im Warmband-Center in Hüttenheim. Dessen Kapazität soll in den nächsten Jahren auf eine Million Tonnen pro Jahr steigen. Dazu wird auch die Belegschaft von derzeit 300 Beschäftigten weiter wachsen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Bau einer Groß-Elektrolyse als Option für einen „Wasserstoff-Hub“ im Süden

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Noch sei nichts spruchreif, sagt TKS-Arbeitsdirektor Markus Grolms. An einem „Wasserstoff-Hub“ solle „eine Vielzahl von Partnern beteiligt sein“. Auch das städtische Wirtschaftsdezernat und die Wirtschaftsförderung DBI sind mit im Boot. Dass ein Groß-Elektrolyseur zentraler Bestandteil sein könnte, deutet Grolms an: „Wir brauchen 278.000 Tonnen grünen Wasserstoff. Da macht es Sinn, über eine Produktion vor Ort nachzudenken, anstatt nur auf Import zu setzen.“

Mit der Thyssenkrupp-Tochter Nucera gibt es einen Spezialisten zum Bau dieser Großanlagen im Konzern, mit den Hüttenwerken Krupp-Mannesmann (HKM) einen potenziellen Großkunden auf der anderen Straßenseite. Dort steht die Entscheidung zum Bau einer Direktreduktionsanlage (DRI) noch aus.

Rund 700 Meter lang ist die Halle des Grobblechwerks in Hüttenheim. Bis April 2024 läuft der Abbau der Anlagen, die in die Türkei verkauft wurden. In der Halle könnte TKS mit verschiedenen Partnern einen „Wasserstoff-Hub“ aufbauen.
Rund 700 Meter lang ist die Halle des Grobblechwerks in Hüttenheim. Bis April 2024 läuft der Abbau der Anlagen, die in die Türkei verkauft wurden. In der Halle könnte TKS mit verschiedenen Partnern einen „Wasserstoff-Hub“ aufbauen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Karsten Kaus: Preis für Industriestrom entscheidend für grüne Stahlproduktion

Funktionieren werde das Geschäftsmodell für grünen Stahl nur mit regenerativ erzeugtem Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen, betont Karsten Kaus. „Solange es keinen Weltmarktpreis gibt, werden in der Transformation, die gewinnen, die grünen Strom selbst produzieren“, warnt der 1. Bevollmächtigte der IG Metall. Es dürfe nicht, wie bei Arcelor Mittal in Hamburg, „eine DR-Anlage geben, die nur stundenweise betrieben werden kann, weil der Strom zu teuer ist.“

>>TRANSFORMATION: BÄRBEL BAS DRÜCKT AUFS TEMPO

  • Dass sich die Bundestagspräsidentin als langjährige Aufsichtsrätin der HKM gut in der Stahlindustrie auskennt, hat sich längst herumgesprochen. „Kürzlich war ich in Norwegen und Finnland, dort hatten alle viele Fragen zur Transformation bei uns“, berichtet Bärbel Bas. TKS Süd liegt in ihrem Bundestagswahlkreis.
  • „Wir müssen Projekte zur Produktion von grünem Wasserstoff hier umsetzen“, betonte Bas. „Es kommt auf die Geschwindigkeit an. In Skandinavien stehen alle in den Startlöchern.“ Beim Besuch in Hüttenheim wies sie darauf hin, „dass die Politik wohl nur noch Zukunftstechnologien subventionieren wird“.